Kazimierz (Altersgruppe 6-14 Jahre)

Stadtführung plac Wolnica 1, 31-060 Kraków, PL

Eine Stadtführung durch den Krakauer Stadtteil Kazimierz im Rahmen des Projektes Krakau I im Jahr 2023. Ausgelegt ist diese Stadtführung für die Altersklasse 6-14 Jahre. Malory Marie Marquart, Maria Heide, Ricarda Maria-Magdalena Swierczyna, Felix Meyer

Autor: Malory Marquart

14 Stationen

Einführung an der Weichsel

Wir werden uns heute den Krakauer Stadtteil Kazimierz anschauen.
Die Brücke verbindet die Viertel Kazimierz in dem wir jetzt sind, und Podgorze, die durch die Weichsel getrennt sind. Diese umschließt den Stadtteil Kazimierz von zwei Seiten und ist der längste Fluss Polens. Sie fließt durch Krakau nach Warschau und von da aus nach Danzig in die Ostsee. Die Weichsel ist so lang, dass sie durch die Hälfte aller polnischen Woiwodschaften, das ist sowas ähnliches wie die deutschen Bundesländer, fließt. Durch sie fließen pro Sekunde 5400 Badewannen voll Wasser. Die Weichsel wird als so wichtiges Symbol für Polen wahrgenommen, dass sogar in der polnischen Nationalhymne über sie gesungen wird.
Ursprünglich war Kazimierz ein selbstständiger Ort. Seinen Namen hatte dieser, König Kasimir dem Großen zu verdanken, der vor fast 700 Jahren gelebt hat. Er wollte neben Krakau eine Stadt gründen, die seinen Namen tragen sollte. Schnell entwickelte sich diese Stadt zum jüdischen Zentrum Polens mit vielen Synagogen. Neben den Synagogen gibt es in Kazimierz natürlich auch normale Kirchen und christliche Sehenswürdigkeiten. Erst im 19. Jahrhundert wurde dieser Ort als Stadtteil in die Stadt Krakau eingegliedert.
Hier an der Weichsel, die Kazimierz und Podgorze voneinander trennt, befand sich von 1772 bis 1795 sowie 1815 bis 1846 die Grenze zwischen Österreich und Polen.
Ende 1941 wurde die jüdische Bevölkerung in den Krakauer Stadtteil Podgórze umgesiedelt. Dort war auch das Krakauer Ghetto in dem im Zweiten Weltkrieg die Juden zusammenleben mussten. Es mussten 15.000 Menschen auf einer Fläche leben, die vorher von 3.000 Menschen bewohnt wurde. Auch die Fabrik von Oskar Schindler befand sich in diesem Stadtteil. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrten viele, die den Holocaust überlebt hatten, nach Kazimierz zurück. Der Begriff des Holocaust beschreibt die Ermordung von vielen Menschen der jüdischen Religion im Zweiten Weltkrieg. Die jüdische Bevölkerung erholte sich nach dem Holocaust allerdings nur sehr langsam. Kazimierz wurde lange als Armutsviertel gesehen, da das Geld nach dem Krieg fehlte, um die zerstörten Häuser wieder aufzubauen. Mit den Jahren kam dem Stadtteil unter anderem durch das UNESCO-Weltkulturerbe im Jahr 1978 ein gesteigertes Interesse zu und die Gebäude konnten nun Stück für Stück saniert werden. Über die Jahre hat sich Kazimierz zu einem der schönsten und angesagtesten Stadtteile Krakaus entwickelt.
An dem Ufer der Weichsel kann man sehr schön sitzen, deswegen gibt es hier ganz viele Cafés und Restaurants.

Im weiteren Verlauf dieser Stadtführung, werden wir uns nun einige der wichtigsten und bedeutendsten Sehenswürdigkeiten dieses Stadtteiles ansehen.

Jüdisches Museum Galizien

Dajwór 18, 33-332 Kraków, PL

Wir stehen nun vor der ersten Sehenswürdigkeit auf unserer kleinen Reise durch Kazimierz.
Das jüdische Museum Galizien wurde 2004 von dem britischen Fotografen Chris Schwarz gegründet, um an die jüdisch-polnische Kultur und Geschichte der ehemaligen Provinz Galiziens zu erinnern. Im damaligen Galizien lebten Menschen unterschiedlichster Herkünfte zusammen, darunter seit dem 18. Jahrhundert vor allem Polen, Ukrainer und Juden. Der östliche Teil des Gebiets Galiziens gehört heute zur Westukraine, während der westliche Teil seit Ende des Zweiten Weltkriegs wieder Teil Südpolens ist.
Das Museum zeichnet sich vor allem durch seine im Jahr 2004 eröffnete Dauerausstellung „Traces of Memory (Spuren der Erinnerung)“ aus, die vom Gründer des Museums selbst entworfen wurde. Die Ausstellung ist in fünf Abschnitte aufgeteilt, in denen über 140 Fotos angeguckt werden können, die sich mit der 800-jährigen Geschichte jüdischen Lebens sowie seiner anschließenden Zerstörung beschäftigen. So werden beispielsweise historische jüdische Symbole und Bauwerke präsentiert sowie Orte gezeigt, an denen sich der Holocaust ereignet hat. Um deutlich zu machen, wie drastisch die jüdische Bevölkerung und Kultur durch den Holocaust ausgelöscht wurde, sind auf den Fotos in den ersten vier Abschnitten der Ausstellung keine Menschen abgebildet.
Die Ausstellung wurde im Jahr 2014 durch eine weitere Dauerausstellung namens „Eine unvollendete Erinnerung: Das jüdische Erbe und der Holocaust in Ostgalizien“ sowie im Jahr 2016 um mehr als 60 zusätzliche Fotos ergänzt, um die Entwicklung des polnischen Galiziens seit der Eröffnung des Museums darzustellen.
Neben den Ausstellungen organisiert das Museum außerdem Ausflüge nach Auschwitz, Führungen durch Kazimierz, Workshops sowie Konzerte und Buchlesungen, zum Beispiel für Schulgruppen.

Wandbilder Art Noveau

plac Nowy 7, 33-332 Kraków, PL

Hier seht ihr die nächste Sehenswürdigkeit. Das Wandbild wurde 2014 im Rahmen des 24. Jüdischen Kulturfestivals von einer israelischen Künstlergruppe gemalt. Es erinnert zum einen daran, dass in diesem Haus 400 Jahre lang dieselbe jüdische Familie gewohnt hat, bis sie dann von den Deutschen im Zweiten Weltkrieg aus dem Haus geworfen wurden und in Podgorze im Ghetto leben mussten.
Es erinnert aber auch an Irene Sendler, eine Sozialarbeiterin, die während des Zweiten Weltkriegs ganz viele Kinder im Warschauer Ghetto gerettet hat, indem sie diese dort rausschmuggeln konnte. Danach wurden die Kinder in Waisenhäusern und katholischen Klöstern versteckt. Dazu wurden ihnen auch andere Namen gegeben. Irene Sendler schrieb die alten und neuen Namen der Kinder, die Namen ihrer Eltern und wo sie versteckt waren sorgfältig auf. Diese Aufzeichnungen versteckte sie vor ihrer Festnahme durch die Deutschen in Marmeladengläsern und vergrub diese. (Deswegen ist auf diesem Wandbild ein Marmeladenglas abgebildet.) Irene Sendler wurde dann zum Tode verurteilt, wurde dann aber durch Bestechung befreit und arbeitete danach im Untergrund gegen die Deutschen. Sie ist dann 2008 mit 98 Jahren in Warschau gestorben.

Alte Synagoge

Szeroka 24, 31-053 Kraków, PL

Als eine der vielen Synagogen möchten wir euch nun diese hier vorstellen.
Die Stara Synagoge ist die älteste der Synagogen von Kazimierz und sogar die älteste in ganz Polen. Synagogen sind für Menschen jüdischen Glaubens so etwas wie die Kirchen für Menschen, die an das Christentum glauben. Sie machen dort Gottesdienste und beten. Diese Synagoge hier war früher die wichtigste nicht nur in Krakau, sondern in ganz Polen, weil hier die wichtigsten und berühmtesten Rabbiner gearbeitet haben. Rabbiner sind die Menschen, die die jüdische Bibel, die Tora und das Talmud, auslegen, die Gemeinde führen, wie Pastoren das in der Kirche machen. Rabbiner sind auch Lehrer für andere, die auch Rabbiner werden möchten.
An dieser Stelle hat eine Synagoge gestanden, die Ende 1400 gebaut und 1494 wieder abgebrannt ist. Bis Mitte 1500 hatte man eine neue gebaut. Das ist sogar die, die wir hier sehen. Sie wurde von einem Italiener aus Florenz entworfen. Bis in den Zweiten Weltkrieg wurden da drin Gottesdienste gefeiert.
Danach haben deutsche Soldaten die Synagoge als Lager genutzt und ziemlich zerstört. Erst 10 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg wurde sie renoviert, damit sie so aussieht wie jetzt.
Schon kurz nach dem Ersten Weltkrieg wurde hier ein kleines Museum über das jüdische Leben in Kazimierz eröffnet. Heute gehört die Synagoge auch zu einem Museum und hat unterschiedliche Ausstellungen zu Themen des jüdischen Lebens.

Remuh Synagoge und Remuh Friedhof

Szeroka 40, 31-053 Kraków, PL

Hier seht ihr eine weitere Synagoge. Die Remuh-Synagoge wurde 1553 von dem jüdischen Kaufmann Israel ben Josef zu Ehren seiner verstorbenen Frau errichtet. Benannt wurde die Synagoge nach seinem Sohn, dem Rabbiner Moses Isserles, da „Remu“ (ohne das H) eine Abkürzung der ersten Buchstaben seiner hebräischen Schreibweise ist.
Das ursprüngliche Gebäude ist bereits 4 Jahre später durch einen Brand vollständig zerstört worden, sodass danach an derselben Stelle ein neues Gebäude errichtet wurde. Das Gebäude, das wir hier sehen, ist demnach nicht dasselbe wie das, welches Israel ben Josef damals errichtet hat.
Seit dem 17. Jahrhundert wurde die Synagoge mehrmals instandgesetzt. Ihr heutiges Erscheinungsbild bekam die Synagoge während einer Sanierung im Jahr 1829. Während des Zweiten Weltkriegs haben die Deutschen die Synagoge beschlagnahmt und Teile der Inneneinrichtung gestohlen, wie beispielsweise die Bima. Die Bima (auf Deutsch „Bühne“) besteht in der Regel aus einem Podium und einem Tisch, auf dem die Tora während des Gottesdienstes liegt und verlesen wird. Nach dem Krieg wurde die Synagoge als Lagerhaus für die Feuerwehr genutzt. Im Jahr 1957 wurde sie dann gemeinsam mit ihrem Innenraum wieder hergestellt. Seit dem Jahr 2016 ist sie der religiöse Mittelpunkt der jüdischen Gemeinde Krakaus.
Hinter der Synagoge liegt einer der ältesten Friedhöfe Europas, nämlich der „Remuh-Friedhof“, der auch als „alter Friedhof“ bezeichnet wird. Die ersten Bestattungen fanden im Jahr 1551 statt. Im Zweiten Weltkrieg wurde der Friedhof von den Deutschen stark beschädigt und etliche Gräber zerstört. Das einzige Grab, welches nicht zerstört wurde, war das Grab des Rabbi Moses Isserles. Einer Legende zufolge hat ein Deutscher versucht, das Grab zu zerstören und wurde dabei von einem Blitz getroffen, sodass sich zukünftig niemand mehr getraut hat, an das Grab heranzutreten. (Diese Geschichte ist aber nicht belegt, sondern nur eine Erzählung).
Im 19. Jahrhundert wurde der Friedhof offiziell geschlossen und wird heutzutage nicht mehr genutzt. Bestattungen finden jetzt stattdessen auf dem „neuen jüdischen Friedhof“ statt. Trotzdessen kommen jedes Jahr unzählige Juden zum Grab von Moses Isserles, um dort zu beten.

Die Breite Straße

Szeroka 40, 31-053 Kraków, PL

Die Breite Straße oder auch Ulica Szeroka war das Zentrum des jüdischen Stadtteils Kazimierz. Hier befanden sich viele Badehäuser und Synagogen sowie der Friedhof. Aufgrund Ihrer Größe wird die Breite Straße auch häufig als Platz und nicht als Straße angesehen. Optisch fällt in der Breiten Straße das einzigartige Kopfsteinpflaster auf, welches aus Österreich stammt.
Erst 1340 wurde die Ulica Szeroka in den Stadtteil Kazimierz eingegliedert und gehörte davor zum Dorf Bawól. Juden ließen sich erst ab Ende des 15. Jahrhunderts in Kazimierz nieder und prägten so das Stadtbild maßgeblich. Aus diesem Grund befinden sich auch 3 der 7 Synagogen in der Breiten Straße. Heute ist die Breite Straße vor allem durch zahlreiche Restaurants geprägt, welche die jüdischen kulinarischen Traditionen aus der Zeit vor dem 2. Weltkrieg anbieten. So werden traditionelle Gerichte wie Challa (ein jüdisches Zopfbrot), Shakshouka (Eier in Tomatensoße) oder Gänseklößchen serviert. Neben den vielen Restaurants befinden sich auch viele kleinere Läden, in denen man jüdische Bücher oder auch Alltagsgegenstände kaufen kann.
Abends lädt die Breite Straße zum Verweilen ein. Es ertönen jüdische Volkslieder in der Straße und somit kann man nochmal anders in die jüdische Kultur eintauchen. Einmal im Jahr findet das jüdische Kultur-Festival statt. Das Abschlusskonzert dieses Festivals wird immer in der Breiten Straße veranstaltet und lädt zahlreiche Besucher aus der ganzen Welt ein.

Monument von Jan Karski

Szeroka 40, 31-053 Kraków, PL

Auf dieser Bank, die im Jahr 2016 hier aufgestellt wurde, ist Jan Karski zu sehen, der eigentlich Jan Kozielewski hieß und am 24. April 1914 in Łódź in Polen geboren wurde. Dieser war als Jurist und Diplomat tätig, bis er 1939 aufgrund des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges als Offizier in die polnische Armee eingezogen wurde.
Während Deutschland 1939 in den Westen Polens einmarschierte, griff die Sowjetunion (damaliger Staat, bestehend aus dem heutigen Russland, Ukraine, Belarus und weiteren östliche Staaten) den Osten Polens an. Im September 1939 wurden Karski und seine Kameraden von der Sowjetunion gefangen genommen. Als die Deutschen und Russen die Kriegsgefangenen untereinander tauschen wollten, tauschte Karski seine Offiziersuniform gegen die eines Soldaten, um an dem Austausch teilzunehmen. Als er mit dem Zug zu den Deutschen transportiert wurde, sprang er aus dem fahrenden Zug und ging zu Fuß nach Warschau, wo er sich dem polnischen Untergrund (auch als polnische Heimatarmee bezeichnet), der größten Widerstandsbewegung im Zweiten Weltkrieg, anschloss. Dort wurde er hauptsächlich als Bote zwischen dem polnischen Untergrund und der polnischen Regierung, die Schutz in Frankreich und später in England gesucht hat, tätig. Dazu fertigte er als Augenzeuge in Polen unzählige Berichte und Mikrofilme über die schrecklichen Taten an, die die Deutschen im besetzten Polen verübten und überbrachte diese mithilfe falscher Identitäten der polnischen Regierung. Den Namen Karski legte er sich bei einer Mission im Jahr 1942 zu, bei der er getarnt als ukrainischer Wachmann in das Grenzdurchgangslager Izbica eingeschleust wurde, um die Verbrechen der Nazis zu dokumentieren. Damit man seinen polnischen Akzent nicht erkennt, hat er sich außerdem mehrere Zähne ziehen lassen. Er wird daher auch als der polnische James Bond bezeichnet.
Karski hat damals vielen Politikern über die schreckliche Situation in Polen berichtet und traf sich im Juli 1943 sogar mit dem damaligen Präsidenten der USA Franklin D. Roosevelt. Seinen Berichten wurde aber leider erst nach dem Krieg Glauben geschenkt. Nachdem seine wahre Identität von den Deutschen enttarnt wurde, ließ er sich bis zu seinem Tod im Jahr 2000 in den USA nieder.
Aufgrund seiner Heldentaten wurde Karski Ehrenbürger Israels und erhielt mehrere Auszeichnungen. Außerdem wurden zu seinen Ehren mehrere solcher Monumente wie hier in Krakau errichtet, beispielsweise in New York oder Tel Aviv.

Kupa Synagoge

Miodowa 27, 31-055 Kraków, PL

Nun stehen wir vor der nächsten Synagoge auf unserer kleinen Reise durch Kazimierz. Die Kupa Synagoge nennt man die Synagoge der Armen, weil sie aus Spenden von reicheren Juden bezahlt wurde und dort stand, wo die ärmeren Juden in Kazimierz gewohnt haben. Sie wurde in den 1640er Jahren direkt an die nördliche Stadtmauer von Kazimierz gebaut.
In den 1820er Jahren hat man die Synagoge umgebaut, sodass sie gar nicht mehr so aussah, wie damals als sie gebaut wurde. Auch diese Synagoge wurde im Zweiten Weltkrieg von den Deutschen innen sehr stark zerstört. Aber es wurden schon kurz nach dem Krieg wieder Gottesdienste gefeiert. Vor 20 Jahren hat man die Synagoge wieder renoviert und hat den Toraschrein wiedergefunden, der ungefähr so alt ist wie die Synagoge selbst. Im Toraschrein wird die Tora aufbewahrt und er ist immer ein ganz wichtiger Bestandteil einer Synagoge und so wichtig wie ein Altar für eine Kirche.

Tempel-Synagoge

Miodowa 24, 31-055 Kraków, PL

Wir stehen jetzt vor der Tempel-Synagoge, der letzten Synagoge auf unserer Tour durch Kazimierz. Diese wurde von 1860 bis 1862, also über zwei Jahre hinweg gebaut. Seit der Fertigstellung wurde die Synagoge mehrmals wieder neu aufgebaut. Die Synagoge wirkt von außen durch die gut erhaltenen 36 Glasfenster sehr beeindruckend. Eine große Besonderheit bei dieser, vor der wir stehen ist, dass Predigten hier sowohl in Polnisch, als auch in Deutsch gehalten wurden. Eine weitere Besonderheit ist, dass in dieser Synagoge auch Frauen singen durften, was in Synagogen sonst nicht gewollt ist. In der Zeit während des Zweiten Weltkrieges wurden viele Synagogen sehr in Mitleidenschaft gezogen und weitgehend zerstört. Diese Synagoge hier wurde während des Zweiten Weltkrieges als Lagerraum und Stall genutzt und wurde als eine der wenigen nicht so sehr beschädigt. Unter anderem konnten sowohl die Bemalung der Decke, als auch die Emporen erhalten werden. Auch nach dem Krieg wurden in der Synagoge Gottesdienste abgehalten. Die Gottesdienste wurden im Jahr 1985 nach dem Tod des letzten Chorleiters Abraham Lesman eingestellt.
Heute wird die Tempel Synagoge als Ort des Gebets und für verschiedene Kulturereignisse genutzt. Ein Beispiel für solche Ereignisse sind Konzerte im Rahmen des Festivals der jüdischen Kultur.

Neuer Platz

plac Nowy 4A, 31-056 Kraków, PL

Jetzt befinden wir uns auf dem Neuen Platz, der auf polnisch Plac Nowy heißt und das Herzstück des Stadtteils Kazimierz darstellt. Anfang des 20. Jahrhunderts galt dieser Platz neben der Breiten Straße als das Zentrum des jüdischen Lebens sowie als Handelszentrum. Auch heute wird der Platz noch als „jüdischer Platz“ bezeichnet.
In der Mitte des Platzes befindet sich diese historische Handelshalle, die im Jahr 1900 errichtet wurde und sich „Okrąglak“ nennt. Den Begriff „Okrąglak“ kann mit „Rundbau“ übersetzt werden. Dieser besteht aus einer inneren Halle und einem zwölfeckigen Ring. Im Jahr 1927 zog ein Geflügelschlachthof in die Halle ein, der nur Lebensmittel angeboten hat, die nach den Regeln der Tora gegessen werden dürfen, also „koscher“ sind. So dürfen nach der Tora beispielsweise keine Schweine oder Garnelen gegessen werden. Fleisch von Hühnern oder auch Kälbern ist hingegen erlaubt. Während der deutschen Besatzung im Zweiten Weltkrieg wurde der Schlachthof dann aber geschlossen.
Heutzutage kann man in der Halle wieder Fleisch und andere Lebensmittel kaufen. Um den Platz herum befinden sich außerdem mehrere kleine Imbisse, Cafés und Pubs. In der Woche finden hier regelmäßig Märkte statt, auf denen verschiedene polnische Lebensmittel, Kleidung oder auch Blumen gekauft werden können. Besonders beliebt ist der polnische Snack „Zapiekanki“, der mit einem Pizzabaguette verglichen werden kann. Samstags findet ein besonderer Antiquitäten- und Trödelmarkt statt, auf dem beispielsweise klassische religiöse Symbole des Judentums gekauft werden können. Sonntags verwandelt sich der Platz in einen großen Flohmarkt, auf dem vor allem Kleidung angeboten wird. Im Rahmen verschiedener kultureller Feste, wie beispielsweise dem jüdischen Kulturfestival, finden hier auch oft Konzerte und andere Veranstaltungen statt. Der Platz ist besonders bei jungen Menschen beliebt, die hier vor allem im Sommer gerne ausgelassen feiern.

Wandbilder historischer Persönlichkeiten

Józefa 7, 31-056 Kraków, PL

Dieses Wandbild wurde 2015 gemalt. Auf diesem sind fünf historische Persönlichkeiten zu sehen. Von links nach rechts sind Kaiser Josef II., Helena Rubinstein, Karol Knaus, Esterka und Kasimir der Große dargestellt.
Nach Kaiser Josef wurde die Straße benannt auf der wir gerade stehen. Er wird als aufgeklärter Herrscher bezeichnet. Von ihm wurde zum Beispiel ein Gesetz erlassen, das Christen und Juden Religionsfreiheit in seinem Reich zugesprochen hat. Er hat auch die Leibeigenschaft abgeschafft. Das heißt, dass ganz viele Leute dann auch ohne Erlaubnis ihres Herrschers heiraten oder umziehen durften und auch keine unbezahlte Arbeit mehr für sie leisten mussten. Außerdem hat er damals die Stadt Podgorze gegründet, die am Anfang bereits kurz erwähnt wurde.
Die nächste Person ist Helena Rubinstein. Diese wurde hier in Kazimierz an Weihnachten 1872 geboren. Als sie 21 war ging sie nach Wien und ist zwei Jahre später nach Australien ausgewandert. Dort hat sie erst als Kindermädchen gearbeitet, bis sie angefangen hat Cremes herzustellen und zu verkaufen. Sie eröffnete 1901 den ersten Kosmetiksalon Australiens und weitere Salons in Neuseeland und einem noblen Stadtteil Londons. Auch in Paris eröffnete sie ein Geschäft und zog dorthin. Im ersten Weltkrieg wanderte sie dann in die USA aus und erstellte dort ihre erste eigene Kosmetiklinie namens Helena Rubinstein, die auch heute noch existiert. Sie wurde durch ihre Geschäfte so wohlhabend, dass sie es sich leisten konnte eine große Gönnerin von Künstlern zu sein. Sie ließ 50 Gemälde von unterschiedlichsten Künstlern von sich malen. Sie ist mit 92 Jahren gestorben und führte ihre eigene Firma bis kurz vor ihrem Tod selbst.
Karol Knaus wurde in Kazimierz geboren. Er hat in der Zeit kurz vor 1900 mehrere Kirchen repariert und für die Nachwelt erhalten. Er gilt als der Erbauer von Kazimierz, weil er auch viele Wohngebäude entworfen hat.
Esterka, die hier neben Kasimir dem Großen abgebildet ist, soll eine wunderschöne jüdische Frau gewesen sein, die die Geliebte von Kasimir war. Ihre Lebensgeschichte ist nicht wirklich bewiesen, es handelt sich bei ihr eher um eine Figur aus einem Mythos. So soll sie die einzige Frau gewesen sein, mit der Kasimir Söhne bekommen hat. Durch ihren Einfluss soll Kasimier außerdem viele fortschrittliche Gesetze erlassen haben. Dank dieser Gesetze soll Polen in der Zeit der Herrschaft von Kasimir so mächtig geworden sein. Nachdem Kasimir gestorben ist, sollen wütende Einwohner Krakaus in ihr Haus eingedrungen sein und sie und ihre Töchter getötet haben.
Nach Kasimir dem Großen ist Kazimierz benannt worden. Er wird auch der „König der Bauern und Juden“ genannt, weil er Schutzgesetze für diese beiden Gruppen für ganz Polen erlassen hat. Durch seine Steuer- und Zollpolitik aber auch seine Sicherung von Handelswegen ist seine Herrschaft als eine Ära des Wohlstands für Juden bekannt. Er gründete auch die Universität Krakau.

Rathaus von Kazimierz

plac Wolnica 1, 31-060 Kraków, PL

Eines der wichtigsten Gebäude in diesem Stadtteil ist das Rathaus, vor dem wir hier gerade stehen.
Bevor das Rathaus im 14. Jahrhundert an diesem Standort gebaut wurde, stand auf dem alten Markt ein hölzernes Rathaus. Das jetzige Rathaus wurde dann im 16. Jahrhundert umgebaut. Nach einem Brand im Jahr 1623 wurde es erneut restauriert. Im 19. Jahrhundert wurde Kazimierz nach Krakau eingegliedert und das Gebäude verlor seine Funktion als Rathaus. Das Gebäude diente in der Zeit danach zunächst als Schule und bis 1947 saß hier auch der Stadtrat von Kazimierz. Das ist vergleichbar mit einem Bürgermeister in Deutschland. Seit 1947 ist in diesem Gebäude ein Ethnografisches Museum zu finden, welches sich mit der Geschichte und Kultur Polens beschäftigt. In diesem Museum findet man also detaillierte Nachbauten von beispielsweise Schulräumen oder Küchen. Aber auch typische Gegenstände oder Kleidungsstücke sind hier zu finden.

Katherina-von-Alexandria-und-Margarethen-Kirche (Augustinerkirche)

Augustiańska 7, 31-064 Kraków, PL

Hier seht ihr die vorletzte Sehenswürdigkeit. Die römisch-katholische Augustinerkirche, die auch Katherina-von-Alexandria-und-Margarethen-Kirche genannt wird, wurde im Jahr 1342 vom Gründer Kazimierzs Kasimir dem Großen gestiftet und ist Teil des angrenzenden Augustinerklosters. Gestiftet hat er die Kirche für die Augustiner, einer römisch-katholischen Ordensgemeinschaft, die nach besonders strengen christlichen Regeln lebt und von denen sich auch der Name der Kirche ableitet.
Sie wurde im Jahr 1378 eingeweiht und im 15. Jahrhundert ausgebaut. Nachdem zwei Erdbeben im 15. sowie im 18. Jahrhundert die Kirche erschütterten, musste sie erneut repariert und renoviert werden. Während des Zweiten Weltkrieges wurden die Augustiner aus dem Kloster und der Kirche vertrieben und kehrten erst im Jahr 1993 zurück.
Am 22. eines jeden Monats findet ein besonderer Gottesdienst zu Ehren der heiligen Rita, der sogenannten „Rosenheiligen“ statt, bei der Gläubige sie verehren und Rosen für sie niederlegen. Aufgrund der herausragenden Akustik im Inneren der Kirche wird diese außerdem häufig als Konzertsaal und für große Aufführungen wie Chöre oder Orchester genutzt.

Paulinerbasilika (Michael-und-Stanislausbasilika)

Skałeczna 15, 31-065 Kraków, PL

Wir sind nun an der Paulinerbasilika und somit auch an der letzten Sehenswürdigkeit der Stadtführung durch Kazimierz angekommen. Die Paulinerbasilika wird auch Michael- und Stanislausbasilika genannt und ist eine katholische Kirche. Wie ihr sehen könnt, ist die Kirche auf einem kleinen Hügel errichtet, sodass sie auch allgemein als Kirche auf dem Felsen, also Skałka, bezeichnet wird.
Angeblich wurde der heilige Stanislaus auf dem Hügel der Kirche vom damaligen König ermordet. Im 13. Jahrhundert wurde ihm zu Ehren eine kleine Kirche auf dem Hügel errichtet, die im 14. Jahrhundert durch eine größere Kirche ersetzt wurde. Diese wurde dann durch die Pauliner-Mönche übernommen.
Durch einen schwedischen Angriff wurde die Kirche so stark beschädigt, dass sie in den Jahren 1733-1751 zu Ehren des heiligen Stanislaus und Michaels neu errichtet wurde.
Zusätzlich wurde eine unterirdische Grabstätte gebaut, in der prominente Polen wie Schriftsteller, Maler und Komponisten bestattet werden.
Besonderes Merkmal der Basilika sind die beiden großen Kirchtürme rechts und links am Eingang, die durch einen dreieckigen Giebel verbunden sind. Auf diesem Giebel befindet sich das Wappen des Paulinerordens mit einer Palme, einem Raben und zwei Löwen. Diese Symbole sind auch noch an anderen Stellen der Basilika zu finden.
Damit sind wir am Ende unserer Führung angelangt und hoffen, dass ihr ein wenig Spaß hattet.