Heide - was nach der Kohle übrig blieb

Stadtführung Bahnhofstraße 43, 02994 Wiednitz, DE

Ein Rundgang durch die Siedlung Heide, die einst als Wohnsiedlung für die Arbeiter aus dem Braunkohletagebau und der Brikettfabrik Heye III erbaut wurde. Tagebau und Fabrik sind schon lange verschwunden. Die Siedlung selbst ist zum großen Teil unbewohnt und verfällt. Auf dem Rundgang sehen wir uns an, was einmal war und was noch da ist. Viel Spaß!

Autor: TM_2021

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Begrüßung

Heide - was nach der Kohle übrig blieb...
Ein Rundgang durch die Siedlung Heide, bei Wiednitz, die einst als Wohnsiedlung für die Arbeiter aus dem Braunkohletagebau und der Brikettfabrik Heye III erbaut wurde. Tagebau und Fabrik sind schon lange verschwunden, die Siedlung selbst ist zum großen Teil unbewohnt und verfällt. Auf dem Rundgang sehen wir uns an was einmal war und was noch da ist. Viel Spaß!

Start am Bahnhof Wiednitz

Bahnhofstraße 32, 02994 Wiednitz, DE

Gleich zu Beginn eine große Bitte. Wir werden heute durch die Siedlung Heide gehen. Auch wenn hier alles sehr verlassen und verfallen aussieht - Bitte bleibt auf den öffentlichen Wegen und betretet nicht die Privatgrundstücke. Haltet unseren Ort sauber.

Unser Rundgang beginnt hier am Bahnhof Wiednitz. Einst herrschte hier reger Zugverkehr, bis Anfang der 1990er Jahre fuhren hier Personenzüge in alle Richtungen und auch die Kohle aus der Brikettfabrik Heide wurde transportiert. Die Fabrikarbeiter kamen auch aus Hoyerswerda, Senftenberg, Kamenz, Pulsnitz mit der Bahn zu ihrer Schicht nach Heide. Seit einigen Jahren fährt im Sommer die Lausitzer Seenlandbahn zwischen Dresden und Senftenberg. In Zukunft soll es wieder regelmäßigen Zugverkehr auf dieser Strecke geben. Das freut uns Einwohner sehr.

Wir gehen nun nach rechts und folgen der Bahnhofstraße in Richtung Heide. Dort wo jetzt das kleine Wäldchen zwischen Bahngleisen und der Straße steht, waren früher die Gleisanlagen der Brikettfabrik. Hier wurden die Waggons mit den Briketts rangiert.

Bahnhofstraße

Auf dem Weg zur Siedlung Heide. Viele der Fabrikarbeiter kamen früher mit dem Zug zur Arbeit und sind diesen Weg gegangen.

Die Erinnerungsstätte "Straße der Besten"

Bahnhofstraße 43, 02994 Wiednitz, DE

Einige Relikte aus der Fabrik sind hier an diesem Platz noch aufgestellt: eine Lore, die früher Ihren Dienst auf dem Kohleplatz in der Fabrik tat. Eine Achse und eine Baggerschaufel, die sich zum Zeitpunkt des Fabrikabrisses dort befanden, vermutlich zur Reparatur.

Auf einer Schautafel finden Sie umfangreiche Informationen zum Tagebau, zur Fabrik und der Siedlung Heide.

Interessant zu wissen: hinter der Schautafel befand sich früher ein langgezogenes Gebäude. Dort befand sich eine Allgemeinarztpraxis, eine Zahnarztpraxis und das Kino sowie eine Kegelbahn.

Woher kommt der Name „Straße der Besten"? Unter dem überdachten Metallgestell, an dem sich heute die Schautafel befindet, hingen zu DDR Zeiten verglaste Schaukästen. Dort gab es unter anderem Informationen zur Betriebsfeuerwehr, zur Partei und auch das Kinoprogramm. Es fanden sich dort aber auch die aktuellen Zahlen aus der Produktion und – als Auszeichnung – Porträts der besten Arbeiter der Fabrik. Da diese entlang der Straße aufgestellt waren, wurde das ganze umgangssprachlich als „Straße der Besten" bezeichnet.

Drehen wir uns nun um und stellen uns mit dem Rücken zur Schautafel. Am Gehweg steht eine kleinere Schautafel mit dem Bild des früheren Werkseingangs.

Der Fabrikeingang

Genau gegenüber dem heutigen Denkmal der „Straße der Besten" befand sich früher der Werkseingang. Rechts vor dem Eingangstor stand das Pförtnerhaus. Viele Bewohner von Heide kamen noch bis zur Wende hierher um zu telefonieren. Kaum einer hatte damals einen Telefonanschluss. Links vom Eingang lag die Waage. Alle LKW, die das Werk verließen, wurden dort gewogen.

Auf dem Schwarz-Weiß-Bild vom Werkseingang erkennt man auf einem Dach den „roten Stern“. Dieser leuchtete, wenn die Arbeiter in der Produktion den Plan erfüllt hatten.

Das Farbfoto zeigt das ehemalige Verwaltungsgebäude kurz vor dem Abriss. Auch dieses Gebäude wurde einst vom Architekten sehr schön gestaltet.

Das Lehrlingswohnheim

Bahnhofstraße 47, 02994 Wiednitz, DE

Wenige Meter von der "Straße der Besten" entfernt, links am Straßenrand, stand früher eine Baracke. Dort war erst ein HO-Lebensmittelmarkt untergebracht, später wurde das Gebäude von der Betriebskampfgruppe genutzt.

Einige Meter weiter sieht man, ebenfalls auf der linken Seite, eine Lichtung im Wald. Hier stand einmal das Lehrlingswohnheim, ein 5-stöckiger DDR Plattenbau. Nach der Wende wurde das Gebäude als Wohnheim für Aussiedler genutzt.

Auf der Wiese vor dem Gebäude stand zu DDR Zeiten eine Dampflok mit drei Waggons. Ein Waggon wurde als Musikzimmer genutzt, einer als Bibliothek und einer als Raucherzimmer und Aufenthaltsraum. Schon sehr lange vor dem Abriss des Gebäudes im Jahr 2014 wurden Lok und Waggons verkauft. Der Verbleib ist bislang unbekannt.

Wir gehen weiter Richtung Siedlung Heide und biegen rechts ab.

Das Klubhaus von Heide

Das große Gebäude, auf das wir zulaufen, ist das ehemalige Klubhaus Heide. Die frühere Gaststätte ist nun ein privates Wohnhaus und wurde um 2016 saniert.

Der Platz um den Findling

Der Findling: Einige Jahre nach dem Bau der Hauptsiedlung wurde hier auf dem zentralen Platz ein Findling aufgestellt. Nach der Schließung der Fabrik zogen nach und nach immer mehr Menschen weg, die Gaststätte wurde geschlossen und die Häuser ringsum verfielen.

Die Häuser in der Siedlung Heide wurden 1910 nach Plänen des Dresdner Architekten Georg Heinsius von Mayenburg im Stil einer Gartenstadt erbaut. Noch heute lässt sich erahnen, wie schön es einmal ausgesehen haben muss. Wenn man bedenkt, dass zu dieser Zeit die Arbeiter in den Städten in dunklen, dreckigen Hinterhöfen wohnten und es noch nicht einmal überall elektrischen Strom und Wasser gab, muss das Wohnen hier in der Siedlung wunderbar gewesen sein. Zu jeder Wohnung gehörte auch ein Stück Garten. Dort konnte man Obst und Gemüse anbauen und sich erholen. Die guten Lebensbedingungen wurden aber nicht ohne Hintergedanken geschaffen. Es waren werkseigene Wohnungen. Wenn man seinen Job verlor, musste man auch die Wohnung räumen. Daher konnte sich der Fabrikbesitzer sicher sein, dass die dort lebenden Arbeiter loyal zur Firma waren. Über größere Streiks und Klassenkämpfe, wie es sie in anderen Industrieregionen gab, ist aus Heide nichts bekannt.

Wir gehen nun weiter in die kleine Seitenstraße am Briefkasten und schauen uns die Wohnhäuser an.

Die Siedlung Heide

02994, DE

Einen äußerst traurigen Anblick bieten die Wohnhäuser hier im Zentrum von Heide. Viele der Häuser gehören einer privaten Immobilienfirma. Leider hat diese keinerlei Interesse an dem Erhalt der Gebäude.

Das Schulgebäude (hinter der Bushaltestelle) wurde nach der Wende saniert und zeitweise als Wohnheim für Aussiedler und Flüchtlinge genutzt. Auf dem Dach des Schulgebäudes befand sich vor der Sanierung noch ein kleiner Turm mit einer Uhr. Dieser wurde leider abgerissen. Auf dem alten Foto ist sie noch zu sehen.

Wir gehen einmal um das Grundstück der Schule bis zur Kreuzung.

Ein Blick nach links & rechts...

Die Kernsiedlung mit den Häusern, die von Mayenburg entworfen hat, wurde noch mehrmals erweitert. Die Wohnhäuser in den anderen Straßen der Siedlung haben daher einen anderen Baustil. Auch einige Eigenheime wurden hier gebaut.

Das Haus, auf das wir zulaufen, war früher die Lebensmittelverkaufsstelle des Konsum, davor Kaufhaus Rieger und dient heute als Wohnhaus.

Wenn man links bis zum Ende der Straße schaut, erkennt man ganz am Ende die kleine Kapelle in Heide. Das frühere Gotteshaus ist nun ein privates Wohnhaus mit Atelier. Ein Künstlerehepaar wohnt dort. Ein interessanter Fakt zu dem Gebäude: Die Siedlung Heide gehört zu Wiednitz (Bernsdorf). Auch die Häuser gegenüber der Kapelle. Die Kapelle selbst steht aber auf Brandenburger Gebiet und gehört zum Nachbarort Grünewald.

Nahe der Kapelle befand sich auch der Wasserturm von Heide. Dieser wurde ebenfalls Anfang der 1990er Jahre abgerissen.

Wenn man nach rechts schaut, hat man ungefähr die Blickrichtung zu den Schornsteinen der Fabrik. Diese wurden am 7. Juni 1993 vormittags gesprengt. Viele Leute hatten sich damals hier an diesem Punkt versammelt und haben die Sprengung beobachtet. Neben den Schornsteinen konnte man den Kohlebunker erkennen. Die Waggons brachten die Rohbraunkohle aus den umliegenden Tagebauen ins Werk. Die Waggons wurden hier entladen.

Wir gehen nun wieder zurück, biegen aber nicht in die Seitenstraße ein, aus der wir gekommen sind, sondern gehen weiter geradeaus.

Villen & bessere Wohnhäuser

Lessingstraße 18, 02994 Wiednitz, DE

Die Fabrikantenvilla befindet sich ganz am Ende der Straße, hinter dem eisernen Eingangstor und mitten in einer Parkanlage. Zu DDR Zeiten war neben einigen Wohnungen dort der Hort untergebracht. Die Villa wurde saniert und ist heute privat bewohnt. Eine Besichtigung ist leider nicht möglich. Bitte respektieren Sie das. Vielen Dank.

Auf dem Gelände neben der Villa befindet sich der Kindergarten. Es ist der einzige Kindergarten in Bernsdorf und Umgebung, der sich mitten in der Natur befindet. Er hat einen großen Garten zum Toben und Spielen. Früher wurde das Gelände als Gärtnerei für die Fabrik genutzt.

Wir biegen nun rechts in die Straße ein und laufen zurück Richtung Ausgangspunkt. Hier in dieser Straße befinden sich 3 Villen/Wohnhäuser die damals wohl für die besser gestellten Verwaltungsmitarbeiter der Fabrik gebaut wurden. Nur eines der Gebäude wurde bisher saniert, die anderen beiden Häuser verfallen zusehends. Sehr Schade.

Wir sind hier am Ende der Tour und laufen nun zurück in Richtung Bahnhof. Wenn euch die Tour gefallen hat, empfehlt sie gern weiter. Lasst auch gern eine Bewertung da - hier und bei Google Maps. Vielen Dank.

Vielen Dank für Ihr Interesse.

Verstecktes und Verlorenes

Der Kohlebunker
Im Wald versteckt findet sich heute noch ein alter Hochbunker für Kohle. Dieser ist nicht gut abgesichert und birgt einige Gefahren. Wir werden die Wegbeschreibung daher nicht veröffentlichen. Der Bunker wurde schon kurz nach dem Bau der Brikettfabrik wieder stillgelegt da man ihn mit den neu eingeführten größeren Waggons nicht nutzen konnte. Das Bauwerk wurde später u. a. als Tischtennis Trainingsraum und zur Schweinezucht genutzt. Beim Abriss der Fabrik wurde er wohl vergessen. Der Grund war vermutlich, dass er auf einem Gelände der Bahn steht, die abgerissene Fabrik jedoch auf dem Gelände der Laubag stand.

Die Lehrwerkstatt
Geht man ein kleines Stück weiter hinter dem Klubhaus entlang, findet man noch Reste der ehemaligen Ausbildungsstätte. Die Hallen sind in Hand eines privaten Investors und verfallen zusehends. Wie man hier in Heide sieht, hat der Verkauf an private Eigentümer leider keinen positiven Einfluss auf den Ort ausgeübt. Man sagt immer „Eigentum verpflichtet“. Hier scheint man davon leider noch nichts gehört zu haben.

Das Sportbad Wiednitz
In den 1950er Jahren wurde ganz in der Nähe des Bahnhofs, gleich rechts hinter dem Bahnübergang das Wiednitzer Sportbad errichtet. Es kamen jedes Jahr zehntausende aus der Region zum Baden. Viele haben hier auch Schwimmen gelernt. Es gab eine Bühne, auf der mindestens einmal im Jahr – zum Bergmannstag Anfang Juli – ein buntes Programm aufgeführt wurde. Das Bad wurde nach der Wende abgerissen und ist nun eine Wiese.