Geographische Masterexkursion Platform Urbanism

Tour 8010 Graz, AT

Die Exkursion “Radwege und Lieferdienste” zeigt anhand ausgewählter Exkursionsziele die Vielfältigkeit und Komplexität, die hinter einem vermeintlich einfachen Thema, wie Radfahren liegen. Radfahren, insbesondere Radinfrastruktur, prägt das Bild einer Stadt maßgeblich mit und bietet moderne und nachhaltige Konzepte für neue Mobilitätskonzepte.

Autor: Sepp Forcher

8 Stationen

Start der Exkursion Infrastruktur Radfahren & Plattform Urbanism

Universitätsplatz 3, 8010 Graz, AT

Die Exkursion zeigt die Entwicklung von Radwegen in Graz und gibt einen Überblick über den momentanen Stand beziehungsweise über zukünftige Entwicklungen. Durch die Technologisierung verändert sich auch der Anspruch an Radinfrastruktur. Radwege müssen vernetzt sein und an weiterer Infrastruktur angeschlossen sein. TIM (täglich, intelligent, mobil) soll dabei in Zukunft eine wesentliche Rolle spielen. Dabei geht es um moderne Mobilitätskonzepte wie multimodale Mobilität, Car-Sharing und Elektromobilität. Diese Entwicklungen, rund um Platform Urbanism, werden aber auch kritisch gesehen und können in Zukunft zu neuen Herausforderungen führen.
Lieferdienste haben sich in den letzten Jahren in urbanen Räumen stark etabliert und schaffen damit neue Infrastrukturen. Wie funktionieren solche Lieferdienste und wie sieht der Arbeitsalltag als Fahrradbote in Graz aus? Dazu gibt uns ein Bote einen Einblick und wir werden im Zuge der Exkursion mit dem Gründer von VeloFood sprechen. Jedoch werden wir das Thema, rund im Gig-Economy, auch kritisch betrachten.
Nachdem wir uns mit der Thematik in Graz ausführlich beschäftigt haben, wollen wir aber auch einen internationalen Kontext herstellen. Wie funktionieren Radkonzepte in anderen Städten und was können wir daraus für Graz auch ableiten? Dazu vergleichen wir die zwei Städte Graz und Freiburg.

Gesetzliche Bestimmungen in Österreich
Die Straßenverkehrsordnung regelt den Verkehr für alle Verkehrsteilnehmer und gilt für Straßen mit öffentlichem Verkehr. Als solche gelten Straßen, die von jedermann unter den gleichen Bedingungen benützt werden können.
Das benützen von Radfahranlagen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, ist verboten.
Da diese Exkursion mit dem Rad durchgeführt wird gilt es zunächst zu klären:
Was ist ein Fahrrad?
In der Straßenverkehrsordnung gelten für Fahrräder folgende Definitionen:
• ein Fahrzeug, das mit einer Vorrichtung zur Übertragung der menschlichen Kraft auf die Antriebsräder ausgestattet ist
• ein Fahrzeug, das zusätzlich mit einem elektrischen Antrieb ausgestattet ist (Elektrofahrrad),
• ein zweirädriges Fahrzeug, das unmittelbar durch menschliche Kraft angetrieben wird (Roller), oder
• ein elektrisch angetriebenes Fahrzeug, dessen Antrieb dem eines Elektrofahrrads entsprich
Grundsätzlich lässt sich sagen, dass es eine Übertragung menschlicher Kraft auf den Antrieb des Fahrzeugs gibt.

Um nun ein Fahrrad im öffentlichen Straßenverkehr zu benutzen, gibt es verpflichtende Ausrüstungsgegenstände, welche im folgenden Aufgelistet werden. Diese und weitere Bestandteile eines Fahrrades sind der beigefügten Abbildung zu entnehmen. Verpflichtende Ausrüstungsgegenstände sind im folgendem aufgeführt und können gleich am eigenen Rad überprüft werden ob diese vorhanden sind.
• zwei voneinander unabhängig wirkenden Bremsvorrichtungen
• Vorrichtung zur Abgabe von akustischen Warnzeichen (Fahrradklingel udgl.)
• weiße, nach vorne wirkenden Rückstrahlern (die Rückstrahler dürfen mit dem Scheinwerfer verbunden sein)
• roten, nach hinten wirkenden Rückstrahlern (die Rückstrahler dürfen mit dem Scheinwerfer verbunden sein)
• gelben Rückstrahlern an den Pedalen
• Reifen, deren Seitenwände ringförmig zusammenhängend weiß oder gelb rückstrahlend sind, oder an jedem Rad mit nach beiden Seiten wirkenden Rückstrahlern (meist die gelben Reflektoren an den Rädern)
• Bei schlechter Sicht: hellleuchtenden, weißen, mit dem Fahrrad fest verbundenen Scheinwerfer nach vorne und nach hinten ein rotes Rücklicht

Quellen:
Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (2001) : Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie überFahrräder, Fahrradanhänger und zugehörige Ausrüstungsgegenstände(Fahrradverordnung). https://www.ris.bka.gv.at/Dokumente/BgblPdf/2001_146_2/2001_146_2.pdf. Zuletzt geprüft am 07.02.2021.
ÖAMTC (2021): Fahrradausstattung - Definition, Sicherheit und Ausstattung. https://www.oeamtc.at/thema/fahrrad/fahrradausstattung-definition-sicherheit-und-ausstattung-17153166. Zuletzt geprüft am 07.02.2021.
Rechtsinformationssystem des Bundes (Hrsg.) (2021). Bundesgesetz vom 6. Juli 1960, mit dem Vorschriften über die Straßenpolizei erlassen werden (Straßenverkehrsordnung 1960 –StVO. 1960). https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung/Bundesnormen/10011336/StVO%201960%2c%20Fassung%20vom%2007.02.2021.pdf. Zuletzt geprüft am 07.02.2021.

Sichtbare Infrastruktur

Jahngasse 4, 8010 Graz, AT

Zur Sichtbaren Infrastruktur der Radwege zählen neben den Verkehrszeichen und Bodenmarkierung auch Anlagen wie Beleuchtung, Abstellanlagen, Rad-Service Stationen, Verkehrslichtsignalanlagen sowie Radwegbeschilderung/Kennzeichnung zur Sicherheit der Radfahrer.
Doch zuerst möchten wir euch kurz erklären worum es sich bei Radfahranlagen handelt. Eine Gesetzliche Regelungen findet man hierzu in der STVO. Als Fahrradanlagen gelten: Radfahrstreifen, Mehrzweckstreifen, Radwege, Geh- und Radwege oder Radfahrerüberfahrten.

Das Video von hrfernsehen zeigt zudem die Konflikte zwischen Radfahrern und anderen Verkehrsteilnehmern. Neue Regeln sollen hier für mehr Sicherheit des Radfahrers helfen.

Quellen:
Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie (2001) : Verordnung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie überFahrräder, Fahrradanhänger und zugehörige Ausrüstungsgegenstände(Fahrradverordnung). https://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesnummer=10011336. Zuletzt geprüft 07.02.2021
RVS, Richtlinien und Vorschriften für das Straßenwesen: Österreichische Forschungsgesellschaft Straße-Schiene-Verkehr. RVS 03.02.13
Verhalten auf Radfahranlagen: https://www.vcoe.at/service/fragen-und-antworten/verhalten-auf-radfahranlagen. Zuletzt geprüft 07.02.2021

Verkehrsplanung und Sicherheit

Erzherzog-Johann-Allee 2, 8010 Graz, AT

Auswahl der geeigneten Radfahranlage

Wie vorhin beschrieben, gibt es unterschiedliche Arten von Radfahranlagen, welche in einem Planungsprozess angewandt werden können. Welcher Typ tatsächlich angewandt wird, hängt von unterschiedlichen Faktoren ab. Die wichtigsten Punkte sind:
Die Geschwindigkeit, das Verkehrsaufkommen, die vorhandene Fläche sowie die Situation an Kreuzungen.
Wesentlich ist dabei die Unterscheidung von Misch- oder Trennprinzip. Der Unterschied besteht darin, ob Verkehrsflächen von Fahrrad und anderem Verkehr gemeinsam oder getrennt benutzt werden. Beim Trennprinzip werden zum Beispiel Radwege und Radfahrstreifen verwendet. Das Mischprinzip wendet Beispielsweise Mehrzweckstreifen oder eine gemeinsame Führung von Fahrstreifen an.
Die beigefügte Abbildung stellt die Kriterien für das Trennen oder Mischen des Fahrradverkehrs mit anderen Verkehrsteilnehmern dar. Es wird auf der Y-Achse das Verkehrsaufkommen pro Tag dargestellt. Auf der X-Achse wird die Geschwindigkeit dargestellt, welche im Schnitt 85% der Fahrzeuge nicht überschreiten.
Es wird ersichtlich, dass reiner Mischverkehr bis 30 km/h stattfinden kann. Dabei soll ein Verkehrsaufkommen von ca. 15.000 Fahrzeugen pro Tag nicht überschritten werden. Ab einer Geschwindigkeit von 80 km/h wird nur mehr das Trennprinzip angewandt. Zwischen 30 und 80 km/h werden je nach Verkehrsaufkommen das Misch- oder das Trennprinzip angewandt.

Radverkehrsanlagen wurden aus Sicht der Verkehrsplanung und -politik aus vier Hauptgründen angelegt:
1) Zur Verbesserung des Verkehrsflusses für Kraftfahrzeuge auf der Fahrbahn sowie der Radfahrer auf der Radverkehrsanlage
2) Zur Erhöhung der Verkehrssicherheit durch Trennung motorisierter Verkehr/Radverkehr
3) Zur Förderung von Naherholung, Radverkehr und Tourismus (Radwanderwege)
4) Um einen besseren Belag anzubieten (zum Beispiel bei Fahrbahnen mit grobem Pflaster)

Auch der Schutz der Radfahrer vor gesundheitsgefährdenden Abgasen gilt als Argument für die Anlage von Radverkehrsanlagen. Durch die Möglichkeit, an Kraftfahrzeugen vorbeizufahren, müssen sich Radfahrer nicht direkt hinter deren Auspuffrohren aufhalten und bewegen sich damit außerhalb der Stelle der größten Schadstoffkonzentration."

Öffentliche Akteure

Prinzipiell wird in Österreich zwischen hochrangigem und niederrangigem Straßennetz unterschieden, die für die Finanzierung ausschlaggebend sind. Das hochrangige Straßennetz wird aus Autobahnen (A) und Schnellstraßen (S) gebildet. Alle anderen Straßen fallen unter den Begriff niederrangige Straßen. Die Verantwortung für Errichtung, Betrieb und Finanzierung der hochrangigen Straßen liegt bei der ASFINAG (Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs AG), welche des Bundeseigentum ist. Zuständig für Landes- bzw. Gemeindestraßen sind das jeweilige Bundesland bzw. die Gemeinde.

Sicherheitsgefühl beim Radfahren

Laut einer Umfrage des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie finden 72% der Befragten abgegrenzte Fahrradwege, welche sich nicht auf der Fahrbahn befinden als ideale Plätze für Radfahrer. 23% finden gekennzeichnete Mehrzweck-Radfahrstreifen, auf der Fahrbahn als ideal. Lediglich 2 % finden Straßen, mit fließendem Verkehr, ohne Abgrenzung ideal. Dieses Ergebnis wird durch eine Umfrage der BOKU Wien aus dem Jahr 2007 bestätigt. Dabei wurde gefragt „Wo fühlen Sie sich als Radfahrer sicher?“. Hier gaben 82% der Befragten an, dass sie sich auf Radfahrwegen sicher fühlen. 15% gaben an bei geringem Verkehr. Bei der Frage „Wo fühlen Sie sich als Radfahrer UNsicher?“ gaben 42% an, dass sie sich bei hohem Verkehrsaufkommen unsicher fühlen. Wenn keine Radwege vorhanden fühlen sich rund 27% nicht sicher. 20% antworteten, dass sie sich im Mischverkehr mit Kfz nicht sicher fühlen. Auf die Frage „Was sind ihrer Meinung nach mögliche Gründe, dass nicht mehr Leute das Fahrrad für ihre Alltagswege nutzen?“ waren die meist genannten Antworten Wetter und Witterung, zu weite Distanzen und zu anstrengend und unbequem. Es fällt auf, dass hier das Sicherheitsgefühl eine nachrangige Rolle spielt. Auf die Frage „Wer ist ihrer Meinung nach hauptverantwortlich dafür, bessere Bedingungen für den Radverkehr zu schaffen?“ antworteten die meisten (39%) mit der/die BürgermeisterIn, 23% mit die Landesregierung und 20 % mit das Verkehrsministerium.

Quellen:
Allinger-Csollich, Ekkehard. Schmutzhard, Ludwig. (2007): Planungsleitfaden RadverkehrRadfahranlagen / Auswahlkriterien / TrassierungSichere Knotengestaltung / Bodenmarkierungen. Innsbruck:Amt der Tiroler Landesregierung.
Message Marketing und Communications GmbH (2012): Gesamtverkehrsplan für Österreich. Wien:Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.
Illek, Günther. Mayer, Isabella. (2013): Radverkehr in Zahlen. Wien:Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie.
Meschik, Michael. (2013): Planungsgrundlagen des Radverkehrs. Wien:Universität für Bodenkultur.

Der erste Radweg in Graz

Erzherzog-Johann-Allee 3, 8010 Graz, AT

Der erste Radweg in Graz wurde Ende 1970er Jahre auf der Wilhelm-Fischer-Allee, im Zuge einer Nacht und Nebel Aktion, von den Radaktivisten Günther Tischler und Peter Hagenauer einfach so aufgepinselt. Darauf folgte eine Anzeige und eine Vorladung in die Polizeidirektion. Jedoch erzählt Tischler, das ihnen ein Deal angeboten wurde. "Die Stadt zieht die Anzeige zurück, wenn wir den Straßen- und Brückenbauamt die aus Waschmaschinenkartons gebastelten markierungsschablone überlassen".

Das war der Startpunkt für die Verkehrswende in Graz. Doch was wurde geplant und was umgesetzt?

Das der Radverkehr in Graz immer noch steigt kann man gut an den Abbildungen der Dauerzählstellen 2019/2020 erkennen. Daher ist es von großer Bedeutung, dass man sich auch heute noch für eine Verbesserung der Radinfrastruktur einsetzt.

MoVe iT: https://move-it-graz.at/move-it-mobilitaetsplan-2030/radverkehr-2030/

Quellen:
Der erste Radweg in Graz war illegal: https://austria-forum.org/af/Wissenssammlungen/Damals_in_der_Steiermark/Der_erste_Radweg_in_Graz. Zuletzt geprüft 07.02.2021
Neyer Franziska (2013): Fahrradkultur in Graz - sudentische Einstellungen zum Fahrrad als urbanes Alltagsverkehrsmittel. Diplomarbeit, Karl-Franzens-Universität Graz.
Radmobil Graz 2030 - neue Wege der Mobilität. Masterpan für die Landeshauptstadt: https://www.kommunikation.steiermark.at/cms/beitrag/12785821/29767960/. Zuletzt geprüft 07.02.2021
Fahrradklimatest: https://slideplayer.org/slide/872961/. Zuletzt geprüft 07.02.2021
Fragen an Grazer Politiker*Innen: https://mitmischen.steiermark.at/cms/dokumente/12787246_158623419/31151a32/MiG_Antworten%20Thema%20%C3%96ffentlicher%20Verkehr-Radwege.pdf. Zuletzt geprüft 07.02.2021

Technikerstraße

Technikerstraße 3, 8010 Graz, AT

Wohngebiet/Mischnutzgebiet: Fußgänger, Radfahrer, Autofahrer, Anwohner
-Kombination aus Materialität und Sozialität

Grazer Verkehrsplanung der Fahrradwege insbesondere durch Edegger in den 1980er
-Stagnierung des Ausbaus in den 1990er
-Heute neue Tendenz: sanfte Mobilität, Nachhaltigkeit, Umweltprobleme (Freinstaub)
-Fahrradhauptstadt Österreichs: Graz mit 13 Hauptverkehrsrouten, 123 km Radweg, 19,3% Verkehrsanteil der Radfahrer

Zum Vergleich: Vorzeigestadt Freiburg (230 000 Einwohner)
-Radverkehrsanteil 34%
-Gut ausgebaute Rad-Infrastruktur: Fahrradautobahn, Fahrradständer, Bike & Ride, Rahrradverleih "Frelo", Fahrradaufstellflächen vor Ampeln, Standart-Radwegbreite 1,85m
-Freiburg Konzept 2025 – Vorrang für Fuß- & Radverkehr: Mehr Platz! Dazu günstiger und oft schneller!
-Aktuelle Debatte über einheitlichem Tempo 30 in der gesamten Stadt

Technikerstraße:
-Parkende Autos auf beiden Seiten der Einbahnstraße. Winziger Radweg in eine Richtung verlaufenden auf dem Gehweg, in die andere Richtung gibt es keinen separaten Radweg, er verläuft zusammen mit dem Autoverkehr → sehr eng, man kann den Autos nicht ausweichen und diese können wiederum nur sehr schwer überholen → Staus
- Radfahrer mit unentschieden-ambivalenter Position zwischen Autos und Fußgängern

Vorschlag: Stellfreie Straßen wie in Vauban: Nahezu autofreies Quartier, stellplatzfreie Wohnstraßen, Gemeinschaftsgaragen am Rande des Stadtteils, Parkplätze für BesucherInnen entlang der beiden Hauptstraßen
→ mehr Platz und besserer Durchgangsverkehr

Graz: 100 Mio für die nächsten 10 Jahre für Ausbau der Fahrradinfrastruktur
200km Radschnellwege, Verbindungswege, Zufahrtswege bis 2030


Literatur:
Anna-Lisa Müller: Infrastrukturen als Akteure. Die Materialität urbaner Infrastrukturen und ihre Bedeutung für das Soziale, in: Michael Flitner, Julia Lossau, Anna-Lisa Müller(Hrsg.): Infrastrukturen der Stadt, Wiesbaden 2017, S. 125-43.

Dirk van Laak: Vom Lebensraum zum Leitungsweg. Die Stadtstraße als soziale Arena, in: Michael Flitner, Julia Lossau, Anna-Lisa Müller(Hrsg.): Infrastrukturen der Stadt, Wiesbaden 2017, S. 145-163.

Martin Schmidt und Jochen Monstadt: Infrastruktur, in: Handwörterbuch der Stadt und Raumentwicklung 2018, S. 975-988.

Martin Haag, Babette Köhler: Freiburg im Breisgau – nachhaltige Stadtentwicklung mit Tradition und Zukunft, in: Informationen zur Raumentwicklung Heft 5/6.2012.

Ross Beveridge und Matthias Naumann: Für ein Recht auf Infrastruktur! Stadtpolitische Konflikte um die Energie- und Wasserversorgung in Berlin, in: Michael Flitner, Julia Lossau, Anna-Lisa Müller(Hrsg.): Infrastrukturen der Stadt, Wiesbaden 2017, S. 67-89.


Andreas Hege: "Auf den Rahmen kommt es an" Verkehrswende in Freiburg, Verkehrsforum Freiburg 2020. Powerpoint der Präsentation der Kampagne „MoVe iT – Mobilität und Verkehr in Transformation“ gehalten in der Vorklinik Uni Graz am 21.10.2019.

Denise Kallweit: RADMOBIL Graz 2030 Masterplan für die Landeshauptstadt, Pressekonferenz am 23.6.2020, abrufbar unter: https://www.kommunikation.steiermark.at/cms/dokumente/12785821_29767960/07e6c66e/Presseinformation%2023.06.2020.pdf

Franziska Neyer: Fahrradkultur in Graz - studentische Einstellungen zum Fahrrad als urbanes Alltagsverkehrsmittel. Diplomarbeit 2013, Karl-Franzens-Universität Graz.

Freiburg will durchgängig Tempo 30 einführen, in: ZEIT ONLINE, 4.12.2020, Abrufbar unter: https://www.zeit.de/mobilitaet/2020-12/freiburg-tempo-30-staedtische-regelgeschwindigkeit-verkehrrsicherheit

Radverkehrskonzept Freiburg 2020, Erläuterungsbericht, Garten- und Tiefbauamt Abteilung Verkehrsplanung, Freiburg 2012, abrufbar unter: https://www.freiburg.de/pb/site/Freiburg/get/431673/05b_Erlaeuterungsbericht.pdf

Platform Urbanism

Opernring 17, 8010 Graz, AT

Platform Urbanism versteht Stadtentwicklungsprozesse als ein Netzwerk verschiedener Plattformen. Diese Plattformen können sowohl verschiedene Institutionen, Akteure oder Privatpersonen sein. Dieser Ansatz ist an sich noch nicht etwas Neues, da schon immer Städte als Plattformen betrachtet werden konnten. (Beispielsweise Straßenbahnhaltestellen als Plattform der vernetzten öffentlichen Infrastruktur)Das spezielle an der heutigen Entwicklung ist, dass diese Plattformen vermehrt digital und global auftreten. Dadurch ergeben sich komplett neue AkteurInnen. So können große internationale Digitalkonzerne Einfluss auf Stadtentwicklungsprozesse nehmen. Aber auch jeder einzelne hat mit einem Smartphone direkt Zugriff auf diese Plattformen. Dabei ist festzustellen, dass uns Plattform Urbanism bereits seit einigen Jahren täglich begleitet. Wir navigieren mit unserem Smartphone durch Stadt, kaufen Zugtickets online, mieten uns ein Auto via App oder buchen ein Apartment für das kommende Wochenende. All diese Interaktionen fallen unter Plattform Urbanism. Die Grenze zwischen der „digitalen Welt“ und realen Welt verwischen immer mehr und Softwareentwickler werden dadurch auch zu Stadtentwickler (vgl. Barns 2020, S.15).
Durch solche hochmobilen, immateriellen Infrastrukturen, ergeben sich Neue Ansätze, wie wir urbanen Raum wahrnehmen und mitgestalten. Betrachten wir dazu das Beispiel „TIM“. „TIM“ (täglich intelligent mobil) ist eine Plattform, die sich um nachhaltige Mobilität bemüht. Es gibt verschiedene Standorte mit unterschiedlichen Angeboten (wie Lastenräder) in Graz. Doch die eigentliche Infrastruktur dieses Angebotes findet ausschließlich digital und immateriell statt. Dadurch kann man viel schneller auf Veränderungen reagieren und der Zugriff auf solche Infrastrukturen ist mit einem Smartphone (theoretisch) völlig ort- und zeitungebunden. Genauso wie es bei klassischen materiellen Infrastrukturen die Frage nach der Erreichbarkeit gibt, stellt sich auch bei digitalen Plattformen (und in weiterer Frage Plattform Urbanism) die Frage nach der Erreichbarkeit und Sichtbarkeit. Nicht jede Person ist mit dem Internet vertraut und aus stadtplanerischer Sicht muss man Themen wie den „Digital-gap“ besonders ernst nehmen und kritisch betrachten.

Quellen:
Eine Platform welche dein FahrRADverhalten mittels Daten aufzeichet. https://www.bikecitizens.net/de/staedte/graz/. Zuletzt geprüft 07.02.2021
Bike Citizens: Wie Grazer das Radln in Städten besser machen: https://www.techandnature.com/bike-citizens-wie-grazer-das-radln-in-stadten-besser-machen/. Zuletzt geprüft 07.02.2021

VeloFood Lager

Jakoministraße 29, 8010 Graz, AT

Du befindest dich hier vor dem VeloFood Lager in der Jakoministraße 29. Hier lagern die fahrradbotentypischen Kurierrucksäcke, die von den Fahrradboten genutzt werden können. VeloFood stellt diese zur freien Verfügung, können jedoch auch erworben werden. Neben den Rucksäcken findet man hier alle wichtigen Utensilien und Ersatzteile für die Boten. Ersatzteile für das Fahrrad, Radlichter oder Radschlösser können dort direkt erworben werden, wenn benötigt. Außerdem gibt es einen kleinen Aufenthaltsbereich und Toiletten für die Boten.
VeloFood ist ein Grazer Unternehmen, dass 2016 gegründet wurde. Es versucht Lieferservice nachhaltig und regional zu gestalten. Dabei wird ausschließlich auf Fahrräder gesetzt und die Verpackungen sind biologisch abbaubar. Es wird auch nicht mit jedem Restaurant zusammengearbeitet, da versucht wird hierbei ein Netzwerk aus gemeinsamen Interessen zu schaffen. VeloFood setzt damit ein Zeichen gegen die großen Lieferserviceketten. Kundenzufriedenheit und gute Arbeitsbedingungen der Fahrradboten sind hier wesentliche Elemente des Erfolges.
Wie funktioniert die Arbeit von Fahrradboten im Allgemeinen?
Grundsätzlich sind Fahrradboten selbstständig und haben dafür ein Gewerbe angemeldet. Es gibt deshalb auch keine fixen Arbeitszeiten beziehungsweise Vorgaben von VeloFood direkt. VeloFood stellt die Bestellplattform zur Verfügung und vergibt diese Aufträge an externe Selbstständige. Dieser Ablauf fällt unter dem Begriff der „Gig Economy“ und findet sich in vielen Bereichen wieder (Lieferdienste, Uber,..)
„Mit Gig Economy wird ein Teil des informellen Arbeitsmarktes bezeichnet, bei dem zeitlich befristete Aufträge flexibel und kurzfristig an Arbeitssuchende, Freelancer oder geringfügig Beschäftigte vergeben werden.“ Dieses Arbeitsverhältnis wird auch kritisch betrachtet, da man dabei eher von einer Scheinselbstständigkeit ausgeht und die Freiheit als Selbstständiger nicht immer gewährleistet ist.
Wie funktioniert die Arbeit von Fahrradboten bei VeloFood im Speziellen?
Es gibt einen Dienstplan, in dem man sich selbst einträgt. Damit sehen andere Boten wie viele Boten unterwegs sind und VeloFood kann damit die Auftragslage besser koordinieren. Damit ist gemeint, dass VeloFood selbst bestimmt, wie viele KundInnen bestellen können. Dies wird über die Mindestbestellmenge pro Bestellung und Anzahl an verfügbaren Restaurants koordiniert. Grundsätzlich kann man bei VeloFood nur bei Restaurants bestellen, die innerhalb von 4 Kilometern der Lieferadresse liegen. Damit soll sichergestellt werden, dass für Fahrradboten nicht zu lange Distanzen anfallen und die Lieferzeit gewährleistet werden kann.
Hat man sich in den Dienstplan eingetragen, loggt man sich in eine App (Zello) via Smartphone ein. Diese App ist die Kommunikationsplattform zwischen den Boten und dem Office von VeloFood. Die App funktioniert wie ein Funkgerät. Daneben gibt es noch eine Botenapp für die Aufträge, die bei VeloFood anfallen. Möchte man als Fahrradbote nun einen Auftrag (Bestellung) annehmen, so gibt man in der Funkapp seinen Standort an und die gewünschte Bestellnummer, die man übernehmen möchte. Wenn niemand schneller war beziehungsweise niemand sonst dringend übernehmen möchte, verschiebt man sich die Bestellung selbstständig in seinen Ordner und fährt diese zur Lieferadresse.
Die Bezahlung erfolgt digital und hängt von der Länge der Bestellung ab. Je weiter eine Bestellung zu fahren ist, desto höher ist auch das Honorar.

Allgemeine Fragestellungen:

Wie hat sich die Corona-Krise auf die Arbeit ausgewirkt?
Lieferdienste gehören eindeutig zu den Gewinnern der Coronakrise. Dadurch, dass Restaurants oft geschlossen waren und eine generelle Unsicherheit in der Bevölkerung herrschte, wurde viel mehr bestellt wie davor. Es hat sich gezeigt, dass viele Menschen nicht auf das Essen in einem Restaurant verzichten möchten. VeloFood hat aufgrund der Pandemie rund 300% der Bestellungen wie im Vorjahr gemacht.

Wieviel verdient man?
Als Bote wird man grundsätzlich nach Fahrten bezahlt. Je schneller und effizienter man Aufträge ausfährt, desto höher ist auch der Stundenlohn. 12€ bis 15€ pro Stunde sind absolut durchschnittliche Werte und sind auch zu erwarten. In stressigen Stunden mit vielen Bestellungen oder bei Schlechtwetter (wenn weniger Boten spontan einspringen), steigt der zu erwartende Stundenlohn auf 18€ bis 22€. Aufgrund der hohen Auftragslage und hohen Umsätze, gibt es seit November 2020 auch einen Schlechtwetterbonus, der die Boten motivieren soll, auch bei Regen und Schneefall Radzufahren.
Grundsätzliche Beträge nach Fahrtlängen:
0-2 KM: 4,30€
2-3 KM: 5,40€
3-4 KM: 6,80€

Probleme bei Foodora, Deliveroo und Co. Auslagerung bezahlter Arbeit über Plattf

Neutorgasse 41, 8010 Graz, AT

Bereits seit 2016 haben Essenslieferplattformen mit der Unzufriedenheit der Angestellten zu kämpfen. Der erste größere Konflikt wurde in London ausgetragen. Da Deliveroo die Arbeiter als unabhängige Auftragnehmer sah, wollte man dort ein neues Bezahlsystem einführen, welches von einem Studenlohnmodell (£7 pro Stunde + £1 pro Lieferung) zu einer Bezahlung pro Lieferung (£ 3.75) wechseln sollte. Im Jahr 2016 und 2017 demonstrierten in Berlin Deliveroo und Foodora Lieferanten gemeinsam. Auch hier wurde für eine Lohnerhöhung von 1 Euro pro Stunde, eine Ausgleichszahlung für Wartungskosten und ausreichende Arbeitsstunden demonstriert. FoodorafahrerInnen forderten außerdem eine bezahlte Stunde für die Planung ihrer Schichten, während DeliveroofahrerInnen mehr Transparenz in Bezug auf ihre geleisteten Arbeitsstunden forderten.

Zurück zu führen sind solche Probleme vor allem auf den Aufbau solcher Plattformen. Die Plattformen vereinen drei Akteure. Diese sind die Plattform selbst, welche die Infrastruktur für die Bestellvorgänge stellt. Der zweite Akteur ist der Kunde, welcher auf der Plattform seine Bestellung aufgibt. Zuletzt sind noch die Fahrer zu nennen, welche die Bestellung in den Restaurants abholen und zum Kunden bringen.

Vereinfacht, Plattformen vermitteln eine Dienstleistung an einen Kunden, wobei die Standards der Serviceleistung durch die Plattform festgelegt werden. Dadurch ergeben sich Vorteile für Restaurants welche ihren Lieferdienst an die Plattformen übergeben um eine Unproduktivität eigener Fahrer zu vermeiden. Da die Plattformen selbst auch dieses Risiko vermeiden wollen wird der Großteil der FahrerInnen nur mit einem Freien Dienstvertrag angestellt bei dem nur bei dem pro Lieferung bezahlt wird. Diese Scheinselbstständigkeit bringt vor allem für die Fahrer weitere Nachteile:

• 5 Wochen bezahlten Mindesturlaub, Entgeltfortzahlung bei Krankheit usw. gelten für freie DienstnehmerInnen nicht.
• Es gibt keinen Mindestlohntarif, Kollektivvertrag etc. es kann daher bei der Bezahlung gespart werden.
• Das Einkommen muss selbst versteuert werden.

Die vorhin geforderten Ausgleichszahlungen für Wartung und Reparaturen beziehen sich auf das private Fahrrad und das private Smartphone, welche die wichtigsten Arbeitswerkzeuge sind.
Auf das private Smartphone ist eine App der Plattform zu installieren, die der Planung des Arbeitsablaufes dienen soll. Zu Beginn einer Schicht wird die App eingeschaltet. Bei diesem Schritt wird automatisch die GPS Funktion aktiviert um die Zusteller ständig lokalisieren zu können.
Die ständige Lokalisierung dient somit als eine Art Kontrollinstrument. So werden nicht nur Abhol und Zustellort angezeigt, sondern auch in Echtzeit die Position des Fahrers. Durch eine Versprochene Zustellung innerhalb eines Zeitrahmens (meist 30 Minuten) werden die Fahrer zu einer schnellen Lieferung angehalten. Die Route wird auch durch die App vorgegeben und ist einzuhalten. Sollten Fahrer langsamer als die durchschnittliche Geschwindigkeit fahren, werden diese zu schnellerem Fahren aufgefordert, auch wenn das Zeitlimit eingehalten wird. Zusätzliche gibt es Kontrollfunktionen da die App die Reihenfolge aller Arbeitsschritte vorgibt und diese in der App bestätigt werden müssen.

Quellen:
Herr, Benjamin (2017): Riding in the gig-economy. Wien:Arbeiterkammer.
Gogola, Michael (2018): Arbeiten ohne Schutz? –Rechtsfragen ortsgebundener Plattformarbeit anhand der Beispiele Uber, Foodora und Book a Tiger. Wien:Universität Wien.
Arbeiterkammer Wien (2021): Freier Dienstvertrag. https://www.arbeiterkammer.at/beratung/arbeitundrecht/Arbeitsvertraege/Freier_Dienstvertrag.html. Zuletzt geprüft am 07.02.2021