Sebastian Brant - Narrenschiff Stadtrundgang

Stadtführung Sankt Alban-Vorstadt 101, 4052 Basel, CH

Stationen in Basel zu Sebastian Brant, seinem Leben und seinem Werk dem 'Narrenschiff'

Autor: Universität Basel

14 Stationen

Stadtrundgang in Basel zu Sebastian Brant (1457-1521)

Sankt Alban-Tal 37, 4052 Basel, CH

Auf diesem digitalen Stadtrundgang in Basel erwarten Sie 12 Stationen, in welchen historische Orte mit dem humanistischen Gelehrten Sebastian Brant (1457–1521) und seinem berühmtesten Werk dem «Narrenschiff» in Verbindung gebracht werden. Dieser Rundgang wurde von Studierenden des Deutschen Seminars der Universität Basel im Rahmen des Jubiläums zum 500. Todestag von Sebastian Brant († 10. Mai 1521) erstellt.

Sebastian Brant gehörte zu den wirkmächtigsten Personen seiner Zeit. Insgesamt sind von ihm etwa 120 Handschriften und 600 Drucke überliefert. Neben dem «Narrenschiff», publizierte er viele weitere literarische Dichtungen auf Deutsch und Latein sowie andere Texte mit religiösen oder moraldidaktischen Inhalten. Sebastian Brant war ebenfalls beteiligt an Ausgaben antiker Klassiker sowie juristischer Fachliteratur und sehr involviert in das Buchdruckgeschäft, das zu dieser Zeit aufblühte, weshalb er in regen Kontakt mit bekannten Buchdruckern und Humanisten kam. Das «Narrenschiff» erschien 1494 beim Basler Verleger Bergmann von Olpe und in diesem Buch ironisiert Brant typisch menschliches Fehlverhalten, indem er 109 Narren und Närrinnen entwirft, die sich mit einem «Narrenschiff» auf der Reise ins Land ‘Narragonien’ befinden. Geboren ist Brant 1457 in Strassburg als Sohn des Gastwirts Diebolt Brant des Jüngeren. In den Jahren 1475/1476 begann er mit seinem Studium an der 1460 gegründeten Universität Basel, wobei Brant zuerst das Studium der Artes liberales, dann das der Rechte absolvierte. 1477 errang er das Bakkalaureat, 1478 das Lizentiat, 1489 die Promotion und 1492 wurde er zum Dekan der juristischen Fakultät ernannt. Er lehrte beide Rechte, das kanonische sowie das zivile römische Recht und nebenbei auch noch Poesie. 1496 erhielt er in den beiden Rechten eine Professur. Nach der Heirat mit der Basler Bürgerin Elisabeth Burgis erwarb Brant 1489 das erste seiner Häuser – das «Haus zum Sunnenluft» am Rheinsprung. In Basel war Brant als Autor, Herausgeber, Förderer verschiedener literarischer Texte und Rechtsgelehrter tätig.

Nachdem sich Basel der Eidgenossenschaft angeschlossen hatte, kehrte Brant um 1501 zurück nach Strassburg. Dort beschäftigte er sich mit verschiedenen Aufgaben, beispielsweise der Organisation des Stadtarchivs oder der Überarbeitung von Gesetzen, welche er juristisch verfeinert und neu geordnet hatte. Ab 1503 arbeitete er als Stadtschreiber und neben seinen politischen Tätigkeiten wirkte Brant in der Stadt in vielen weiteren Bereichen mit, etwa bei der Armenhilfe oder der Gesundheitsversorgung. Publiziert hatte Brant in Strassburg nur wenig, war aber als Jurist und Diplomat bis kurz vor seinem Tod aktiv. Am 10. Mai 1521 verstarb Sebastian Brant in Strassburg.

Die Fotos der jeweiligen Orte des Rundganges wurden von Studierenden gemacht, daneben sind bei den einzelnen Stationen auch die Holzschnitte der ausgewählten Kapitel des «Narrenschiffs» zu finden, die in der Übersetzung des Gutenberg-Projektes ebenfalls von Studierenden eingelesen wurden.

Literatur:

Joachim Knape; Thomas Wilhelmi (Hg.): Sebastian Brant Bibliographie: Werke und Überlieferungen (Gratia Band 53). Wiesbaden 2015.

Thomas Wilhelmi: Sebastian Brant Bibliographie. In: Arbeiten zur mittleren deutschen Literatur und Sprache 18. Bern 1990.

Projekt Gutenberg-DE ®: https://www.projekt-gutenberg.org/brant/narrens/narrens.html

Basler Papiermühle - Schweizerisches Museum für Papier, Schrift und Druck

Sankt Alban-Tal 37, 4052 Basel, CH

Zwischen dem St. Albans Tor («Dalbetor») und dem Letziturm im Grossbasel dreht am St. Albans Teich («Dalbe Dych») ein altes Wasserrad gemächlich seine Runden. Das Wasserrad gehört zur Basler Papiermühle, welche heute das «Schweizerische Museum für Papier, Schrift und Druck» am Sankt Alban Rheinweg beherbergt. Bevor in der Papiermühle jedoch Papier hergestellt wurde, mahlte sie bis ins Jahr 1428 Korn und gehörte dem Kloster Klingenthal.

Die Stadt Basel erlebte in den Jahren zwischen 1450 und 1600 einen turbulenten Aufschwung zu einer internationalen Metropole des Buchdrucks. Eng damit verbunden war das Konzil von Basel (1431–1448), zu dem viele Geistliche nach Basel kamen, was langfristige Folgen für das Stadtleben hatte. So wurde durch das Konzil die Nachfrage nach Schreibpapier in die Höhe getrieben und das vorrätige, meist italienische Papier hielt der Schreibwut der Konzilgänger bei weitem nicht stand. Um dieser steigenden Nachfrage zu entsprechen, wurde im Jahre 1433 von Heinrich Halbeisen und mit Hilfe von gelernten Papiermachern, wahrscheinlich aus der Lombardei, eine erste Papiermühle vor dem Riehentor in Basel errichtet. Diese wird im Jahre 1440 erstmals schriftlich erwähnt.

Nach dem Tod Heinrich Halbeisens (1451) machte sich Antonius Calciane (später oft auch Galzion oder Galliziani), der zuvor im Dienst Halbeisens gestanden hatte, selbständig und baute die Kornmühle im St. Alban Tal zu einer Papiermühle um (1453). Gemeinsam mit seinem Bruder trat er der Safranzunft bei, der auch die meisten anderen Papiermacher Basels angehörten.

Für das Gedeihen der «Schwarzen Kunst», wie der Buchdruck auch genannt wurde, bot Basel die perfekten Bedingungen. Auf dem Handelsweg zwischen Norden und Süden war die Stadt zu einem wichtigen Güterumschlageplatz geworden und spielte eine zentrale Rolle im internationalen Handelsnetzwerk. Basels geographische Position am Rheinknie, begünstigte dabei den billigen Transportweg übers Wasser. In den 1460er Jahren liessen sich die ersten Buchdrucker in Basel nieder, bald schon blühte das Buchdruckergewerbe auf und machte Basel zu einer wichtigen Druckstätte dieser Zeit.

Seit 1980 befindet sich in der Papiermühle im St. Alban Tal das oben genannte Museum, welches uns in die Welt der Basler Papiermacherei und Druckergeschichte eintauchen lässt. Die «schwarze Kunst», die Bücher vom Luxusgut zum Alltagsgegenstand machten, wurde jedoch nicht ausschliesslich gelobt. So kritisiert Sebastian Brant gleich im ersten Kapitel seines «Narrenschiffs» («Von unnützen Bücher») die wachsende Tendenz, Bücher zu sammeln und gar zu horten. Die Unsitte, von Büchern umringt zu sein, ohne deren Inhalt wirklich zu kennen geschweige denn sie zu verstehen oder gelesen zu haben, scheint sich bis ins 21. Jahrhundert durchaus wacker gehalten zu haben. Den Büchernarren zählte sich Brant wohl selbst auch zu und widmete ihnen somit den «Vordantz» im ersten Kapitel.

Literatur:

Joachim Knape: Thomas Wilhelmi (Hg.): Sebastian Brant Bibliographie: Werke und Überlieferungen (Gratia Band 53). Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2015.

Sieber-Lehmann, Claudius: Basel und „sein“ Konzil, in: Müller, Heribert; Helmrath, Johannes (Hgg.), Die Konzilien von Pisa (1409), Konstanz (1414-1418) und Basel (1431-1449), Ostfildern 2007, S. 173 ff.

Steinmann, Martin: Der Basler Buchdruck im 16. Jahrhundert. Ein Versuch, in: Librarium 53 (2), 2010, S 83.

Thomas Wilhelmi: 1494: In Basel erscheint Sebastian Brants ‹Narrenschiff›. ‹Zuo schyff zuo schyff, bruoder: Eß gat, eß gat.› Basler Stadtbuch. Christoph Merian Stiftung, 1994, S. 25-28.

Thomas Wilhelmi: Sebastian Brant Bibliographie. In: Arbeiten zur mittleren deutschen Literatur und Sprache 18. Bern: Peter Lang 1990.

Wohnhaus des Johann Bergmann von Olpe - Verleger des "Narrenschiffes"

Weisse Gasse 16, 4001 Basel, CH

Dieses Haus in der Weissen Gasse bewohnte kein geringerer als der Verleger des «Narrenschiffs», nämlich der Kleriker Johann Bergmann von Olpe. Anstelle des Hauses, das Sie hier sehen, befand sich an hier das Haus «zum Ölbaum», in dem Johann Bergmann wohnte. Bergmann ist als Verleger („Promotor“) der Moralsatire «Das Narrenschiff», welches von Sebastian Brant 1494 verfasst wurde, berühmt geworden.

Wie man heute zu sagen pflegt, war Johann Bergmann hauptberuflich Kleriker und übte in seiner mäzenatischen Nebentätigkeit verlegerische Aufgaben aus. Bergmann wurde vermutlich um 1460 geboren und entstammte dem Ort Olpe, gelegen im Sauerland, was sich aus einem Briefwechsel mit Sebastian Brant belegen lässt. Über seine Jugend und Studienzeit ist praktisch nichts bekannt, aber in den 1470er Jahren muss er in die freie Reichsstadt Basel gekommen sein. In den Quellen ist sein Name konkret ab seiner 1492 beginnenden Priester- und Kapalanlaufbahn vermerkt. 1509 wurde Bergmann zum Dekan des Basler Domstifts erhoben. In seinen letzten Lebensjahren war er zum Domherrn ernannt worden, bevor er wahrscheinlich 1530/31 in Basel verstarb.

Sebastian Brant weist in dem Kapitel «Von wahrer Freundschaft» im «Narrenschiff» einen möglichen Narren darauf hin, dass, wenn man Freunden Böses zufügt und sie um ihr Geld beneidet, dies die Ursache für eine zerbrochene Freundschaft sein kann. Auf die enge Beziehung und die fruchtbare Zusammenarbeit zwischen Johann Bergmann und Sebastian Brant wird das jedoch nicht zugetroffen haben. Wie auch Sebastian Brant dürfte Bergmann selbst von Haus aus gut begütert gewesen sein, sodass er als Gönner für die Herstellungskosten des «Narrenschiffs» aufkommen konnte.

In den Zunft-, Notariats- oder Gerichtsakten gibt es keinen Nachweis, dass Bergmann eine Offizin hatte und selbst druckte. Er besass aber eigenes kunstvolles Typenmaterial, Lombarden, Initialen, Druckstöcke von Holzschnitten und fünf unterschiedliche Druckerinsignien, was wiederrum dafür spricht, dass er die Drucke von Sebastian Brant als Mäzen finanziell förderte. Bergmann liess seine verlegten Werke, darunter auch das «Narrenschiff», vornehmlich in der Offizin des Druckers Michael Furter in Kleinbasel drucken.

Literatur:
Feller-Vest, Veronika (2002): Bergman von Olpe – Historisches Lexikon der Schweiz. Verfügbar unter: https://hls-dhs-dss.ch/de/articles/021492/2002-07-02/ [26.04.2021].

Wilhelmi, Thomas: «Wem noch vil pfrûnden hie ist nott…». Beiträge zur Biographie des Balser Geistlichen und Verlegers Johann Bergmann von Olpe. In: Ingrid Kühn, Gotthard Lercher (Hrsg.): Von wuβheit würt der mensch geert. Frankfurt a. M.: 1993, S. 257-267.

Wilhelmi, Thomas: Johann von Olpe in Basel. In: Heimatverein für Olpe und Umgebung e.V.: Olpe in Geschichte und Gegenwart (Jahresgabe des Heimatvereins für Olpe und Umgebung e.V. 2. Olpe 1994, S. 71-88.

Wilhelmi, Thomas: Johann Bergmann von Olpe. Verleger des «Narrenschiffs» von Sebastian Brant. In: Im Auftrag der Stadt Olpe von Josef Wermert: Olpe. Geschichte von Stadt und Land (Von den Anfängen bis zum Ende des Ersten Weltkrieges 1). Olpe 2002, S. 809-813.

Schmiedenzunft - Zünfte und Zunftwesen im spätmittelalterlichen Basel

Im Schmiedenhof 10, 4001 Basel, CH

Wie in vielen mittelalterlichen nordalpinen Städten entfaltete sich in Basel im 12. und 13. Jahrhundert das Zunftwesen. Dieses gründete auf dem Streben nach einer genossenschaftlichen Gemeinschaft und die Mitgliedschaft in einer Zunft bot die Möglichkeit für einen gesellschaftlichen wie auch politischen Aufstieg. In den folgenden Jahren nach der Entstehung des Zunftwesens erlangten die Zünfte immer mehr Macht und im 14. und 15. Jahrhundert hatten in Basel fast alle Handwerke ihre eigene Zunft.

Zum einen sollte eine Zunft als eine Art des gesellschaftlichen Zusammenschlusses von Bürgern die handwerkliche Kooperation zur Durchsetzung berufseigener Interessen fördern. Zum anderen wurden die Vorrechte der zünftischen Bürger gegenüber Fremden auf dem städtischen Markt gesichert. Der sogenannte Zunftzwang legte fest, dass Arbeiter und Handwerker ihre Arbeit nur noch dann ausüben durften, wenn sie sich einer Zunft anschlossen. Die Zunftordnung bestimmte den Ort der Arbeit und des Verkaufs, legte die Anzahl an Produktionsmitteln fest und definierte weitere Regeln, unter anderem zur Arbeitszeit oder zum Arbeitslohn. Neben den vier sogenannten Herrenzünften (Schlüsselzunft, Bärenzunft, Geltenzunft und Safranzunft), welche die Spitze der Rangordnung darstellten, hatten die verschiedenen Handwerke der Stadt ihre eigene Zunft, so beispielsweise die Zunft zu Schmieden oder die Zunft zu Schneidern und Kürschnern.

Die wirtschaftliche Situation in Basel im 15. Jahrhundert kam der Entwicklung des Buchdrucks aufgrund verschiedener Faktoren sehr gelegen. Einer war die besondere Stellung der Buchdrucker in Bezug auf die Handelssituation und das Zunftsystem der Stadt: Das Buchdruckgewerbe war sowohl vom Zunftzwang wie auch von der Zunftordnung ausgenommen, weshalb sich den Druckern verschiedene Vorteile boten.

Sie waren von der Notwendigkeit, alle Exportgeschäfte mit gedruckten Büchern über das städtische Kaufhaus abwickeln zu müssen, befreit und auch der Import des Papiers konnte unabhängig vom Kaufhaus geschehen. Dadurch genossen die Drucker im Gegensatz zu anderen Unternehmern eine privilegiertere Stellung. Diese Exklusivität förderte das Buchdruckgeschäft in hohem Masse, erlaubte mehr Freiraum und es wurde Druckern aus anderen Ländern dadurch erst möglich, sich für längere Zeit in Basel niederzulassen und diesem Gewerbe nachzugehen. Grund für diese Sonderrechte war, dass der Buchdruck wie auch die Papiermacherei als neuartige Erscheinung im 15. Jahrhundert (in Anlehnung an die Universitäten und deren artes liberales) zu akademischem und somit ‘freiem’ Gewerbe erklärt wurden und nicht zu den bestehenden zeitgenössischen Handwerkstypen zählten. Durch die Befreiung vom Zunftzwang ergaben sich für das Buchdruckgewerbe verschiedene wirtschaftliche und gesellschaftliche Vorteile: Die Drucker konnten sich ihre Werkzeuge oder Schriften selbst anfertigen und waren infolgedessen nicht auf andere Handwerker angewiesen. Sie konnten ihre Arbeitszeiten, Lohnzahlungen oder die Anzahl der Gesellen viel flexibler gestalten und ihr selbstständiger Export der gedruckten Bücher war von den strengen Zollbestimmungen ausgenommen. Obwohl sie vom Zunftzwang befreit waren, schlossen sich im 15. und 16. Jahrhundert dennoch viele Drucker einer Zunft an, denn eine Mitgliedschaft förderte den Kontakt mit anderen Buchdruckern oder Unternehmern, wie Papiermachern, Buchbindern oder Buchführern.

Durch die Heirat Sebastian Brants mit der Basler Bürgerin Elisabeth Burgis im Jahre 1485 kam auch er in Kontakt mit dem Zunftwesen der Stadt Basel, denn Elisabeths Vater war Zunftmeister der Basler Messerschmiede, welche der Schmiedenzunft angehörte. Diese Station verknüpft die Basler Zunftgeschichte mit der Situation der Buchdrucker am Beispiel des «Narrenschiff» Kapitels: «Ein Gesellenschiff». Dieses Kapitel handelt von eben solchen Handwerkern, die in den Zünften vertreten waren, wobei die Verkaufsstrategie der Handwerker und die Qualität der Arbeit kritisiert wird.

Literatur:

Franz Egger; Peter Portner: Zünfte und Gesellschaften in Basel. Basel 2007.

Katharina Simon-Muscheid: Basler Handwerkszünfte im Spätmittelalter. Zunftinterne Strukturen und innerstädtische Konflikte. In: Europäische Hochschulschriften. Publications Universitaires Europeennes European University Studies. Bern / Frankfurt a.M. 1988.

Lucas Burkart: Early Book Printing and Venture Capital in the Age of Debt. The Case of Michel Wenssler's Basel Printing Shop (1472-1491). In: Buying and Selling. The Business of Books in Early Modern Europe. Leiden/Boston 2019, S. 23–54.

Paul Koelner: Zunftstolz und Handwerksgeist. In: Schaffendes Basel. 2000 Jahre Basler Wirtschaft. Hg. von Hansrudolf Schwabe et al. Basel 1957, S. 46–63.

Pierre L. Van der Haegen.: Der frühe Basler Buchdruck. Ökonomische, sozio-politische und informationssystematische Standortfaktoren und Rahmenbedingungen. Basel 2001.

Romy Günthart: Deutschsprachige Literatur im frühen Basler Buchdruck (ca. 1470-1510). Münster 2007.

Das Haus ‘zum Sessel’ am Totengässlein

Totengässlein 3, 4051 Basel, CH

Von der Wohn- und Arbeitsstätte des Buchdruckers zum Pharmaziemuseum

Zwischen Marktplatz und Peterskirche am Totengässlein, befindet sich das Haus «zum Sessel», welches im 15. und 16. Jahrhundert von den beiden bekannten deutschsprachigen Buchdruckern Johannes Amerbach und Johannes Froben bewohnt und als Arbeitsstätte genutzt wurde und in welchem im 20. Jahrhundert das Pharmaziehistorische Museum der Universität Basel errichtet wurde.

Das Haus «zum Sessel» ist erstmals im 13. Jahrhundert als «Badstube unter Krämern», in Anlehnung an die erste Trinkstube der Gewürzkrämer im Haus «zum Imber», in schriftlichen Zeugnissen belegt. Der berühmte Buchdrucker Johannes Amerbach, der ursprünglich aus Amorbach im Odenwald stammte, kam gegen Ende der 1470er Jahre nach Basel, wo er 1482 im Kleinbasel in der Nähe des Kartäuserklosters das Haus «zum Kaiserstuhl» erwarb und später das Haus «zum vorderen Sessel» im Totengässlein bewohnte. Neben der Druckerwerkstatt in seinem Haus im Kleinbasel richtete er sich eine weitere Druckerei im Haus «zum Sessel» ein. Nach seiner Ankunft in Basel gehörte Amerbach bald schon zu den ersten, bekanntesten und auch erfolgreichsten Druckern, denn er brachte verschiedene Fähigkeiten mit, welche für das Handwerk des Buchdrucks von grossem Nutzen waren. So war er der technischen Aspekte des Druckens kundig, verfügte über ein sicheres Grundkapital (dies war von grossem Vorteil, denn das Buchdruckgeschäft war zu dieser Zeit ein sehr kostspieliges und risikoreiches Unternehmen) und er hatte ein gutes Verständnis für die Wichtigkeit des gedruckten Buches auf dem zeitgenössischen Markt. Johannes Amerbach bildete zusammen mit Johannes Froben (lat. Frobenius), der 1507 das Haus «zum Sessel» mitsamt den Utensilien der darin entstandenen Druckerei übernommen hatte, und Johannes Petri, ein wichtiges ‘Drucker-Trio’ in Basel. Johannes Froben gilt heute als einer der bedeutendsten Humanistendrucker Europas, insbesondere wegen seiner Zusammenarbeit mit verschiedenen Gelehrten wie Erasmus von Rotterdam, welcher bei Froben im Haus «zum Sessel» ebenfalls eine Wohn- und Arbeitsstätte fand. Auch Sebastian Brant gehörte zu den berühmten Gelehrten, die in der Druckerei im Haus «zum Sessel» arbeiteten und daher kreuzten sich am Totengässlein seine Wege mit verschiedenen Druckern, darunter Amerbach und Froben.

Seit 1925 befindet sich im Haus «zum Sessel» das von Professor Josef Anton Häfliger gegründete Pharmaziehistorische Museum der Universität Basel mit seinen weltberühmten Sammlungen von pharmaziehistorischen Objekten.
Von 1917 bis 1999 beherbergte das Haus «zum Sessel» das Pharmazeutische Institut der Universität Basel. Im Jahre 1924 übergab Häfliger seine Privatsammlung – kostbare Arzneigefässe, verzierte Mörser und andere Utensilien – der Universität Basel und legte damit den Grundstein für das Pharmaziehistorische Museum, welches in der ursprünglichen Form als wissenschaftliches Kabinett aus dem frühen 20. Jahrhundert bis heute erhalten geblieben ist. Im Museum zu bestaunen sind unter anderem Apothekerkeramiken, ganze Apothekermobiliare, ein Alchemisten-Laboratorium, Mörser, Reiseapotheken und alte Medikamente. Inzwischen genügt das Haus am Totengässlein als modernes Institut nicht mehr, weshalb das Pharmazeutische Institut seit 1999 den Neubau in der Klingelbergstrasse bezogen hat. Jedoch ist das Pharmaziemuseum am Totengässlein geblieben und die Laboratorien werden heute von verschiedenen Universitätsinstitutionen genutzt.

Das Haus «zum Sessel» am Totengässlein wurde einerseits aufgrund der Verbindung Sebastian Brants zu den Buchdruckern dieser Zeit als Station ausgesucht, andererseits ergeben sich in Bezug auf das im 20. Jahrhundert eingerichtete Pharmaziemuseum thematische Verknüpfungen zum Kapitel «Von närrischer Arzneikunst» aus Brants «Narrenschiff», das eine Kritik an all diejenigen beinhaltet, die vorgeben, der Arzneikunst kundig zu sein, in Wirklichkeit jedoch keinerlei Ahnung haben und ihr Vertrauen in vage Quacksalberei oder Wundersalben legen.

Literatur:

Alfons Lutz: Josef Anton Häfliger, der Begründer der pharmazeutischen Altertumskunde (1873-1954). In: Basler Jahrbuch (1956), S. 125–129.

Alfred Hartmann (Hrsg.): Die Amerbachkorrespondenz. 1. Band: Die Briefe aus der Zeit Johann Amerbachs 1481-1513. Mit Register und sechs Handschriftenproben. Basel 1942.

Barbara C. Halpborn (Hrsg.): The Correspondence of Johann Amerbach. Early printing in its social context. Ann Arbor 2002.

Hans Berner; Claudius Sieber-Lehmann; Hermann Wichers: Kleine Geschichte der Stadt Basel. Karlsruhe 2012.

Josef Anton Häfliger: Das Apothekenwesen Basels. In: Basler Zeitschrift für Geschichte und Altertumskunde. Basel 1938.

Michael Kessler et al.: Leben am Totengässlein. Das Pharmazie-Historische Museum Basel, im Haus
«Zum Sessel». Basel 2004.

Basler Totentanz

Totentanz 19, 4051 Basel, CH

Das Christentum des Spätmittelalters hat eine eigenständige bildliche Todessymbolik geschaffen und eine Schöpfung dieser Zeit ist das Bildmotiv des Totentanzes. Darauf sind typisierte, totgeweihte Vertreter*innen ihres hierarchischen und beruflichen Standes in der spätmittelalterlichen Gesellschaft gepaart mit einer Todesgestalt dargestellt. Zur Veranschaulichung finden Sie unter den Bildern die Aquarellkopie des Basler Totentanzes aus dem Predigerkloster von Johann Rudolf Feyerabend (1806). Diese lässt sich heute im Historischen Museum in Basel bestaunen.

Der Totentanz soll seinen Betrachter an die Allgegenwart des Todes erinnern (memento mori), denn der Totentanz präsentiert die Endlichkeit des Lebens, die Ungewissheit der Todesstunde, die Gleichheit aller Toten und stellt den Tod als magischen Verführer dar.

Sie befinden sich nun vor der Predigerkirche, die einst zum Dominikanerkloster gehörte. 1233 rief Bischof Heinrich von Thun den Bettelorden der Dominikaner nach Basel und 1260 dürfte vor dem Kreuztor der erste Holzbau der Klosteranlage fertiggestellt worden sein. Der Totentanz war auf der Innenseite der sechzig Meter langen und zwei Meter hohen Mauer des Laienfriedhofes mit Temparafarben auf den Verputz gemalt worden.

Die Bilderreihe des Totentanzes liess sich ausgehend vom sogenannten Beinhaus (oben links im Bild ersichtlich) betrachten. Das Beinhaus ist mit Totenschädeln gefüllt, davor tanzen und muszieren zwei Tote mit Trommeln und Pfeifen. Insgesamt umfasst dieser Totentanz 37 Tanzpaare. Der Papst, gefolgt vom Kaiser, der Kaiserin, dem König und der Königin bis zum Abt und Graf führen als klerikaler bzw. adeliger Stand die Reihe der Tanzenden an, darauf folgen Berufsvertreter wie Ritter, Juristen, Ratsherrn, der Arzt oder auch der Edelmann und die Edelfrau.

Diese Bildtradition des Totentanzes kannte Brant mit Sicherheit; wahrscheinlich war ihm auch der Basler Totentanz selbst vertraut. Das Kapitel «Sich des Todes nicht versehen» aus dem «Narrenschiff» lässt sich geografisch nicht nur wunderbar an der Predigerkirche verorten, sondern Brant gestaltet den Text auch literarisch kunstvoll mit dem Tanzmotiv aus. Närrisch stellt er Papst und Bauer vor dem Tod als gleich dar und greift zudem das Tanzmotiv auf, bei dem die gesellschaftlichen Stände zur ungewissen Stunde vor den Tod treten müssen.

Die Umfassungsmauer des Laienfriedhofes wurde 1805 vom städtischen Bauamt dem Erdboden gleichgemacht. Einige Fragmente wurden dabei gerettet und können heute samt der Aquarellkopie von Johann Rudolf Feyerabend (1806) im Historischen Museum in Basel bewundert werden: Ein Besuch lohnt sich sehr. Zudem können Sie vor Ort auch den Lällenkönig bestaunen.

Literatur:
Egger, Franz (2009): Basler Totentanz. Basel: Friedrich Reinhardt Verlag.

Goette, Alexander: Über Inhalt und Ursprung der Totentänze. In: dies.: Holbeins Totentanz und seine Vorbilder (Hrsg. von Hans Holbein 1897).

Lällenkönig

Eisengasse 5, 4051 Basel, CH

Neben dem Baselstab und dem Basilisk gehört auch der Lällenkönig, eine bärtig gekrönte Männermaske, zu den Stadtwahrzeichen Basels. Er streckte seine Zunge, die an einen Mechanismus gekoppelt war, vom Basler Rheintor allen Überquerenden der einzigen Rheinbrücke alle zwei Sekunden entgegen und rollte wild mit den Augen.

Die genaue Entstehungszeit des Rheintors ist nicht bekannt, allerdings dürfte dessen Ausschmückung nach dem Erdbeben von 1356 begonnen haben. Die ältesten bekannten Schriftzeugnisse zum Lällenkönig sind den Reiseberichten des Herzogs Ferdinand Albrecht von Braunschweig Lüneburg zu entnehmen. Es wird aber vermutet, dass der Lällenkönig bereits im 15. Jahrhundert seinen Platz am Rheintor gefunden hatte. Seit der Entfernung des Lällenkönigs im Jahr 1839 wird dieses Thema mit viel Humor von den Basler Bürgern zum Fasnachtssujet erhoben.

Sebastian Brant erwähnt keine groteske Fratze in seinem «Narrenschiff», doch der Lällenkönig passt sehr gut zum Kapitel «Von Fassnachtsnarren». Wie dem Text zu entnehmen ist, muss Sebastian Brant die närrische Basler Fasnacht missfallen haben. Er scheint von dem Verkleiden und dem Umherziehen in der Nacht sehr wenig gehalten zu haben und warnt gar vor dem Durchbrechen der heiligen Fastenzeit. Falls der Lällenkönig bereits zu Brants Zeit das Rheintor geschmückt haben sollte, so ist anzunehmen, dass er nichts für solche Narrenkappen übrighatte.

Über den Lällenkönig existieren viele volkstümliche Geschichten, so soll er dem Volksmund nach dem «minderen» Basel (Kleinbasel) die Zunge herausstrecken. Ausserdem soll das Spiel der Kleinbasler Ehrengesellschaft zum alljährlichen Vogel-Gryff-Tag wiederum Grossbasel und dem Lällenkönig den Rücken kehren. Die wahre Symbolik und Bedeutung des Lällenkönigs sind wohl tiefgründiger als diese Geschichten und lassen sich nicht allein mit lokalen Begebenheiten erklären. Viele Städtewahrzeichen wie Kirchen oder öffentliche Gebäude weisen antike oder mittelalterliche Fratzendarstellungen auf, denen einmal eine magische Bedeutung zugemessen worden ist.

Mit der Eröffnung des Historischen Museums in der Barfüsserkirche 1894 hat der Lällenkönig dort ein neues Zuhause gefunden. Seit 1914 findet sich an der Hausfassade der Rheingasse 1 ein zu Stein gewordener Lällenkönig, der 1941 durch einen wieder beweglichen Entwurf von Rosa Bratteler ergänzt wurde.

Literatur:
Pfleger, Alfred (1956): Der Lallenkönig von Basel und seine elsässische Sippe. In: Schweizerische Gesellschaft für Volkskunde 52, S. 214-226.

Spycher, Albert (1987): Der Basler Lällenkönig, seine Nachbarn, Feunde und Verwandten. Basel, Helbling & Lichtenhahn.

Wikipedia: Lällenkönig. Verfügbar unter: https://de.wikipedia.org/wiki/L%C3%A4llenk%C3%B6nig [26.05.2021].

Käppelijoch - 'Vom Ehebruch'

Eisengasse 1, 4051 Basel, CH

Die kleine Kapelle auf der Mittleren Brücke, welche unter dem Namen ‘Käppelijoch’ bekannt ist, wird erstmals im Jahr 1392 erwähnt. Sie diente wohl dazu, Gottes Segen für das Bauwerk, welches Gross- und Kleinbasel miteinander verband, zu sichern. Bis zu ihrer Sanierung 1478 war sie aus Holz gebaut. In ihrem Innern befand sich ein Abbild der Kreuzigung Jesu mit Maria und Johannes an seiner Seite.

Zugleich war das Käppelijoch ein Ort, an dem Bürger für ihre Vergehen bestraft wurden. So wurden Ehebrecherinnen, Diebinnen, Kupplerinnen und Kindsmörderinnen gefesselt und von dort aus in den Rhein geworfen. Obwohl auch Männer, die sich der Bigamie oder Misshandlung der eigenen Eltern schuldig gemacht hatten, dort den Tod fanden, waren die meisten Opfer doch eher Frauen. Männer wurden meist am Galgen aufgehängt.

Der Fall von der Mittleren Brücke endete nicht unbedingt mit dem Tod, vielmehr überliess man die Bestrafung dem Willen Gottes: Den Gefesselten wurden Rindsblasen umgehängt, mit denen sie rheinabwärts trieben. Auf der Höhe des St. Johanns wurden sie wieder aus dem Wasser gezogen, wobei es die Aufgabe der dort wartenden Totengräber war, die Fesseln zu lösen und eine Wiederbelebung zu versuchen. Gelang dies, glaubte man, dass der Tod nicht von Gott gewollt war und schickte die Verbrecher in die Verbannung. Nebst dem Ertränken wendete man auch die sogenannte Technik des ‘Schwemmens’ an: Dafür wurden die Verurteilten an einem Seil von der Mittleren Brücke gelassen und dreimal unter ihr hindurchgezogen, was oft tödlich endete.

Anders als gemeinhin angenommen, wurden Hexen, deren Verfolgung in der Region Basel um 1444 begann, selten beim Käppelijoch ins Wasser geworfen; man verbrannte sie eher. Zwischen dem 13. und 18. Jahrhundert fanden in Europa zwischen einer und fünf Millionen Hexen, darunter auch Männer und Geistliche, den Tod. Typische Delikte waren Vergiftungs- und Liebeszauber, der Pakt mit dem Teufel, Gottesverleugnung, die Lähmung und das Erschrecken von Opfern sowie das Schänden von Nutztieren. Häufig diente die Verurteilung als politische Machtdemonstration der lokalen Mächte gegenüber dem Landgrafen und den eigenen Untertanen oder dem einfachen Lösen von Konflikten in Gemeinden. Die verurteilten Hexen wurden als Angehörige einer mit der Erde verbundenen, magischen Bräuchen frönenden Urreligion angesehen. Ende des 15. Jahrhunderts, zu Lebzeiten Brants, erschien der sogenannte Hexenhammer, eine theologisch untermauerte forensische Anleitung zur Hexenverfolgung. Auch während der Reformation änderte sich an dieser Praktik nichts, erst im Zeitalter der Aufklärung wurde dem Ganzen ein Ende gesetzt. So wurde die letzte ‘Hexe’ Europas 1782 im Kanton Glarus verbrannt.

Brants «Narrenschiff» lässt sich also in einer Zeit verorten, in der die Bestrafung durch Ertränken beim Käppelijoch keine Seltenheit darstellte, und in einem Kapitel thematisiert der Text auch den Ehebruch. Im 15. Jahrhundert wurde die Ehe als zu schützende wirtschaftliche Einheit angesehen, weshalb die Unehelichkeit und damit zusammenhängend uneheliche Kinder ein Problem für die gesamte Bevölkerung darstellten. Die Sexualmoral und Eheauffassung jener Zeit verlangten eine Bestrafung für solches Verhalten, u.a. in Form von Ertränken. Meist wurde jedoch versucht, eine Einigung zwischen den Ehepartnern zu erreichen. Vom Ehemann wurde erwartet, dass er seine ehebrecherische Frau züchtigte, wenn nötig mit Gewaltanwendung, denn um die göttliche Ordnung nicht zu gefährden, musste der Mann seine Frau und deren Handeln im Griff haben. Allerdings sollte diese Züchtigung mit ‘Mass’ geschehen und keine bleibenden Schäden hinterlassen – Zürcher Gerichtakten aus jener Zeit beweisen hier jedoch eine gegenteilige Praxis. Ab 1489 erhielten Zürcher Männer das Recht, ihre Ehefrauen und deren Liebhaber zu töten, falls sie diese in flagranti erwischen sollten. Ehebrecherische Männer hingegen wurden lediglich von öffentlichen Ämtern ausgeschlossen, solange deren aussereheliche Affäre anhielt. Der Rat versuchte, schlichtend einzugreifen und die Eheleute wieder zusammenzuführen. Eine Scheidung war nicht möglich, erst der Tod beendete gemäss christlichem Glauben die eheliche Verbindung; eine Ansicht, die wohl auch Brant vertrat.

In seinem Kapitel «Vom Ehebruch» thematisiert der Autor namentlich das ehebrecherische Verhalten von Ehefrauen und fordert die Männer dazu auf, ganz im Sinn der göttlichen Ordnung aufzupassen, dass dies nicht geschehe. Falls ein Mann seine Frau nicht vom Ehebruch abhalten könne, sei er seinen Pflichten nicht nachgekommen, denn diese bestünden darin, es gar nicht erst zu Situationen kommen zu lassen, in denen Ehebruch begangen werden könnte. So sollte die Frau möglichst von anderen Männern abgeschirmt werden. Daher schlägt Brant vor, die Frau nicht zu oft alleine zu Hause zu lassen und bei der Wahl der zu empfangenen Gäste Vorsicht walten zu lassen. Er kritisiert interessanterweise auch die fehlende Bestrafung. Mit keiner Weise erwähnt er aber das Geschehen beim Käppelijoch oder andere körperliche Sanktionen.

Literatur:
Dorothee Rippmann: Hexenverfolgungen und soziale Unrast. Der Forschungsstand zum Basler Raum (Nordwestschweiz) im Spätmittelalter. In: Schweizerische Zeitschrift für Geschichte 52/2 (2002), S. 151-156.

Knut Schulz: Die Norm der Ehelichkeit im Zunft- und Bürgerrecht spätmittelalterlicher Städte. In: Illegitimität im Spätmittelalter. Hg. von Ludwig Schmugge. Berlin/Boston: Oldenbourg Wissenschaftsverlag (2009), S. 67-83.

Nicole Matter-Bacon: Städtische Ehepaare im Spätmittelalter. Verhaltensmuster und Handlungsspielräume im Zürich des 15. Jahrhunderts. Marburg: Tectum Verlag (2016).

Rainer Luginbühl: Käppelijoch. In: Ralu. URL: https://www.ralu.ch/kaeppelijoch/ (10.05.2021).

Roger Jean Rebmann: Das Käppelijoch. In: altbasel.ch geschichte. URL: https://altbasel.ch/fromm/kaeppelijoch.html (10.05.2021).

Rudolf Schmidt: Die Hexenverfolgung. In: Freidenker 70/4 (1987), S. 26-28.

Kloster St. Margarethental (Kartause Basel) – Bürgerliches Waisenhaus

Theodorskirchplatz 7, 4058 Basel, CH

Gegründet wurde die Basler Kartause im Jahre 1401, als der Oberzunftmeister und Ratsherr Jakob Zibol den Bischofshof der Stadt erwarb und das Kloster dem Strassburger Prior Winandus Steinbeck übergab. Durch das Konzil von Basel (1431–1449) erlebte die Kartause eine Blütezeit, denn das Kloster profitierte von den Schenkungen der Konzilsteilnehmer. Ab Mitte des 15. Jahrhunderts wurden die Verbindungen des Klosters zu den Buchdruckern und anderen Gelehrten aufgrund der grossen Klosterbibliothek bedeutend. Nachdem im Jahre 1564 der letzte Basler Kartäuser verstarb, wurde das Klostergelände nicht mehr genutzt, bis es 1669 in ein bürgerliches Waisenhaus umfunktioniert wurde.

Wenn dem Kloster nach dem Konzil fast die Auflösung drohte, gewann es unter Prior Jakob Louber (1480–1500) wieder an Bedeutung und im 15. und 16. Jahrhundert traten verschiedene Basler Bürger ein. Wenn auch kein Basler Bürger, so ist dennoch Johannes Heynlin von Stein zu nennen: Heynlin gilt mit Guillaume Fichet, einem französischen Theologen und Hochschullehrer, als Begründer der ersten Druckerei in Paris um 1470 und ihre gemeinsamen Ausgaben veranschaulichen das wachsende Interesse an den neuen Strömungen des italienischen Humanismus und den Bemühungen, Texte der alten lateinischen Gelehrten wie Aristoteles, Cicero oder Homer wiederherzustellen. Heynlin liess sich 1487 in Basel nieder, wo er sich in das Kartäuserkloster zurückzog.

Gerade die Klosterbibliothek wuchs unter der Zusammenarbeit verschiedener Gelehrter an und mit ihrer Öffnung für die gelehrte Schicht der Basler Bevölkerung wurde die Bibliothek auch für Angehörige anderer Klöster, Universitätsmitglieder oder Buchdrucker und Verleger zugänglich. Im Zuge dieser Entwicklung lässt sich eine enge Verbindung zwischen dem Kloster, dem Basler Buchdrucker Johannes Amerbach und dem Gelehrten Sebastian Brant feststellen: In der Kartäuserbibliothek finden sich zahlreiche Ausgaben Brants. Für die Buchdrucker war es von grossem Vorteil, gute Verhältnisse zu den Klöstern zu pflegen, denn die als Druckvorlage genutzten handschriftlichen Manuskripte, wurden in Klöstern und deren Bibliotheken aufbewahrt, von wo aus sich die Drucker die benötigten Schriften jeweils ausleihen mussten. Die Handschriften in den Klöstern wurden mit grosser Sorgfalt behandelt und die Buchdrucker und Verleger mussten sich infolgedessen an die Vorgaben des jeweiligen Klosters halten.

Insbesondere als Johannes Amerbach ins Haus zum Kaiserstuhl im Kleinbasel zog, welches sich ganz in der Nähe des Kartäuserklosters befand, genoss er den Vorteil, den die kurze Distanz zum Kloster mit sich brachte: Aufgrund seiner Beziehungen zum Kartäuserorden konnte er sich von dort wiederholt Manuskripte und Schriften ausleihen.

Diese Station zeigt die Verbindung mittelalterlicher Klöster mit den Buchdruckern und anderen Gelehrten dieser Zeit. Im Kapitel «Verhinderung des Guten» wird die Thematik des Klostereintritts behandelt. Gerade Sebastian Brant und Johannes Amerbach, die beide in engem Kontakt zu Heynlin standen, waren von dessen Eintritt in das Kartäuserkloster aufgrund ihrer Hochschätzung gegenüber dem Kartäuserorden sehr angetan. Das «Narrenschiff» hebt die moralischen und religiösen Gründe für den Klostereintritt hervor und kritisiert diejenigen, welche den Klostereintritt verhöhnen oder aus nicht-religiösen Gründen dem Kloster beitreten.

Literatur:

Barbara C. Halpborn (Hrsg.): The Correspondence of Johann Amerbach. Early printing in its social context. Ann Arbor 2002.

Daniel Reicke; Valentin Vonder Mühll: Die ehemalige Kartause in Basel. Bern 2008.

Hans R. Guggisberg: Basel in the sixteenth century. Aspects of the city republic before, during and after the Reformation. St. Louis Mo 1982.

Markus Bolliger: Basel im 15. & 16. Jahrhundert. Basel 2009.

Max Burckhardt: Aus dem Umkreis der ersten Basler Universitätsbibliothek. In: Basler Zeitschriften für Geschichte und Altertumskunde 58/59 (1959), S. 155–191.

Pierre L. Van der Haegen.: Der frühe Basler Buchdruck. Ökonomische, sozio-politische und informationssystematische Standortfaktoren und Rahmenbedingungen. Basel 2001.

Roland Stieglecker: Die Renaissance eines Heiligen. Sebastian Brant und Onuphrius eremita. Wiesbaden 2001.

Valentina Sebastiani: Die kulturelle, geistige und materielle Bedeutung des Bündnisses zwischen Humanismus und Druckwesen in Basel von 1477 bis 1513. Studie zur Zusammenarbeit zwischen Johannes Heynlin und Johannes Amerbach. In: Basel als Zentrum des geistigen Austauschs in der frühen Reformationszeit. Hg. von Christine Christ-von Wedel [et al.]. Tübingen 2014.


Münsterfähre 'Leu' - 'Das Schlaraffenschiff'

Oberer Rheinweg 95, 4058 Basel, CH

Die Fähren, welche auch als ‘fliegende Brücken zu Basel’ bekannt waren, gibt es erst seit Mitte des 19. Jahrhunderts, vorher stellte die Mittlere Brücke die einzige Verbindung zwischen Gross- und Kleinbasel dar. Die erste Fähre, die den Birskopf (BL) mit dem Rankhof (BS) verband, und somit interkantonal operierte, wurde 1853 in Betrieb genommen. Die erste städtische Fähre – die Harzgrabenfähre, welche bis 1877 betrieben wurde und danach durch die Münsterfähre ersetzt wurde – fuhr bereits ein Jahr später das erste Mal, um die Mittlere Brücke zu entlasten. Gegen Ende des Jahrhunderts hatte Basel fünf Fähren, deren Betrieb ein lohnendes Geschäft darstellte und den Bau der Kunsthalle ermöglichte. Als im Zuge der Industrialisierung aber immer mehr Brücken gebaut wurden, lohnten sich diese bald nicht mehr, weshalb sie verstaatlicht werden sollten. Dieser Plan scheiterte, sodass die Fähren in den Privatbesitz der Fährmänner übergehen konnten. Im Jahr 1944 erhielten die vier städtischen Fähren im Rahmen einer ‘Fähritaufe’ ihre heute noch verwendeten Namen: Ueli, Wild-Maa, Leu und Vogel Gryff. Dreissig Jahre später wurde die Stiftung ‘Fähri-Verein Basel’ gegründet, um den Unterhalt und die Finanzierung der Fähren zu retten. Dies gelang, weshalb der Rhein auch heute noch mit den vier Fähren überquert werden kann.

Während des 15. Jahrhunderts, der Zeit Sebastian Brants, gab es die Fähren also noch nicht. Um von der einen Rheinseite zur anderen zu gelangen, musste der Autor über die Mittlere Brücke gehen, was er während seiner Zeit in Basel sicher oft getan hat, galt diese doch als Hauptverkehrsachse der Stadt. Allerdings stellen die kleinen Schiffe einen passenden Verbindungspunkt zum «Narrenschiff» dar, denn die Schiffsmetapher zieht sich vom Titel herkommend durchs gesamte Werk. Zunächst scheint es sich beim «Narrenschiff» um ein einziges Schiff zu handeln, im Laufe des Werkes kommen aber immer mehr Schiffe dazu, die als eine Art Flotte der Leserschaft die verschiedenen Narrentypen präsentieren. Indem die Menschen die Schiffe besteigen und an der Fahrt teilnehmen, werden sie zu Narren. Um nicht dem Narrentum zu verfallen, werden sie ermahnt, gar nicht erst ihr Zuhause zu verlassen, was jedoch nicht möglich ist, denn alle begeben sich auf die Reise, man kann sich ihr gar nicht entziehen. Wer Weisheit besitzt, steuert das Schiff selbst und hat somit die See fest im Griff. Der oder die Weise entfernt sich von der Masse und weiss sich selbst zu helfen. Land kann oft nur schwimmend erreicht werden und tritt nicht immer als das positiv konnotierte ‘rettende Ufer’ in Erscheinung. Somit können die Schiffsepisoden als Appell an die Selbstständigkeit verstanden werden, denn wer selbst das Ruder ergreift oder allein ins Meer springt, gelangt als Individuum zurück an Land.

Im Kapitel «Schlaraffenschiff» wird Odysseus als der wohl bekannteste Seefahrer der Geschichte als Beispiel für ‘curiositas’ (Neugier im weltlichen Sinne) und Hybris (Hochmut) aufgeführt und explizit genannt. Die Reise der Narren mit Reiseziel ‘Narragonien’ beginnt immer mehr den Irrfahrten dieses griechischen Helden zu gleichen, wobei sogar einzelne Stationen identisch sind. Zunächst wird Odysseus als Inbegriff der Weisheit beschrieben, im offensichtlichen Gegensatz zu den Narren auf dem Schiff. Dann aber ändert sich diese Sichtweise und wandelt sich zur Kritik an einer unstillbaren Reiselust, die schlussendlich zum Untergang des Helden führt. Obwohl sich dieser vorübergehend retten kann und das vermeintlich sichere Ufer erreicht, ist er letztlich dem Untergang geweiht, anders als beim antiken Autor Homer geht Odysseus nämlich unter und wird vom ausserehelich gezeugten Sohn seiner Frau getötet. Im Sinne dieser Mythoskorrektur möchte Brant uns in seiner moraldidaktischen Erzählhaltung aber nicht mitteilen, dass das Reisen an und für sich schlecht ist. Dies ist es nur, wenn die von Neugier angetriebene Reiselust dem christlichen Glauben entgegensteht. Geschieht das Reisen aus christlichen Gründen und stören die so erhaltenen Sinneseindrücke nicht den Glauben, so ist es durchaus gutzuheissen.

Literatur:
‘Dem Rhein entlang’: Fähri Basel. URL: http://www.demrheinentlang.rua.ch/main.htm (10.05.2021).

Achim Aurnhammer: Sünder – Narr – Held. Korrekturen des Odysseus-Mythos bei Heinrich von Veldeke, Sebastian Brant und Martin Opitz. In: Antike und Abendland 55/1 (2009), S. 130-151.

Angelika Ploeger, Gunther Hirschfelder, Gesa Schönberger: Die Zukunft auf dem Tisch. Analysen, Trends und Perspektiven der Ernährung von morgen. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften 2011.

Kathrin Fink: Die Geschichte der Fähren. In: Telebasel. URL: https://telebasel.ch/2015/11/11/die-geschichte-der-fahren/?channel=105100 (10.05.2021).

Niggi Schoellkopf: Die fliegenden Brücken zu Basel. In: Ralu. URL: https://www.ralu.ch/niggi-schollkopf-uber-die-basler-fahren/ (10.05.2021).

Stephan Fuchs: ‘…Und netzen das babpyren schyff’. Schiffsmetapher, Buchmetapher und Autordiskurs im Narrenschiff Sebastian Brants. In: Neophilologus 82 (1998), S. 83-95.

Augustinergasse

Augustinergasse 1, 4051 Basel, CH

Aura mihi nomen dedit sol, inde ego solis Aura vocor: penetrant Phoebus et aura donum.

"Luft und Sonne gaben mir den Namen, also heisse ich Sonnenluft: Phoebus und die Lüfte durchdringen dieses Haus."
Diese Aufschrift prangte vermutlich zu Zeiten Sebastian Brants über der Tür der Augustinergasse Nr. 1. Verfasst hat den Spruch damals wohl Sebastian Brant selbst. Heute erinnert nur noch ein kleines Schild, welches sich links neben der Tür befindet, an den berühmten Bewohner dieses Hauses. Über sein Leben vor dem Studium in Basel, das er im Jahre 1475 begann, ist nur wenig bekannt. Belegt ist jedoch, dass er im Jahr 1485 Elisabeth Bürgi, die Tochter eines Basler Messerschmieds und Ratsherrn, heiratete und im Jahr 1489 dieses Haus (Nr. 1) erwarb. Bald darauf kaufte er auch die beiden daran angrenzenden Häuser und blieb an der Augustinergasse mit seiner Frau und den sieben gemeinsamen Kindern wohnhaft.

Brant publizierte in Basel ab den 1490er Jahren rege in den unterschiedlichsten Bereichen. Neben seinem bekannten «Narrenschiff» veröffentlichte er auch Fachliteratur, sowie Einblattdrucke über Naturereignisse und Absonderlichkeiten aus der Gegend. Währenddessen war seine Frau wohl, wie zu dieser Zeit üblich, mit der Hausarbeit sowie der Erziehung der Kinder beschäftigt. Über Brants Privatleben und seine Frau sowie deren Alltag ist nur wenig bekannt, jedoch lässt das 32. Kapitel «Vom Frauenhüten» durchaus Interpretationsspielraum zu. So kann angenommen werden, dass Brant sehr wohl dezidierte Ansichten zum Betragen seiner Frau und dem weiblichen Geschlecht im Allgemeinen hatte, die sich aus heutiger Sicht «etwas» engstirnig lesen. Dabei ist dieses Kapitel weniger an die närrische Frau selbst gerichtet, sondern viel mehr als Warnung vor ebendieser für den Mann zu lesen. Wie in den übrigen Kapiteln von Brants Moralsatire sollen die Leser (fraglich ob auch Leserinnen) auch hier belehrt werden und zur Gottesfürchtigkeit zurückfinden.

Mit dem Ende des Schwabenkriegs im Jahre 1499 zeichnete sich Basels Anschluss an die Eidgenossen ab. Brant, als reichstreuer Mann, sah der politischen Entwicklung mit wachsender Kritik entgegen und bewarb sich daher um eine Stelle in seiner Heimatstadt Strassburg. Im Jahre 1501 wurde er Rechtskonsulent des Strassburger Stadtrats und verliess Basel und damit auch die Augustinergasse.

Literatur:

Joachim Knape; Thomas Wilhelmi (Hg.): Sebastian Brant Bibliographie: Werke und Überlieferungen (Gratia Band 53). Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2015.

Thomas Wilhelmi: Sebastian Brant Bibliographie. In: Arbeiten zur mittleren deutschen Literatur und Sprache 18. Bern: Peter Lang 1990.

Martinskirche - 'Vom Schwätzen im Chor'

Martinskirchplatz 4, 4051 Basel, CH

Sie stehen nun vor der Martinskirche, der ältesten Kirche der Stadt Basel. Ausgrabungen lassen vermuten, dass diese bereits im 6. oder 7. Jahrhundert hier stand. Mit hundertprozentiger Sicherheit kann dies jedoch nicht belegt werden, dazu bräuchte es weitere Bodenforschungen, die bis anhin nicht stattgefunden haben. Erstmals urkundlich erwähnt, wird die Martinskirche im 12. Jahrhundert, als das Gotteshaus 1101/03 als Schenkung an das Kloster St. Alban ging. Bereits zu dieser Zeit kam ihm eine bedeutende Rolle zu und die Gemeinde wuchs stetig, was zu engen Platzverhältnissen führte. Deshalb wurde im 13. Jahrhundert mit dem Ausbau der Kirche begonnen, wozu auf Spendengelder zurückgegriffen werden musste. Heute bestehen aus dem Umbau jener Zeit noch die drei unteren Geschosse der Kirche sowie Teile der westlichen und östlichen Fassade. Während der Basler Zeit Sebastian Brants (1475-1500) gehörte zur Kirche zusätzlich eine 1430 gegründete Schule, welche nach der Reformation geschlossen wurde.

Ob Brant hier auch Gottesdienste besucht hat, geht aus den Quellen nicht hervor, dass er die Kirche aber gekannt hat und wohl auch hin und wieder daran vorbeigelaufen ist, davon muss ausgegangen werden. Der gläubige Autor vertrat seine religiösen Ansichten unter anderem im «Narrenschiff», das verschiedenste Abweichungen vom christlichen Glauben beschreibt und kritisiert. So werden Narren vorgestellt, die sich der ‘insipientia’ schuldig machen und in ihrer Ignoranz gegenüber der Bibel Gott verleugnen. Anders als diese willentliche Nichtbeachtung der christlichen Lehre muss ‘stultitia’ (Torheit) im Sinne geistiger Unfähigkeit verstanden werden und ist deshalb verzeihbar. Grundsätzlich wird das Narrentum als Gegenpol zur Weisheit beschrieben, als deren Kern die Gottesfurcht dargestellt wird, die durch Selbstreflexion und Selbstkontrolle herbeigeführt werden kann. So könnten selbst Narren schlussendlich zu Weisen werden.

Allerdings steht für den Autor fest, dass menschliches Wissen im Gegensatz zu Gottes Allwissenheit begrenzt ist. Die ‘curiositas’, der Drang, immer mehr wissen zu wollen, stellt für ihn eine weitere Sünde dar, sofern sie nicht dem Seelenheil dient und von den unsichtbaren und somit nicht fass- und begreifbaren Dingen ablenkt. So zählt für Brant etwa Astrologie zu den sündhaften Formen der Wissbegier, denn sie diene dazu, den Menschen die Zukunft vorauszusagen. Da dies einer Einmischung in Gottes Pläne gleichkomme, und gewisse Menschen sogar bereit seien, sich dafür dem Teufel zu verschreiben, sei sie verwerflich.

Diejenigen, die immer mehr wissen wollen und sich nicht mit der Lehre Christi begnügen, werden als Ketzer bezeichnet. Das alte Wissen in Form von gepredigten Bibelinterpretationen genüge diesen nicht, sie wollten selbst denken und ihren eigenen, nicht kirchengestützten Ideen folgen, was gemäss Brant die göttliche Ordnung störe. Dies sei jedoch keineswegs eine neuartige Erscheinung, was in seinen Narren-Kapiteln, für die er biblische und antike Vorbilder verwendet, zum Ausdruck kommt.
Im vorliegenden Kapitel kritisiert Brant die Verhaltensweisen der Päpste und Mönchsorden, denen er ihre Habsucht und Sündhaftigkeit austreiben und sie zu strenger Gerechtigkeit ermuntern möchte. In seiner Kritik geht er auf Geistliche ein, die sich nicht auf das Rituelle des Gottesdienstes konzentrieren, sondern anderen Dingen nachgehen. Dies sei mit dem Handeln im Gottesdienst nicht vereinbar und störe die Liturgie. Brant möchte die Kirche vor solchen störenden Einflüssen schützen und die Heiligkeit des sakralen Raumes beibehalten. Seine Kritik ist nicht im Sinne vorreformatorischer Tendenzen zu verstehen, denn er kritisiert mit keiner Silbe den Gottesdienst oder dessen Ablauf. Für den «Narrenschiff»-Autor besteht die einzige Hoffnung auf Heil in der Rückkehr zum ‘rechten’ Glauben durch eine Art Reinigung von Verfehlungen, der sich die Kirche schuldig mache.

Literatur:
Andreas Speer und Maxime Mauriège: Von Bauern, Katzen und Eseln. Inszenierungen von Ignoranz in der volkssprachigen Literatur des späten Mittelalters. In: Irrtum – Error – Erreur. Hg. von Andras Speer und Maxime Mauriège. Berlin/Boston: De Gruyter 2010 (= Miscellanea Mediaevalia. Veröffentlichungen des Thomas-Instituts der Universität Köln; 40), S. 719-741.

Bruno Quast: wort und zeychen. Ritualkritik in Spätmittelalter und Früher Neuzeit (Sebastian Brant, Erasmus von Rotterdam, Martin Luther, Michel de Montaigne). In: Internationales Archiv für Sozialgeschichte der deutschen Literatur (IASL) 27/2 (2002), S. 1-19.
Evangelisch-reformierte Kirche Basel-Stadt (Hrsg.): Kirchenbauten der Evangelisch-reformierten Kirche Basel-Stadt. Basel: erk-bs 2010.

Jean Schillinger: ‘Was nuw ist/allzyt doren glust’. Alte und neue Welt in Brants Narrenschiff. In: Études Germaniques 74/3 (2019), S. 459-478.

Die Alte Universität

Rheinsprung 9, 4051 Basel, CH

Zwischen der Schifflände und dem Münster thront hoch über dem Rhein das Gebäude der Alten Universität Basel. Während sich für lange Zeit Bildung jeglicher Art innerhalb von Klostermauern abspielte, verlagerte sich dies durch fortlaufende Urbanisierung im Hochmittelalter zunehmend auf die entstehenden Universitäten. So wurde im Jahre 1460 in Basel die erste Universität der Schweiz gegründet und der geistliche Bildungskanon der Klöster zunehmend durch die weltliche Scholastik an den Universitäten ergänzt.

Fünfzehn Jahre nach der Gründung der Universität Basel begann Sebastian Brant hier sein Studium (1475). Nach der üblichen propädeutischen Ausbildung für zwei Semester bei den Artisten begann er sein Studium der Jurisprudenz. Ab dem Jahr 1478 unterrichtete er an der Universität Basel und erlangte im Jahr 1489 den «Doctor utriusque iuris». Als einer der ersten Juristen wurde er im kanonischen sowie im zivilen Recht promoviert.

Zu Brants Zeiten verlagerte sich die Bildungsarbeit zunehmend von den Klöstern weg in die Universitäten. Während die akademische Ausbildung durchaus den sozialen Aufstieg ermöglichen konnte, sei hier darauf hingewiesen, dass dies noch nicht den Zugang zur Bildung für alle ermöglichte. Neben den nötigen finanziellen Mittel spielte auch das Geschlecht eine tragende Rolle, denn Frauen wurden bis Ende des 19. Jahrhundert nur zögernd an der Universität Basel zugelassen. Während sich im ersten Jahrzehnt die Zahl der promovierten Baccalauren auf 240 belief, wuchsen die Studierenden im Verlaufe der letzten Jahrhunderte auf über 12'673 an (Stand 2018).

Literatur:

Joachim Knape: Thomas Wilhelmi (Hg.): Sebastian Brant Bibliographie: Werke und Überlieferungen (Gratia Band 53). Wiesbaden: Harrassowitz Verlag 2015.

Pierre L. Van der Haegen.: Der frühe Basler Buchdruck. Ökonomische, sozio-politische und informationssystematische Standortfaktoren und Rahmenbedingungen. Basel: Schwabe 2001.

Martin Steinmann: Frauenbriefe des 16. Jahrhunderts in der Basler Universitätsbibliothek, in: Wunder, Heide (Hg.): Eine Stadt der Frauen. Studien und Quellen zur Geschichte der Baslerinnen im späten Mittelalter und zu Beginn der Neuzeit (13.-17. Jh.), Basel 1995, S. 223-234.

Thomas Wilhelmi: Sebastian Brant Bibliographie. In: Arbeiten zur mittleren deutschen Literatur und Sprache 18. Bern: Peter Lang 1990.

Universität Basel (Hrsg.): Jahresbericht der Universität Basel. 2019. Reinach: Birkhäuser +GBC AG. Online unter: https://www.unibas.ch/de/Universitaet/Portraet/Jahresbericht.html (letzter Zugriff 2.6.21)

Schlussstation zum Stadtrundgang zu Sebastian Brant

Rheinsprung 9, 4051 Basel, CH

Wir befinden uns nun am Schluss des Stadtrundganges zur Person Sebastian Brant und seinem Werk, dem «Narrenschiff». Wir hoffen, Sie konnten viel Neues über Sebastian Brant, das «Narrenschiff» und die ausgewählten, historischen Orte in Basel entdecken. Wenn Ihr Interesse zu Sebastian Brant oder zu bestimmten Sehenswürdigkeiten geweckt wurde, finden Sie unter folgendem Link weitere kulturelle Angebote in Museen oder Veranstaltungen zum Sebastian Brant-Jubiläum im Jahr seines 500. Todestages am 10. Mai 2021: https://germanistik.philhist.unibas.ch/de/abteilungen/germanistische-mediaevistik/jubilaeum-500-todestag-sebastian-brant-10-mai-1521/

Historisches Museum
Hier finden Sie neben vielen anderen Ausstellungen den Basler Totentanz und können den originalen Lällenkönig bestaunen.
Historisches Museum
Barfüsserkirche
Barfüsserplatz 7
CH-4051 Basel
Weiter Details und Infos finden Sie unter folgendem Link: https://www.hmb.ch/museen/barfuesserkirche/

Kunstmuseum Basel
Ausstellung im Kunstmuseum: «Sebastian Brant, Albrecht Dürer und der Holzschnitt in Basel»
08.05-05.09.2021: Kunstmuseum Basel, Hauptbau Grafikkabinette
Details: https://kunstmuseumbasel.ch/de/ausstellungen/2021/sebastian-brant

Papiermuseum Basel
Basler Papiermühle
St. Alban-Tal 37
CH- 4052 Basel
Weiter Details und Infos finden Sie unter folgendem Link: https://www.papiermuseum.ch/

Impressum
Diese Öffentliche Stadtführung zu Sebastian Brant wurde im Rahmen des Forschungsseminars «Sebastian Brant. Leben, Werk und Rezeption» (Germanistische Mediävistik, Deutsches Seminar der Universität Basel) im Frühjahrssemester 2021 von vier Studentinnen (Maya Vogel, Fabienne Theuer, Noëlle Wyss und Rebecca Küster) in Kooperation mit PD Dr. Tina Terrahe, Lysander Büchli und Prof. Dr. Thomas Wilhelmi konzipiert.

Die Texte sowie die Audioaufnahmen entstammen dem Projekt Gutenberg-DE ® (www.projekt-gutenberg.org)

Das Bild- und Copyright der Fotografien aus der Stadt Basel liegen bei Maya Vogel. Copyright von Text und Audioaufnahmen liegen bei Maya Vogel, Noëlle Wyss, Fabienne Theuer und Rebecca Küster.

Die Abbildungen der Holzschnitte aus dem «Narrenschiff» entstammen dem Berliner Exemplar des Erstdrucks: Sebastian Brant «Das Narrenschiff». Basel: Johann Bergmann 11. 2. 1494. Exemplar: Berlin, Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz, 8° Inc 604.