Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm Saarbrücken

Tour Behrener Straße 6, 66117 Saarbrücken, DE

Im Saarbrücker Gestapo-Lager Neue Bremm waren zwischen 1943 und 1944 an die 20.000 Menschen interniert. Darunter waren Zwangsarbeitende, Kriegsgefangene und Widerstandskämpfer*innen aus Frankreich und Osteuropa. 1947 wurde hier erstmals eine Gedenkstätte eingeweiht. 2004 erfolgte deren Neugestaltung als „Hotel der Erinnerung“.

Autor: Landeszentrale für politische Bildung Saarland

10 Stationen

Gasthaus Neue Bremm

Metzer Straße 118, 66117 Saarbrücken, DE

Gasthaus Neue Bremm:
Lange bevor an dieser Stelle im Jahr 1940 Baracken für Kriegsgefangene errichtet worden waren, gab es hier seit Anfang des 19. Jahrhunderts ein Gasthaus. Das Gasthaus wurde geschlossen, nachdem das Gestapo-Lager 1943 in Betrieb genommen wurde. Der Verkauf von Bier und Zigaretten über die Straße ging jedoch weiter. Das galt auch für den Alltag in der Nachbarschaft des Lagers. Auch er ging weiter.

Das Lager Neue Bremm:
Ab Februar 1943 erfolgt die Erweiterung des Kriegsgefangenenlagers zum Gestapo-Lager durch Gefangene des Forbacher Stammlager Stalag XII F, der Insassen des Gefängnis Lerchesflur, durch vom Reichsarbeitsdienst verpflichtete Arbeiter sowie saarländischer Baufirmen. Damals wurde auch ein Löschwasserbecken wegen der Brandgefahr der Holzbaracken angelegt. Ab Juli war hier offiziell ein „Erweitertes Polizeigefängnis“. Es bestand bis November 1944 mit einem Männer- und ab Dezember 1943 mit einem ebenfalls mit einem Wasserbecken versehenen Frauenlager(=“Sonderbarackenlager II“). Insgesamt standen 16 Baracken auf 5.600 Quadratmetern Fläche.

Rundbild an der Hotelfassade

Zinzinger Straße 9, 66117 Saarbrücken, DE

Das Rundbild an der Hotelfassade
Das Gelände des Frauenlagers gehörte nicht zur ursprünglichen Gedenkstätte. Es wurde 1975 mit einem Hotel überbaut. An die Stelle des Löschwasserbeckens trat der beheizte Swimmingpool. Die Gedenkstätte von 1947 schloss das Frauenlager aus. Der Ort der körperlichen Gewalt und des Terrors war das Männerlager. Das Löschwasserbecken stand dafür ein. Im baugleichen Frauenlager spielte es hingegen keine Rolle. Dort mussten die Frauen Stillsitzen oder Näharbeiten verrichten. Zudem stand in der Erinnerungskultur in Frankreich in den Nachkriegsjahren auf den Taten und dem Leiden der Widerstandskämpfer, die wie auf der Gedenktafel vermerkt, zu „Märtyrern“ erklärt wurden. An das Frauenlager erinnert seit 2004 ein Rundbild an der Fassade des Hotels. Es zeigt die Widerstandskämpferin Yvonne Berman. Eine Infotafel unterhalb der Fassade informiert über ihr Leben.

Das Frauenlager auf der Neuen Bremm:
Ab Februar 1944 bestand das Frauenlager auf der Neuen Bremm. Dort waren Zwangsarbeiterinnen aus Osteuropa und im Widerstand tätige Frauen aus Frankreich interniert. Ebenso kamen Angehörige von französischen Männern aufgrund von „Sippenhaft“ in das Lager. Diese hatten sich der Einberufung in die Wehrmacht oder den Reichsarbeitsdienst entzogen. Einige der Frauen wurden Verhören unterzogen. Dabei wurden sie geschlagen und gefoltert. Doch anders als bei den Männern betraf sie weniger eine körperliche als eine psychische Qual. Die politischen Gefangenen wurden bei geschlossenen Türen und Fenstern eingesperrt. Dann mussten 120 Menschen in einem Raum stillsitzen. Es herrschte Sprechverbot und Sauerstoffmangel. Die Folge waren Panik und Angstzustände. Für die Frauen gab es weder ausreichende Waschgelegenheiten noch Toiletten. Sie mussten dafür einen in der Baracke abgestellten Eimer nutzten. Aufgrund der katastrophalen hygienischen Zustände brachen Krankheiten aus. Mindestens eine Frau starb an Fleckfieber.

Die Stahlplatte "will nicht narben"

Behrener Straße 6, 66117 Saarbrücken, DE

Die Gedenkstätte für die Öffentlichkeit sichtbar machen:
Seit Mitte der 1990er Jahre gelangte die nach den Maßgaben des Gewerbegebietes sowie des Straßenbaus veränderte Gedenkstätte erneut Aufmerksamkeit. Der Landesjugendring Saar legte in Workcamps die mittlerweile überwachsenen Barackenfundamente frei. Mitte des Jahrzehnts gründete sich im Kulturamt der Stadt Saarbrücken eine Arbeitsgruppe. In Folge dessen wurde ein erster Wettbewerb zur Neugestaltung ausgelobt. Der prämierte Entwurf wurde jedoch nicht umgesetzt. 1998 gründete sich die Initiative Neue Bremm. Ein Mitglied war die Hochschule der Bildenden Künste Saar. Dort nahmen sich Studierend einer Lehrveranstaltung zum Thema „Mahnmale“ der Gedenkstätte Neue Bremm an. Zentral war dabei die Frage, wie der vergessene Ort in das öffentliche Bewusstsein gelangt. Die Performance- und Videokünstlerin Gertrud Riethmüller entschied sich am 14. Mai 1999 für eine Performance in der ehemaligen Fußgängerunterführung vor der Gedenkstätte. Dabei schrieb sie die Worte „will nicht narben“ mit einem Schweißbrenner in eine Eisenplatte. Diese steht nachdem die Fußgängerunterführung zugeschüttet wurde auf der Gedenkstätte.

Erinnern als Akt der Kunst:
Die Performance „Ginsterlicht – Schlieren im Auge“von Gertrud Riethmüller verweist auf eine Episode aus dem Jahr 1836. Damals passierte die Prinzessin Helene Luise Elisabeth von Mecklenburg-Schwerin auf dem Weg zu ihrer Hochzeit mit Herzog Ferdinand von Orleans die Straße nach Frankreich. Dabei streuten ihr die Anwohner der Häuser an der „Alten Bremm“ auf französischer Seite die goldgelben Ginsterblüten aus. Diese werden umgangssprachlich auch „Bremme“ genannt und gaben dem Flur fortan den Namen „Goldene Bremm“. Auf deutscher Seite liegt die „Neue Bremm“, worauf das gleichnamige Gasthaus hinweist. Ihm gegenüber entstand das Lager „Neue Bremm“. Die fliegenden Funken beim Schweißvorgang entsprechen dem leuchtenden Ginster (Bremme), der dem Ort seinen Namen gibt. Die Inschrift „will nicht narben“ verweist auf einen anderen Umgang mit der Vergangenheit und damit auch der Gedenkstätte: Mit diesem Ort und seiner Geschichte muss man sich weiter und damit immer wieder aufs Neue beschäftigen, anstatt ihn zu vergessen.

Straßenmarkierung Behrener Straße

Behrener Straße 26, 66117 Saarbrücken, DE

Das Lagergelände nach 1955:
Das Lager Neue Bremm war größer, als es der Entwurf der ersten Gedenkstätte 1947 zeigt. Die erste Gedenkstätte hatte sich auf das Männerlager und hier vor allem auf den Bereich rund um das Löschwasserbecken beschränkt. Es zählte die symbolische Darstellung der im Lager verübten Gewalt und weniger die Dokumentation der realen Ausdehnung des Lagerareals. Daher wurden die nicht in die Gedenkstätte einbezogenen Flächen des ehemaligen Lagers wieder als Brachland angesehen. Diese lagen rund um den Gedenkplatz und wurden in den 1970er Jahren als Gewerbegebiet ausgewiesen.
Nachdem das Lager Neue Bremm im November 1944 aufgegeben und nach Heiligenwald bei Neunkirchen/Saar verlegt worden war, verschwanden auch die Baracken. Sie wurden zum Baumaterial für die Anwohner*innen Nach Kriegsende erinnerten nur die beiden Löschwasserbecken sowie der Stacheldraht an das Lager. Nachdem 1955 das Saarland zum Bundesland der Bundesrepublik Deutschland wurde, geriet die Gedenkstätte in Vergessenheit. Es fanden dort am 11. November keine offiziellen jährlichen Gedenkfeiern statt. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes (VVN) oder die AG der verfolgten Sozialdemokraten hielten dort noch jährliche Gedenkstunden ab.
Das Mahnmalgelände als „Das große Gartengrundstück“ :
Weitere Teile des ehemaligen Lagergeländes kamen wieder zu dem das Lager umgebenden Brach- und Ackerland. Im Zuge der wirtschaftlichen Entwicklung begann die Stadt Saarbrücken ab Ende der 1960er Jahre hier, Flächen für ein Gewerbegebiet zu verkaufen. Es galten dabei die bereits erwiesenen Vorzüge des Ortes: am Stadtrand grenznah und verkehrsgünstig gelegen. Das Mahnmalgelände, das auch „das große Gartengrundstück“ in den Plänen hieß, war davon ausgenommen. Es wurde jedoch durch die Ansiedlung von Gewerbe und den Ausbau der Straße und durch den Bau einer Fußgängerunterführung beschnitten. Der vierte und letzte Bauabschnitt der Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm im Jahr 2018 dokumentierte mittels Metallmarkierungen auf der Straße und dem Gelände des angrenzenden Gewerbegebietes das ursprüngliche Ausmaß des Lagers.

Das Löschwasserbecken

Behrener Straße 6, 66117 Saarbrücken, DE

Lediglich das Löschwasserbecken bezeugt heute das frühere Lager. Die davor abgelegte Gedenktafel zu Ehren der im Lager inhaftierten französischen Widerstandskämpfer sind zusammen mit der Betonsäule die verbliebenen Zeugnisse der ersten Gedenkstätte von 1947. Damals wurden auch die Fundamente der abgerissenen Lagerbaracken freigelegt. Sie wurden nach 1955 erneut vom Gras überwachsen. Eine Tafel in deutscher Sprache kam 1985 dazu. Bei der Neugestaltung der Gedenkstätte 2004 wurden die Barackenfundamente freigelegt und durch Schotterfelder sichtbar gemacht.

Die Häftlinge des Lagers Neue Bremm:
Die Inhaftierten des Lagers Neue Bremm kamen aus rund einem Dutzend Ländern. Die Mehrheit stellten Mitglieder der Résistance in Frankreich, Familienangehörige, der Brüder oder Söhne sich in Frankreich der Einberufung in den Reichsarbeitsdienst entzogen hatten. Im Lager waren Zwangsarbeitende aus Osteuropa in Haft, die in der Schwerindustrie an der Saar eingesetzt wurden. Kriegsgefangene und politische Gegner aus dem Saarland oder sogenannte „Arbeitsbummelanten“ waren hier in Haft. Das Lager war im Schnitt mit 400 bis 500 Häftlingen belegt. Insgesamt durchliefen das Lager von 1943 bis 1944 rund 20.000 Männer und Frauen. 82 Todesopfer des Lagers Neue Bremm sind offiziell dokumentiert.
Ein Lager mit vielen Funktionen:
Das Lager Neue Bremm hatte verschiedene Funktionen. Es war Durchgangslager für die zwischen Juli 1943 und August 1944 aus Frankreich verschleppten Widerstandkämpfer*innen. Die auf diesem Weg nach Saarbrücken verbrachten Häftlingen wurden nach drei bis vierwöchigen Aufenthalt in die Konzentrationslager Buchenwald, Mauthausen, Dachau oder Natzweiler verschleppt. Die Neue Bremm war Arbeitserziehungslager für Zwangsarbeitende aus Osteuropa, die auf der Flucht gefasst wurden. Sogenannte „Arbeitsbummelanten“ wurden ebenfalls hier für 56 Tage zur „Arbeitserziehung“ eingewiesen.

Die Wand mit der Dauerausstellung

Metzer Straße 124, 66117 Saarbrücken, DE

Die Dauerausstellung zur Geschichte des Lagers:
Im Unterschied zur ersten Gedenkstätte darf die neugestaltete Gedenkstätte betreten werden. Damit wurden die durch die Jahre der Vernachlässigung und Veränderung geschaffene Tatsachen von den Architekten in deren Entwurf übernommen. Auf der rund 75 Meter langen Rückseite der die Gedenkstätte einfassenden Mauer ist Geschichte des Lagers und die Geschichte des Geländes nach 1945 dokumentiert. Damit ist die Voraussetzung für die Bezeichnung „Gedenkstätte“ erfüllt: Diese verlangt zum einen nach einem authentischen Ort, an dem ein Lager oder eine NS-Terrorstätte war. Zum anderen muss eine Dauerausstellung über den Ort und seine Geschichte informieren.

Gesetzlosigkeit machte das Lager zur Terrorstätte
50 Personen waren für den Betrieb des Lagers notwendig. Das Lager war der Gestapo-Stelle im Saarbrücker Schloss unterstellt. Häftlinge der Neuen Bremm wurden dort verhört und in Zellen im Schlosskeller gesperrt. Die erhaltenen Zellen sind heute Teil der Dauerausstellung „Zehn statt Tausend Jahre“ des an dieser Stelle entstandenen Historischen Museums Saar. Die für das Lager offiziell verwendete Bezeichnung „Erweitertes Polizeigefängnis“ gab vor, dass hier Verbrecher nach Recht und Gesetz behandelt wurden. Das mit Stacheldraht umzäunte und mit einem Wachturm gesicherte Gestapo-Lager war ein rechtsfreier Raum. Dort herrschte Willkür unter den vom Arbeitsamt dienstverpflichteten Rentnern, die aufgrund ihres Alters oder Krankheiten nicht mehr als Berg- oder Hüttenmänner arbeiten konnten. Sie wurden für ihre Quälereien der Inhaftierten nicht zur Rechenschaft gezogen. Diese Erfahrung grenzenloser Macht enthemmte die Aufseher. Folter und Terror der schutzlosen Häftlinge bestimmte deren Lageralltag. Bei dem Prozess in Rastatt von Mai bis Juli 1946 gegen das Lagerpersonal wurden 15 Todesurteile und 25 langjährige Haftstrafen verhängt.

Die Wand mit der Leuchtschrift

Zinzinger Straße 9, 66117 Saarbrücken, DE

Die 2004 eröffnete Gedenkstätte folgte dem Plan, den durch massive Eingriffe veränderten und gleichzeitig auch vernachlässigten Ort wieder sichtbar zu machen. Dafür steht das in die 65 Meter lange Betonwand eingelassene Leuchtschriftband. Die Mauer schließt das Gelände ab und macht es damit gerade erst sichtbar. Das in eine Betonwand gefräste Foto zeigt eine Frau, ein Kind und einen Hund auf der Wiese mit dem Männerlager im Hintergrund. Hier wird deutlich, dass es hier an diesem Ort auf den Standpunkt ankommt. Er entscheidet, ob man hier eine Idylle, ein Gewerbegebiet oder einen Ort des Terrors sieht.

Die Gedenkstätte aus dem Jahr 2004:
Diese wechselvolle Geschichte des Ortes als Lager sowie als Gedenkstätte musste in die Konzeption der Neugestaltung der 2004 eingeweihten Gedenkstätte einfließen. Dazu wurde im Jahr 2000 von der 1998 als Zusammenschluss engagierter Bürger*innen gegründeten Initiative Neue Bremm ein Ideenwettbewerb ausgelobt. Unter den 136 Einreichungen setzte sich der Vorschlag der Berliner Architekten Roland Poppensieker und Johannes Schulze Icking nach einer Konzeption von Nils Ballhausen und Roland Poppensieker durch. Ihr Entwurf konzentrierte sich darauf, das Hotel wie das Lager als einen Durchgangsort sichtbar zu machen. Die Veränderungen durch das Überbauen eines Teiles des Lagergeländes mit einem Hotel und dem Ausbau der Straße wurden dabei buchstäblich in dem Leuchtband zur Sprache gebracht. So wurde die wechselvolle Bedeutung des Ortes zwischen Terror einst und Gastfreundlichkeit mit diesen Wandel beschreibenden Begriffen in verschiedenen Sprachen ins Bild gesetzt.

Das Denkmal

Metzer Straße 122, 66117 Saarbrücken, DE

Das Denkmal auf der Verkehrsinsel
Die 30 Meter hohe Betonsäule bezeugt bis heute als einziges über die Jahre unverändert gebliebenes Denkmal die ursprüngliche Gedenkstätte des Jahres 1947. In den Sockel der Stele sind die Zahlen 1943 und 1945 eingeschrieben. Solange bestand das Gestapo-Lager Neue Bremm. Dieses auf einer Verkehrsinsel errichtete Denkmal sollte die Aufmerksamkeit der auf der Nationalstraße aus Frankreich nach Saarbrücken oder aus der Stadt heraus kommenden Fahrzeuge auf diesen Ort lenken. Der Mast war als Fingerzeig und Wegweiser zur Gedenkstätte gedacht. Jedoch änderten sich seitdem die dazugehörige Gedenkstätte und der Straßenverlauf. Dadurch wurde das einst zentrale Denkmal an den Rand gerückt.

Die Gedenkstätte aus dem Jahr 1947:
Die Gedenkstätte wurde am 11. November 1947 durch den Gouverneur der im Saarland eingesetzten Militärregierung, Gilbert Grandval eingeweiht. Sie ging auf die Initiative Grandvals und der Verwaltungskommission zurück. Sie kennzeichnet die Situation im Saarland in der unmittelbaren Nachkriegszeit. Damals standen die Verurteilung der Täter und das mahnende Erinnern an die NS-Verbrechen im Vordergrund. Dazu zählte die im April 1946 im Saarland-Museum eröffnete Ausstellung „Hitlers Verbrechen“. Im Mai 1946 begannen im Rastatter Schloss die Prozesse gegen das Personal des Lagers Neue Bremm. Im Juni 1946 verhängte das Gericht 15 Todesurteile, 25 Haftstrafen und zwei Freisprüche. Die Gedenkstätte bestand aus der Betonstele und einem trapezförmigen Platz. Beide Teile waren auf das Lager und das Löschwasserbecken als zentralem Ort des Terrors ausgerichtet.

Die Anzeigetafel mit dem Familienfoto

Metzer Straße 124, 66117 Saarbrücken, DE

Nicht hinsehen wollen:
Die Tafel aus Beton enthält eine Fotografie. Sie gehört zur 2004 eingeweihten Gedenkstätte. Deren Konzept macht das Nebeneinander von Terror und Alltag im Nationalsozialismus deutlich. Ob es nur eine graue Fläche oder ein Foto einer Familienidylle vor einem Lager war, in dem Menschen zu Tode gequält wurden, bleibt dem Standpunkt und der Haltung des Betrachtenden überlassen. Auch damals wussten die Saarbrücker*innen was dort geschah. Er/Sie konnte und kann heute sehen und erkennen, was an diesem Ort geschah, wenn er/sie es will: Im Jahr 1943, im Jahr 2004 oder genau jetzt in diesem Moment.

Die Nachbarschaft des Lagers Neue Bremm:
Das Nebeneinander von NS-Terror und Alltag wird an diesem Ort deutlich. Der Terror im Lager geschah, während die Menschen unweit davon bei Ausflügen auf die Spicherer Höhen ihre Freizeit genossen. Das Lager befand sich in direkter Nachbarschaft einer Gaststätte. Sie wurde nach Beginn des Lagerbetriebs zwar für das allgemeine Publikum geschlossen. Der Bier- und Zigarettenverkauf an das Lagerpersonal bestand jedoch weiter.
Auf dem Weg nach Frankreich und zum Hauptfriedhof. Das Lager befand sich an einer Durchgangstraße nach Frankreich und lag am Weg zum Saarbrücker Hauptfriedhof. Die Inhaftierten kamen am Saarbrücker Hauptbahnhof an. Sie wurden zu Fuß durch die Stadt geführt oder mit einem Lastwagen in das Lager gebracht.

Die Holzsäule am Alstinger Weg

Behrener Straße 1, 66117 Saarbrücken, DE

Die Zivilgesellschaft bewahrt die Gedenkstätte:
Nachdem das Saarland nach 1955 nach zehn Jahren der Teilautonomie und wirtschaftlicher Bindung an Frankreich zur Bundesrepublik kam, schwand das staatliche Interesse an der Gedenkstätte. Dafür zeigte die Zivilgesellschaft das Interesse an dem Ort. Die Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes kritisierten nicht nur die hier erfolgten einschneidenden Veränderungen und forderten die Instandhaltung der Gedenkstätte. Sie informierten auch über den Ort und seine Geschichte. Seit 1980 fanden in Zusammenarbeit mit der VHS Saarbrücken sogenannte „Alternative Stadtrundfahrten“ statt. Eine Station dabei war neben der Arrestzelle im Keller des Saarbrücker Schlosses auch die Neue Bremm.
Dazu kamen mehrere Publikationen, in denen erstmals die Geschichte des Lagers aufgearbeitet wurde und Zeitzeug*innen zu Wort kamen. Zudem engagierten Saarbrücker Gymnasien. Seit 1978 setzte sich der Landesjugendring Saar für den Erhalt des Erinnerungsortes in Workcamps ein. Die erste Gedenktafel auf Deutsch wurde 1985 aufgestellt. Im selben Jahr wurde die Neue Bremm eine von fünf Stationen eines deutsch-französischen Gedenkpfades. Er führte von den Stätten des Deutsch-Französischen Krieges 1870/71 zu den Erinnerungsstätten des Zweiten Weltkriegs. 1991 folgten drei Infotafeln zur Geschichte des Ortes.
Von der KZ-Gedenkstätte zu Gedenkstätte Gestapo-Lager Neue Bremm:
Die viele Jahre für das Lager Neue Bremm gebrauchte Bezeichnung „KZ“ war ein Indiz für die weitgehende Unkenntnis über die Bedeutung des Lagers im NS-Lagersystem. Dazu kam, dass die Gedenkstätte aufgrund der zahlreichen Veränderungen erklärt werden, musste da der Ort aus sich heraus, keine Rückschlüsse mehr zuließ. Ein wichtiger Impuls dafür war die Gründung der Initiative Neue Bremm im Jahr 1998. Die Initiative lobte den Ideenwettbewerb zur Neugestaltung der Gedenkstätte aus und sorgte für deren Förderung durch die Bundesbeauftragte für Kultur und Medien. Ihr Engagement sorgte auch dafür, dass um das Jahr 2000 am Lehrstuhl von Professor Rainer Hudemann am Historischen Institut der Universität des Saarlandes zur Geschichte des Lagers geforscht wurde. Die daraus hervorgegangenen Publikationen von Elisabeth Thalhofer zum Gestapo-Lager Neue Bremm sind längst vollgültige Standardwerke. Heute arbeiten die Stadt Saarbrücken als Eigentümerin des Geländes mit der Initiative Neue Bremm als Eignerin der Gedenkstätte sowie der Landeszentrale für politische Bildung als Verantwortliche für die wissenschaftlich-pädagogische Begleitung und dem für die Workcamps zuständigen Landesjugendring zusammen.