Stolpersteine in Flensburg

Sonstiges Nordermarkt 3, 24937 Flensburg, DE

In Flensburg mit Harrislee liegen 49 Stolpersteine (Stand November 2023). Dieser Walk führt alle 49 auf, allerdings sind die an den "Rändern" (Norden, Harrislee, Stiftungsland, Ostufer) eher weniger für einen echten Spaziergang geeignet. Sie gehören aber trotzdem dazu. Empfehlenswert für einen Spaziergang sind die Stolpersteine der Innenstadt.

Autor: Bernstorff-Gymnasium Satrup

Stolpersteine in Flensburg – Google My Maps

Eine Übersicht über die Stolpersteine in und um Flensburg (Stand November 2023); tabellarische Üb...

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30 Stationen

Lorenz Knutzen

Alter Kupfermühlenweg 109, 24939 Flensburg, DE

Alter Kupfermühlenweg 109

Der Arbeiter Lorenz Knutzen, der 1903 in Flensburg geboren wurde, hatte sich dem kommunistischen Widerstand angeschlossen und war ins Visier der Polizei geraten.
Er wurde wegen „hochverräterischem Unternehmen“ 1934 verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Nach seiner Entlassung wurde er Mitglied des Bau-Bataillons 228 und an die Ostfront geschickt. Knutzens Spur verliert sich in den Wirren des Zweiten Weltkrieges, aus dem er nicht zurückkehrte.
Für Lorenz Knutzen wurde im Februar 2022 ein Stolperstein vor dem Haus Alter Kupfermühlenweg 109 gelegt, das als seine letzte Meldeadresse gilt.

Quelle:
https://www.shz.de/lokales/gluecksburg-angeln/artikel/drei-neue-stolpersteine-fuer-widerstaendler-in-flensburg-22716426

Walter Hohnsbehn

Apenrader Straße 59A, 24939 Flensburg, DE

Apenrader Straße 59a

Walter Hohnsbehn wurde am 25. Juni 1904 in Neumünster als Kind einer Arbeiterfamilie geboren und engagierte sich schon als Jugendlicher in der Arbeiterbewegung.
Später während seiner Ausbildung zum Maschinenbauer trat er der SPD bei.
Gleich nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten geriet Walter Hohnsbehn in Schutzhaft, 1936 noch einmal für mehrere Monate.
Nach der Entlassung zog er mit seiner Familie nach Flensburg in die Apenrader Straße 59a, wo schon andere Familienmitglieder wohnten.
Er arbeitete in den Wiking Werken Flensburg, wo er es bis zum Betriebsleiter schaffte.
Am 22. August 1944 wurde er im Zuge der "Aktion Gewitter" nach dem Hitler-Attentat von der Gestapo nach Neuengamme deportiert und als im April/Mai 1945 das Lager aufgelöst wurde, gehörte er vermutlich zu den Insassen, die auf das Schiff "Cap Arcona" verfrachtet wurden. Die "Cap Arcona" war eines von drei Schiffen.
Am 3. Mai 1945, also nur wenige Tage vor der Kapitulation, griffen die britischen Flieger die drei Schiffe an, zwei gerieten in Brand, die "Thielbek" versank, die "Cap Arcona" blieb auf der Seite liegen.
Die Briten vermuteten wohl deutsche Truppen auf den Schiffen, tragischerweise waren es 7000, wenn nicht sogar 7500 KZ-Häftlinge. Bei den Angriffen kamen ca. 6600 dieser Häftlinge in der kalten Ostsee ums Leben.
Walter Hohnsbehn war vielleicht einer von ihnen.
Ganz gesichert ist sein Sterbeort allerdings nicht. Nach seinem Tod setzte sein Vater Gustav Hohnsbehn alles daran, Spuren dafür zu finden, doch Walter Hohnsbehns Spur verliert sich auf dem Weg von Hamburg zur Lübecker Bucht.
Walter Hohnsbehn verstarb im 40. Lebensjahr und hinterließ seine Frau und seinen Sohn.

Im September 2023 wurde auf Veranlassung der Flensburger SPD-Fraktion ein Stolperstein für Walter Hohnsbehn an seinem letzten bekannten Wohnort verlegt. Ein weiterer Stolperstein liegt an seinem Geburtsort Neumünster, wo auch eine Straße nach ihm benannt wurde.

Walter Hohnsbehn war der Großvater des Historikers, Autoren und Lehrers Dr. Harald Hohnsbehn, der kurz nach der Stolpersteinverlegung im November 2023 nach kurzer schwerer Krankheit verstarb.
Dr. Harald Hohnsbehn hat sich, sicherlich auch motiviert durch seine eigene Familiengeschichte, sehr stark mit Flensburger Regionalgeschichte in Kriegszeiten auseinandergesetzt und dazu mehrere Schriften veröffentlicht wie "Die Flensburger Schuljugend in der Zeit des Ersten Weltkriegs", "1914 - Julikrise und Augusterlebnis in Flensburg" und "1918 - Kriegswahrnehmung und Revolution in Flensburg".
Er arbeitete zuletzt am Bernstorff-Gymnasium Satrup, wo er - wie überall - fachlich und auch menschlich sehr fehlt.

Quellen:
https://www.reichsbanner-geschichte.de/personen/person/hohnsbehn-walter
https://www.spd-geschichtswerkstatt.de/wiki/Walter_Hohnsbehn
https://www.ndr.de/geschichte/chronologie/kriegsende/Versenkung-der-Cap-Arcona-Eine-Tragoedie-am-Kriegsende,caparcona100.html
https://collections.arolsen-archives.org/de/search/person/3446048?s=Walter%20Hohnsbehn&t=222863&p=1
https://www.beirat-fuer-geschichte.de/fileadmin/pdf/band_03/Demokratische_Geschichte_Band_03_Essay34.pdf

Am Schluss der Audiodatei: 15 sek. "Miss you" - The Rolling Stones


Ferdinand Janns

Süderstraße 23, 24955 Harrislee, DE

Süderstraße 23, Harrislee

Ferdinand Janns wurde am 2. März 1902 in Flensburg geboren, wohnte seit 1931 in Harrisleefeld, Süderstraße 23, und war von Beruf Kranführer.
Er gehörte bis 1933 der KPD bis zu deren Verbot an und war auch noch danach illegal für sie tätig, indem Druckschriften aus Dänemark schmuggelte. Daher wurde er am 7. April 1934 zusammen mit anderen Widerständlern in Untersuchungshaft genommen und kam in das Gerichtsgefängnis in Flensburg.
Am 19. Mai 1934 wurde er wegen „hochverräterischem Unternehmen“ angeklagt und wurde vom Kammergericht in Berlin im August 1934 zu 18 Monaten Gefängnis verurteilt, die er im Zuchthaus Neumünster verbüßte.
1943 wurde er zum berüchtigten Strafbataillon 999 zur „Bewährung“ eingezogen, was nahezu einem Todesurteil gleichkam. In diesem Strafbataillon wurden die Soldaten meist unbewaffnet zu Arbeiten, wie z.B. Gräben ausheben, an die vordersten Linien der Front geschickt. Ferdinand Janns wurde zuletzt im heutigen Kroatien vermutlich in der Nähe von Zagreb eingesetzt. Er galt seit dem 26. Februar 1945 als vermisst und wurde im Dezember 1945 für tot erklärt. Er hinterließ seine Frau Katharine und zwei Kinder.
In Gedenken an Ferndinand Janns wurde am 26. Januar 2023 in Harrislee in der Süderstraße 23 dieser Stolperstein verlegt.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/stolperstein-fuer-ns-verfolgten-ferdinand-janns-in-harrislee-44024092
https://www.harrislee.de/Unser-Harrislee/Gemeindeportrait/Stolperstein/

Arnold Hermannsen

Harrisleer Straße 44, 24939 Flensburg, DE

Harrisleer Straße 44

Arnold Hermannsen, Jahrgang 1909, ist vor allem für seinen Widerstand innerhalb des NS-Regimes bekannt.
Hermannsen war Mitglied der KPD. Dadurch wurde er zur “Vorbereitung zum Hochverrat” verurteilt. Er verbrachte sechs Jahre im Zuchthaus.
Ende 1935 wurde der größte Fluchthelferring in Flensburg zerschlagen. Dadurch wurde die Fluchthilfe immer schwieriger. Trotzdem war Hermannsen im Widerstand als Fluchthelfer tätig. Dies tat er unter der Leitung von Heinrich Rogahn.
Das Schicksal von Arnold Hermannsen ist unbekannt.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/gluecksburg-angeln/artikel/drei-neue-stolpersteine-fuer-widerstaendler-in-flensburg-22716426

Familie Weinberger

Harrisleer Straße 35, 24939 Flensburg, DE

Harrisleer Straße 35

Familie Weinberger, Wilhelm (geb. 1875), Irma (geb. 1883) und die Söhne Gabriel (geb. 1912) und Stefan (geb. 1915), kam ursprünglich aus Ungarn.
1910 meldete sich Wilhelm Weinberger in Flensburg an und zog später nach Rendsburg. Die jüdische Familie litt ab 1933 sehr unter dem NS-Regime.
Wilhelm, Irma und Sohn Gabriel Weinberger wurden nach Auschwitz deportiert. Nur Gabriel überlebte dies. Stefan Weinberger kam in die “baltische Hölle” Riga. Dabei wurde er durch verschiedene Konzentrationlager geschickt.
Anfang 1945 wurde er, als die Rote Armee immer näher kam, auf den Todesmarsch Richtung Westen geschickt. Stefan Weinberger starb am 28. Februar 1945.
Gabriel Weinberger zog nach Rendsburg und verstarb dort 2005.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/der-leidensweg-des-stefan-weinberger-41731636
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/14-neue-stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-aus-flensburg-44556587

Emil Jessen

Junkerhohlweg 13, 24939 Flensburg, DE

Junkerhohlweg 13

Zwischen dem Junkerhohlweg 13 und 13a wohnte Emil Jessen.
Emil Alwin Henning Jessen, geboren am 10. März 1906, wächst zwischen der deutsch-dänischen Grenze auf. Sein Wohnort wechselt in seiner Kindheit oft, da seine Vater Theodor Hermann Friedrich Jessen und seine Frau mehrmals zwischen Schleswig und Dänemark pendeln. Emil Jessen hatte einen starken Bezug zu Dänemark, jedoch wurde seine dänische Staatsbürgerschaft abgelehnt.
Nach Flensburg zieht Jessen 1927. Zuerst in die Stiftstraße 7, dann in die Angelburgerstraße 6 und sein letzter bekannter Wohnort ist der Junkerhohlweg 13.
Bis 1933 ist Jessen Mitglied der KPD. Er wird am 31. März 1933 wegen "Vorbereitung eines hochverräterischen Unternehmens (...)" verhaftet und verbringt zwei Jahre im Gefängnis. Am 1. April 1935 wird er freigelassen, arbeitet in der Zwischenzeit als Brunnenbohrer, jedoch wird er 1943 zur Strafbataillon 999 in den Balkan eingezogen.
Im August 1944 verfasst Jessen seine letzte Nachricht in Bessarabien. Bis heute geht man davon aus, dass Emil Jessen im Kampf in der Nähe von Tiraspol verstorben ist.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Familie Fertig

Norderstraße 145, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 145

In der Norderstraße 145 wohnten Isaak Julius Fertig (Jg. 1886), seine Frau Sara (Jg. 1893) und die beiden Söhne Max (Jg. 1924) und Leo (Jg. 1931).
Fertig besaß ein Leder- und Schuhwarengeschäft, welches jedoch am 1. April 1933 auf die Boykottliste gesetzt wurde. Um der vermehrten Diskriminierung aus dem Weg zu gehen, zog die Familie 1937 nach Hamburg.
Fertig lebte zwar seit 1912 in Deutschland, besaß aber die polnische Staatsbürgerschaft und war deswegen unmittelbar von den Drohungen der polnischen Regierung betroffen.
Diese wollte den polnischen Juden, die sich seit längerer Zeit im Ausland befanden, die Staatsangehörigkeit aberkennen.
Am 26. Oktober 1938 beauftragte man also die Gestapo mit einer Abschiebung aller Betroffenen nach Polen.
17.000 Menschen, darunter auch Isaak Fertig und seine Familie, wurden festgenommen und in Grenznähe gebracht.
Die letzten sieben Kilometer mussten die Ausgewiesenen aus Hamburg bis zur Grenzstation gehen.
Dort wohnten sie in einfachen Baracken und waren meist mittellos.
Rosa Fertig, die es rechtzeitig geschafft hatte, in die USA auszuwandern, bemühte sich um die bestmögliche finanzielle Unterstützung ihrer Familie, wobei es unklar ist, ob die Beträge überhaupt ankamen, denn die Familie befand sich in "größter Not", wie dem Brief eines jüdischen Finanzprüfer zu entnehmen ist, den Freunde und Bekannte aus Hamburg eingeschaltet hatten.
Dieser sah sich das Inventar der alten Wohnung an und verkaufte sämtliche Möbel, um der Familie eine Wäschekiste zukommen zu lassen. Auch Isaak Fertig hatte das Ziel, für sich und seine Familie eine Ausreisegenehmigung in die USA zu erhalten, jedoch kam Familie Fertig im Holocaust um. Genaueres zum Tod ist unklar.

Quellen:
Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte Band 3, Titel Ausgebürgert, Ausgegrenzt, Ausgesondert, Beitrag: Jüdische Opfer des Nationalsozialismus, Bernd Philipsen, Hg. Stadtarchiv Flensburg u.a., Flensburg 1998, hier S. 247 - 249.
https://yvng.yadvashem.org/index.html?language=de&s_id=&s_lastName=Fertig&s_firstName=&s_place=Flensburg&s_dateOfBirth=&cluster=true

Bertha Meyer

Norderstraße 133, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 133

In der Norderstraße 133 wurde am 14. Januar 1883 die Jüdin Bertha (Hertha) Meyer geboren.
Sie wohnte im Laufe ihres Lebens in Stade, Bremen und Hamburg.
Am 23. Juni 1943 wurde sie von Hamburg aus nach Theresienstadt deportiert und am 23. Oktober 1944 in Auschwitz ermordet.
Im April 2023 wurde vor ihrem Geburtshaus ein Stolperstein gelegt.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/14-neue-stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-aus-flensburg-44556587
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de927494

Familie Nicinski

Norderstraße 111, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 111

In der Norderstraße 111 wohnte Familie Nicinski.
Leiser Nicinski wurde am 10. Februar 1896 in Polen geboren und arbeitete als Schuster und Händler.
Mit seiner Frau Taube entschloss er sich, in der Hoffnung auf ein besseres Leben, nach Flensburg zu ziehen. Zunächst wohnten sie in der Burgstraße 28, bevor sie im Jahre 1926 in das Haus in der Norderstraße 111 zogen, in dem etwa zwei Jahre später ihr Sohn Isaak Hermann zur Welt kam.
Wie für viele andere stellte die vermehrte Diskriminierung den Hauptgrund zum Umzug in eine Großstadt dar, wo man sich mehr Anonymität erhoffte.
Die Familie Nicinski zog ins Hamburger Grindelviertel, welches eines der Zentren jüdischen Lebens war. Leiser ging erst seiner ursprünglichen Tätigkeit als Schuhmacher nach, bevor er als Lagerarbeiter fungierte.
Auch die Familie Nicinski hatte den Plan, eine Ausreisegenehmigung zu erlangen, wenngleich dieser Plan durch die 1941 durchgesetzte Untersagung der Auswanderung für alle Juden bis Kriegsende zunichte gemacht wurde.
Nur wenige Tage nach der Durchsetzung dieser Regelung kam es zur Deportation der Familie Nicinski.
Leiser, Taube und ihr Sohn Isaak wurden ins Lodzer Ghetto gebracht, in dem aufgrund der katastrophalen Lebensbedingungen eine niedrige Überlebenschance herrschte. Hier verliert sich die Spur der Familie, es ist davon auszugehen, dass auch sie dort umkam.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Eduard Sussmann

Norderstraße 107b, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 107

In der Norderstraße 107 befindet sich heute unter anderem das Café Lykke.
Dort wohnte Eduard Sussmann (geboren 1888), er war jüdischen Glaubens.
Unter dem NS-Regime gelang es Sussmann zunächst nach Belgien zu fliehen.
Dort wurde er allerdings nach dem Einmarsch der deutschen Truppen im Mai 1940 gefasst, interniert und zwei Jahre später in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Er gilt seit 1942, damals 54 Jahre alt, als verschollen, ist wahrscheinlich aber dort ermordet worden.
Im April 2023 wurde vor seinem ehemaligen Wohnhaus ein Stolperstein für ihn gelegt.

Quelle:
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1169786

Familie David

Norderstraße 76, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 76

In der Norderstraße 76, in einem Haus im Hinterhof des Flensborghus, wohnte die jüdische Familie David. Ab 1933 wurden Juden in Deutschland verfolgt, entrechtet und drangsaliert, weshalb die Familie David aus Deutschland floh.
Die Mutter Ottilie David, geborene Eichmann (Jahrgang 1859), floh 1939 mit ihrem älteren Sohn Harry (Jahrgang 1895) in die Niederlande. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen wurden sie im Lager Westerbork interniert.
Harry wurde nach Auschwitz deportiert und am 25. Januar 1943 ermordet, Ottilie traf dasselbe Schicksal im Vernichtungslager Sobibor am 2. Mai 1943.
Auch Julius David, der jüngere Sohn (Jahrgang 1900), wurde 1941 nach Minsk deportiert und dort ermordet.

Quelle:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/14-neue-stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-aus-flensburg-44556587

Familie Löwenthal/Falk

Norderstraße 27-29, 24939 Flensburg, DE

Norderstraße 27/29

Emil (geb. 1857) und Johanna Löwenthal (geb. 1861) zogen 1891 nach Flensburg, lebten zunächst in der Norderstraße 107/109, wo Emil das "Möbel- und Warenhaus A. Boas" übernahm. Sie hatten drei Kinder: Julius (geb. 1886), Erna (geb. 1888) und Willy (1891). Willy war ein gebürtiger Flensburger.
Familie Löwenthal war jahrzehntelang der Mittelpunkt jüdischen Lebens in Flensburg gewesen. So sorgte Emil Löwenthal dafür, dass es wieder jüdischen Religionsunterricht in Flensburg gab.
Sohn Willy verstarb bereits 1918 an den Folgen seiner schweren Kriegsverletzung.
In den 1920ern trat Emil gegen radikale Judenfeindlichkeit an mit dem "Central-Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens".
1930 zogen Emil und Johanna in die Norderstraße 27/29.
Durch die zunehmende Bedrohung durch die Nationalsozialisten verließen sie 1938 Flensburg und gingen nach Berlin zu ihrem Sohn Julius, der durch seine nicht-jüdische Ehefrau relativ geschützt war.
Emil, Johanna, ihre Tochter Erna und deren Ehemann Hermann gerieten jedoch in die NS-Vernichtungsmaschinerie:
Erna und Hermann Falk wurden 1942 nach Theresienstadt deportiert, Hermann verstarb dort am 13. Februar 1942.
Auch Emil und Johanna wurden etwas später am 13. Januar 1943 nach Theresienstadt deportiert, wo Emil am 16. Februar 1943 starb.
Johanna Löwenthal wurde am 16. Mai 1944 mit ihrer Tochter Erna weiter nach Auschwitz deportiert.
Danach verliert sich ihre Spur.
Die Stolpersteine für Emil und Johanna Löwenthal wurden im August 2004 in der Norderstraße 27/29 verlegt.
Zwei weitere Stolpersteine für Erna und Hermann Falk, Ernas Ehemann, wurden im Juli 2023 verlegt.

Quellen:
Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte Band 3, Titel Ausgebürgert, Ausgegrenzt, Ausgesondert, Beitrag: Jüdische Opfer des nationalsozialistischen Terrorregimes, Bernd Philipsen, S. 241 ff.
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/stolpersteine-in-flensburg-erinnern-an-erna-und-hermann-falk-45095034

Wilhelm Ringgaard

Neue Straße 3, 24939 Flensburg, DE

Neue Straße 3

Wilhelm Ringgaard wurde im Jahre 1903 in Flensburg geboren. Er arbeitete als Steward und engagierte sich leitend in der illegalen Grenzarbeit der KPD. Nachdem die Partei verboten wurde, hielt er diese zusammen und sorgte für ein verstecktes Fortbestehen. Außerdem war er am Schmuggel von Propagandamaterial an der deutsch-dänischen Grenze beteilligt. Ringgaard leistete mit seinem Engagement in der illegalen KPD aktiv Widerstand gegen den Nationalsozialismus.
Unter dem Vorwurf “Vorbereitung zum Hochverrat“ wurde Wilhelm Ringgaard verhaftet und zu acht Jahren Strafe im Zuchthaus verurteilt. Nachdem diese Jahre verstrichen waren, wurde er jedoch nicht in die Freiheit entlassen. Stattdessen teilte man ihn dem Strafbatallion 999 zu, wo er am 11. Januar 1945 in Kroatien starb.

Quelle:
https://www.shz.de/lokales/gluecksburg-angeln/artikel/drei-neue-stolpersteine-fuer-widerstaendler-in- flensburg-22716426

Louis Wartelsky

Burgstraße 6, 24939 Flensburg, DE

Burgstraße 6

Louis Wartelsky wurde am 17.05.1879 in Königsberg in Ostpreußen geboren. Er ist mit seinen vier Schwestern aufgewachsen und lernte später das Goldschmiedehandwerk. Er baute sich in Hamburg ein Leben auf und bekam mit seiner ersten Ehefrau drei Söhne. Diese Ehe endete und auch die zweite scheiterte. Anlässlich seiner gescheiterten Ehen wollte er in Flensburg neu beginnen. Er errichtete eine neue Werkstatt in der Norderstraße und führte eine Beziehung zu der evangelischen Christin Frieda Hansen. Von seinen Nachbarn wurde Wartelsky als tüchtig, fleißig und bescheiden beschrieben.
Nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten erlebte er erste Anfeindungen, denn er war Jude und fiel somit in die Zielgruppe der antisemitschen Bewegung, ausgelöst durch die Nationalsozialisten.
Durch seine Beziehung zu Frieda galt er als Verbrecher, denn sowohl Eheschließungen als auch auserehelicher Verkehr zwischen Juden und Deutschen galten als verboten.
1938 wurde er in das KZ Sachsenhausen deportiert. Zehn Wochen später wurde Wartelsky aus der Haft entlassen, machte jedoch keine Angaben zu seiner Zeit im KZ. Es sei so schrecklich gewesen, dass er nicht darüber reden könne.
Weitere drei Wochen vergingen, bevor er zur Polizei vorgeladen wurde und erneut in ein KZ eingewiesen werden sollte. Um dies zu verhindern vergiftete er sich selbst im Dienstzimmer Nr. 139 mit Zyankali.
Frieda organisierte seine Bestattung auf einem jüdischen Friedhof und verließ Flensburg bald darauf.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Marie Johanne Lembcke

Dorotheenstraße 28, 24939 Flensburg, DE

Dorotheenstraße 28

Marie Johanne Lembckes Stolperstein soll seit 2019 an den Leidensweg der jungen Frau erinnern.
Sie wurde am 9. Oktober 1914 geboren und war das jüngste Kind von Carl Johann Friedrich Lembcke und seiner Frau Anna Johanna Pauline. Ihren Vater verlor sie im Jahre 1918 im Zuge des Ersten Weltkriegs, von dort an musste ihre Mutter alleine für sie und ihre vier Geschwister sorgen.
Als Kind erkrankte Marie an einer Hirnhautentzündung, welche ihre geistige Weiterentwicklung beeinträchtigte. Im Zuge dessen wurde sie im Februar 1936 in die Landesheilanstalt Schleswig-Stadtfeld eingewiesen.
Diese war 1933 in das NS Euthanasie-Programm aufgenommen worden. In der Heilanstalt fanden sich sogenanntes "unwertes Leben" und "Ballastexistenzen".
Schon zwei Monate nach ihrer Ankunft wurde Marie Johanne Lembcke zwangssterilisiert. Am 23. Mai 1941 wurde sie, gemeinsam mit weiteren 139 Frauen, in die T4-Tötungsanstalt Bernburg transportiert.
Das Kürzel T4 ist das Kürzel für das nationalsozialistische Euthanasie-Mordprogramm, auch bekannt als sog. "Gnadentod". Im Zuge des T4-Programmes wurden zahlreiche psychisch Erkrankte und Menschen mit Behinderung ermordet.
Bei ihrer Ankunft in Bernburg mussten die Frauen sich entkleiden und wurden medizinisch untersucht. Unter dem Vorwand, dass sie duschen gingen, wurden alle Frauen noch am Tag ihrer Ankunft vergast.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Rosa Weinberg

Nordermarkt 3, 24937 Flensburg, DE

Nordermarkt 3

Rosa Weinberg war eine geborene Nathan und Tochter des jüdischen Kaufmanns Eduard Wolff Nathan und seiner Frau Sophie Mathilde.
Geboren wurde Rosa Weinberg am 3. Oktober 1877 in Flensburg.
Am 8. Februar 1902 heiratete sie Siegfried Weinberg und nahm seinen Namen an.
1939 mussten Rosa und Siegfried in das "Judenhaus" in Hamburg ziehen, das als Vorstufe für Deportationen galt.
Am 6. Dezember 1941 wurden sie schließlich ins KZ-ähnliche Lager Jungfernhof in der Nähe von Riga deportiert.
"Baltische Hölle" wurde das System aus Ghettos und Konzentrationslagern im Raum Riga von Holocaustüberlebenden genannt.
Der genaue Todeszeitpunkt von Rosa und Siegfried Weinberg ist unbekannt.
Für die gebürtige Flensburgerin Rosa Weinberg liegt sowohl in Hamburg als auch in Flensburg nun ein Stolperstein.

Quelle:
https://www.nordschleswiger.dk/de/suedschleswig/rosa-weinberg-aus-flensburg-starb-baltischen-hoelle

Paul Emanuel

Große Straße 87, 24937 Flensburg, DE

Große Straße 87

Paul Emanuel wurde am 19. März 1894 geboren.
Seine letzte Wohnadresse ist die Große Straße 87 in Flensburg.
Weitere Informationen über Paul Emanuel sind nicht bekannt.
Er wurde 29. Oktober 1943 deportiert und in Auschwitz ermordet.
Ein Stolperstein vor seinem letzten Wohnort, errichtet am 18. April 2023, erinnert an sein Schicksal.

Quelle:
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/de1012318

Margarete Hirsch

Große Straße 69, 24937 Flensburg, DE

Große Straße 69

Margarete Hirsch wurde am 1. September 1881 geboren.
Sie wohnte in der Großen Straße 69, bis sie 1887 mit ihrer Familie nach Westdeutschland zog.
Ihre letzte Wohnadresse ist die Grimmstraße in Düsseldorf, ein so genanntes Judenhaus, in das jüdische Familien von der Gestapo eingewiesen worden waren.
Weitere Informationen über Margarete Hirsch sind nicht bekannt.
Sie wurde am 10. November 1941 nach Minsk deportiert.
Ein Stolperstein vor ihrem letzten Wohnort, eingelassen am 23. August 2004, erinnert an ihr Schicksal.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Arnold Bastian

Große Straße 54, 24937 Flensburg, DE

Große Straße 54

Arnold Wilhelm Bastian wurde am 30. Dezember 1908 als Sohn eines Fischers und Bootsführers im Haus Süderfischerstraße 24 geboren. Er arbeitete in der Gastronomie und hatte eine Kellnerlehre absolviert.
Im Oktober 1937 wurde er unter dem Vorwurf der Homosexualität verhaftet und wurde im März 1938 zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft verurteilt, die er im Emslandlager Aschendorfer Moor verbüßen musste.
Nach dieser Zeit wurde er 1940 gleich wieder wegen des gleichen Vorwurfs verhaftet und erneute verurteilt, diesmal zu vier Jahren Zuchthaus mit anschließender Sicherheitsverwahrung.
Am 8. August 1944 wurde er in das Hamelner Zuchthaus gebracht und nach Holzen verlegt, wo er zum Arbeitseinsatz in die Stollen geschickt wurde.
Wegen der Strapazen erkrankte er schwer und verstarb schließlich am 17. Februar 1945.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Oskar Reincke / Heinrich Lazarus

Große Straße 15-19, 24937 Flensburg, DE

Große Straße 15 und 15/19

Oskar Reincke
Große Straße 15

Der Kommunist Oskar Henry Max Reincke wurde am 10. Januar 1907 in Hamburg geboren.
Er beginnt eine Zimmermannslehre, bricht diese allerdings ab, da er körperlich dieser nicht gewachsen ist. Er beginnt als Quartiermacher zu arbeiten und schließt sich mit 17 Jahren dem Kommunistischen Jugendverband an.
Drei Jahre später wird er Hilfserzieher eines Hamburger Jugendamtes. Mit 25 Jahren tritt er zum einem der KPD bei und wird nach Flensburg geschickt um dort die Leitung des KPD-Unterbezirks zu übernehmen und heiratet zu anderen Ella Klara Frieda Seidel, geb. Schreck, aus Hamburg.
Bereits ein Jahr später im März wird er verhaftet und bis 1935 in Konzentrationslagern gefangen gehalten. Nach der Freilassung lebt er mit seiner Frau wieder in Hamburg und arbeitet später in einer Papiersackfabrik. 1939 tritt er der Bästelein-Jacob-Abshagen-Gruppe bei, wird aber nach 3 Jahren aufgrund einer Denunziation, mit dem Vorwurf der Vorbereitung zum Hochverrat, erneut verhaftet.
Am 3. Mai 1944 wird er zum Tode durch Enthauptung verurteilt und am 10. Juli 1944 im Untersuchungsgefängnis Hamburg am Holstenglacis mit 70 weiteren Mitgliedern hingerichtet.
Außer auf diesem Stolperstein befindet sich sein Name auf einer weiteren Ehrentafel am Eingang zum Flensburger Ratssaal.

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Heinrich Lazarus
Große Straße 15/19

Das Ehepaar Louis und Cora Lazarus, eine alteingesessene Flensburger Kaufmannsfamilie, wohnte in der Großen Straße 15/19. Ihr jüngster Sohn Heinrich (Jg. 1901) war zu Besuch, als in der Nacht vom 9. zum 10. November 1938, der sogenannten „Reichspogromnacht“, die Wohnung im 3. Stock von der Gestapo überfallen und verwüstet wurde. Wie auf dem Gut Jägerslust war der Drahtzieher der Aktion der Flensburger Polizist Hinrich Möller.
Heinrich wurde zunächst in Kiel in "Schutzhaft" genommen und anschließend ins KZ Sachsenhausen deportiert.
Seine hochbetagten Eltern Louis und Cora Lazarus kamen wohl aus Rücksicht auf ihr hohes Alter wieder frei. Sie brauchten drei Tage, um die Verwüstungen in ihrer Wohnung zu beseitigen. Einige Zeit später konnten sie wie auch ihre Töchter ins Ausland fliehen.
Zunächst kam Heinrich Lazarus 1939 wieder frei und ging mit seiner Frau Hilde und seinem Sohn Manfred in die Niederlande. Nach der Besetzung durch die Deutschen rollten auch in den Niederlanden die Deportationszüge gen Osten.
Hilde und Manfred Lazarus konnten sich verstecken und wanderten 1948 in die USA aus.
Heinrich Lazarus wurde nach Auschwitz deportiert und wurde dort am 5. Dezember 1942 ermordet.

Auf dem Familienfoto sind Heinrich Lazarus mit Frau Hilde und Sohn Manfred zu sehen.
Die Bilder mit den Namenstafeln stammen aus der Ausstellung in Auschwitz zu den Opfern aus den Niederlanden.

Quellen:
https://www.gdw-berlin.de/vertiefung/biografien/personenverzeichnis/biografie/view-bio/oskar-reincke/?no_cache=1
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/der-ueberfall-auf-die-flensburger-familie-lazarus-41845889

Johanne Marie Ebsen

Rathausstraße 2, 24937 Flensburg, DE

Rathausstraße 2

Die Flensburgerin Johanne Marie Ebsen wurde im Jahr 1881 geboren. Sie war Mutter von drei Kindern.
Sie wohnte mit ihrem Ehemann in der Rathausstraße 2.
Außerdem war ihr Mann im selben Gebäude als Postbeamter tätig.
1928 erlitt ihr Leben einen Umbruch. Sie wurde in die Kieler Nervenklinik eingewiesen und kurz darauf wurde bei ihr "Eifersuchtsneurose" diagnostiziert.
Mit dieser Diagnose wurde beschlossen, dass sie ihr Leben von nun an nicht mehr in Freiheit führen konnte. Fünf Jahre später im Jahr 1933 ließ sich ihr Mann von ihr scheiden und er heiratete seine 25 Jahre jüngere Sekretärin.
Ein halbes Jahr nach ihrer Einweisung wurde sie nach Schleswig in die geschlossene Psychiatrie verlegt.
Am 14. September 1944 wurde sie in die Pflegeanstalt Obrawalde bei Meseritz in Pommern verlegt und ihr Leben wurde durch das NS-Euthanasie-Programm beendet.
Sie und viele andere wurden durch Giftspritzen getötet. Johanne Marie Ebsen starb am 30. September 1944. Ihrer Familie wurde per Telegramm mitgeteilt, sie sei angeblich an einer Herzschwäche verstorben.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Gustav Schreiber

Holm 39, 24937 Flensburg, DE

Holm 39

Gustav Schreiber wurde 1904 in Elmshorn geboren. Zunächst machte er eine kaufmännische Ausbildung und arbeitete ab 1935 in der Stadtverwaltung. Diese kündigte ihn 1937 aufgrund einer Verurteilung zu einem Jahr Haft, da er homosexuell war.
Nach seiner Entlassung arbeitete er in Kiel, Hamburg und zuletzt in Flensburg.
Später arbeitete er in Bergen. Dort wurde er 1944 verhaftet, da er einen 28-jährigen Liebhaber hatte.
Zunächst wurde er in die Strafanstalt in Neumünster gebracht und im Juni 44 ins Emslandlager Börgermoor transportiert.
Aus seinen Lebensläufen wird deutlich, dass er durch Depressionen und die Verinnerlichung der Vorurteile gegen Homosexuelle eine Todessehnsucht entwickelte.
Seine letzte Beurteilung im November 1944 lautet:
„Älterer Mensch, schlappes, undiszipliniertes Auftreten, 2mal wegen Unzucht mit Männern bestraft. Seine Führung im Lager schlecht, sein Arbeitsfleiß nicht zufriedenstellend. Für die Wehrmacht nicht tragbar.“
Am 10. Januar 1945 starb Gustav Schreiber in Börgermoor.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.

Lilli Mayer, Lola Hartkäse, Vally Irene Crefeld, Edgar Levin

Südergraben 36, 24937 Flensburg, DE

Südergraben 36

Lilli Mayer war das dritte von elf Kindern des Kaufmanns Levin-Moses und seiner Ehefrau Anna, geborene Lehmann, beide jüdischen Glaubens. Sie wurde am 11. Februar 1888 geboren.
Lilli besuchte zunächst die spätere Auguste-Viktoria-Schule und anschließend die Privatschule von Marie Zukertort in Flensburg.
Nachdem ihr Vater Leopold Levin-Moses mit 53 in Flensburg starb, übersiedelte seine Familie nach Hamburg.
Später heiratete Lilli ihren Julius Mayer, der am 27. Juni 1880 geboren wurde und ebenfalls aus einer jüdischen Familie stammte, und gebar am 31. August 1912 ihren einzigen Sohn Fred Lothar. Die Familie ließ sich nach mehreren Umzügen die nächsten 25 Jahre in Eilbek nieder.
Lilli Mayers Ehemann starb am 26. November 1918 an Lungentuberkulose als Folge des Ersten Weltkriegs. Später heiratete sie ihren zweiten Ehemann, den Handelsvertreter Wilhelm Schuhmacher, geboren 1882.
Diese Ehe wurde geschieden.
Lilli geriet dadurch in eine finanziellen Notlage, was dazu führte, dass sie und ihr Sohn mangelernährt und anfällig für Krankheiten waren.
Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten fühlte ihr Sohn Fred Mayer sich nicht mehr sicher und flüchtete zu den Verwandten in die Niederlande. Später ging er nach Südafrika.
Als im Herbst 1941 die Deportationen begannen, wurde Lilli benachrichtigt, sich zur "Evakuierung" am 4. Dezember 1941 im Logenhaus an der Moorweidenstraße in Hamburg einzufinden. Der Transport verzögerte sich um zwei Tage und führte schließlich am 6. Dezember 1941 nach Riga, wo er auf dem Jungfernhof, einem Konzentrationslager, endete. Da Lilli Mayer krank und schwach war, waren ihre Überlebenschancen gering. Von ihr fehlt jede weitere Spur.

Lola Hartkäse, welche eins der neun Kinder der Familie Levin-Moses war, wurde am 10. Mai 1896 in Flensburg geboren. Bereits mit 13 Jahren (1909) zieht sie Gemeinsam mit ihrer bereits verwitweten Mutter und zwei ihrer Geschwister nach Hamburg. Dort arbeitet sie später als Kontoristin im Israelitischen Mädchen-Waisenhaus des Paulinenstifts.
Am 27. März heiratet sie den arischen Brothändler und späteren Bäckermeister Bruno Hartkäse. Doch durch die immer schärfer werdende antijüdische Linie der Regierung klagte ihr Ehemann nach einigen Jahren Ehe auf dessen Aufhebung.
Zu diesem Zeitpunkt war Lola bereits nach Den Haag ausgewandert, doch nachdem sie am 29. März 1943 vom Gestapo-Kommissar Ferdinand Amberger vorgeladen wurde, um die Scheidung einzureichen und somit eine mildere Strafe zu bekommen, wurde die Ehe am 25.05.1943 aufgehoben. Kurz darauf am 9. Juli 1943 wurde sie, Gemeinsam mit 80 Hamburgern, mit dem Transport VI/7 nach Theresienstadt deportiert. Ein Jahr später am 15. Mai 1944 kam sie nach Auschwitz und starb dort.

Vally Irene Crefeld, geborene Levin-Moses, wurde am 6. März 1889 in Flensburg geboren.
Mit 31 Jahren zog sie von Hamburg nach Den Haag und heiratet noch im selben Jahr Leon van Creveld, welcher aus einer jüdischen Kaufmannsfamilie stammt. Auch sie gehörte wie viele Andere zu denen, die mit einer der Transporte aus den Niederlanden nach Auschwitz gebracht wurden. Dort starb sie am 14. Januar 1943.

Edgar Levin wurde am 20. Januar 1895 in Flensburg geboren, er war als freiberuflicher Auktionator in Hamburg beschäftigt.
Auf seiner Kultursteuerkarte steht, dass er ab 1923 nicht mehr erwerbstätig war.
Edgar Levin war kurzzeitig mit einer Nichtjüdin verheiratet.
So geriet er ab 1938 in die Aufmerksamkeit der NS-Justiz und machte sich angeblich der "Rassenschande" schuldig.
Am 22. November 1938 wurde er in Untersuchungshaft eingewiesen.
Nach fünf Monaten Untersuchungshaft kam er ins Gefängnis Hamburg-Harburg, danach in die Strafanstalt Glasmoor.
Am 30. Juli 1939 wurde Edgar Levin in das KZ Sachsenhausen eingewiesen.
Nach Zwangsarbeit, Misshandlung und Mangelernährung verstarb er am 24. November 1939.

Quellen:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.
https://www.stolpersteine-hamburg.de/?&MAIN_ID=7&r_name=Lola+Hartk%E4se+&r_strasse=&r_bezirk=1&r_stteil=&r_sort=Nachname_AUF&recherche=recherche&submitter=suchen&BIO_ID=3766
https://www.shz.de/lokales/geest/artikel/der-leidensweg-der-flensburger-familie-levin-21048750

Gertrud Unikower

Angelburger Straße 9, 24937 Flensburg, DE

Angelburger Straße 9

Gertrud Unikower, geb. Spiller, war die Tochter des Kaufmannes Armin Spiller. Dieser errichtete mit Heinrich Eckhardt ein Textilgeschäft unter dem Namen "Spiller & Eckhardt", das seine Filiale im Jahre 1880 in der Angelburger Straße 9 in Flensburg hatte.
1884 heiratete Armin Spiller in Berlin Jenny Fabian. Diese brachte in Flensburg drei Kinder zur Welt, eines davon Gertrud, die liebevoll Trudchen gennant wurde.
Armin Spiller starb am 4. Januar 1890, woraufhin die verwitwete Jenny Fabian mit ihren Kindern Flensburg verließ und einen Neustart in der Metropole in Berlin versuchte.
Gertrud heiratet Viktor Unikower, der allerdings am 3. April 1918 in einem Lazarett starb. Ihre Mutter Jenny Spiller verstarb am 4. Juni 1924.
Als Hitler an die Macht kam, gelang Gertrud Unikower nicht die Flucht ins rettende Ausland und sie wurde am 19. Januar 1942 nach Riga deportiert.
Wann genau die gebürtige Flensburgerin in Riga ermordet wurde, ist nicht überliefert.

Anmerkung: Das Haus ist seit einigen Jahren abgerissen und einer "Dauerbaustelle" gewichen. Leider ist der Stolperstein durch die Bauarbeiten stark beschädigt worden.

Quelle:
Bernd Philipsen: Stolpersteine in Flensburg: ein Wegbegleiter zu Mahnmalen für NS-Opfer. Jüdische Gemeinde Flensburg, Flensburg 2021.
Bild vor dem Abriss: https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/sinnerup-plaene-kommen-nicht-voran-41608003

Paula Israel

Angelburger Straße 16, 24937 Flensburg, DE

Angelburger Straße 16

Paula Israels Stolperstein in der Angelburger Straße 16 ist einer von 14 neuen aus dem Jahre 2023.
Paula Israel geboren 19.08.1892 in Flensburg war Jüdin. 1942 wurde sie in das KZ Theresienstadt deportiert. Am 26.09.1942 wurde sie im Vernichtungslager Treblinka ermordet. Hier, an ihrem ehemaligen Wohnort, steht heute ein chinesisches Restaurant.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/14-neue-stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-aus-flensburg-44556587
https://memoryoftreblinka.org/people_db/p12846/

Caroline Horwitz

Angelburger Straße 78, 24937 Flensburg, DE

Angelburger Straße 78

Die Jüdin Caroline Horwitz (geborene Levin), genannt Klärchen, wurde am 8. Juni 1857 in Flensburg geboren. Ihre Eltern waren Sally Isaak Levin (ein aus Rendsburg stammender Kaufmann und Zigarettenfabrikant) und dessen Ehefrau Hannchen.
Carolines Großvater hatte die Funktion eines Kantors und Schächters der jüdischen Gemeinde in Flensburg.
Sie arbeitete als Textilarbeiterin. Sie gründete mit Moses Horwitz eine Familie und bekam sechs Kinder. Bereits 1924 verstarb ihr Mann.
Caroline wurde von der Gestapo gezwungen ins "Judenhaus" in der Sonninstraße in Altona zu ziehen. Daraufhin folgte die Deportation nach Theresienstadt am 19. Juli 1942.
Ihr Todestag soll der 15. April 1944 sein.
Ihre Tochter Jeanette, die mit ihrer Mutter in Theresienstadt war, wurde weiter nach Auschwitz gebracht und dort vergast. Sie gilt als verschollen.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/wie-eine-gebuertige-flensburgerin-mit-85-jahren-ins-ghetto-theresienstadt-kam-41799921

August Niemann

Sankt-Jürgen-Platz 8, 24943 Flensburg, DE

Sankt-Jürgen-Platz 8

Über August Niemann ist nur wenig bekannt.
Er wurde 1897 in Flensburg geboren, lebte zunächst in der Burgstraße und zog 1915 mit seiner Mutter, die verwitwet war, in die Bremer Straße 8, heute Sankt-Jürgen-Platz. Diese Adresse blieb seine Meldeadresse. Beruflich war er entweder Stadtinspektor oder Stadtsekretär und wurde in Kiel ausgebildet.
Im Oktober 1941 kam er in das KZ Sachsenhausen, weil er homosexuell war. Er verstarb dort am 2. März 1943 angeblich an einer Lungenentzündung.
Im August 2007 wurde am Sankt-Jürgen-Platz 8 ein Stolperstein für August Niemann verlegt.

Quelle:
Ausgebürgert. Ausgegrenzt. Ausgesondert. Flensburger Beiträge zur Zeitgeschichte Band 3; Beitrag: Unzucht zwischen Männern, Ulli Poppe/Björn Marnau; Hrsg. Stadtarchiv Flensburg, S. 156–189.
Adressbuch von 1938, Bremer Straße 8: https://www.digibib.genealogy.net/viewer/image/857227459D_1938/37/#topDocAnchor

Wilhelm Ohlfsen

Adelbyer Straße 29-31, 24943 Flensburg, DE

Adelbyer Straße 29/31

Willy Ohlfsen wurde am 31. Oktober 1889 in Flensburg geboren und starb am 24. Februar 1938 in Flensburg. Er war Kraftfahrer auf der Werft der Flensburger Schiffbau Gesellschaft und Mitglied der SPD.

Willy Ohlfsen starb nach Angaben der Gestapo angeblich durch Selbstmord in seiner Zelle. Wahrscheinlich aber wurde ihm Gewalt angetan. Er war am 22. Februar 1938 mit vier weiteren Werftarbeitern verhaftet worden. Sie sollten gezwungen werden, Aussagen gegen einen Mitverhafteten zu machen.
Dieser wurde verdächtigt, abfällig u.a. über Hermann Göring und das NS-System geredet zu haben. Die Kollegen sagten nichts aus, zahlten aber einen hohen Preis. Willy Ohlfsen verstarb im Polizeigefängnis, ein weiterer Verhafteter kam ins KZ Sachsenhausen.
Im September 2023 wurde ein Stolperstein für Wilhelm "Willy" Ohlfsen verlegt.

Quelle:
Jacobsen, Jens Christian: “Heimtückische“ Sozialdemokraten in Flensburg 1933 – 1945, Grenzfriedenshefte 59 (2012), S. 167-178

Josais Isaac

Bredeberg 4, 24943 Flensburg, DE

Bredeberg 1

Gegenüber der Hohlwegschule, unter der Adresse Bredeberg 1, wohnte Josais Isaac, geboren am 10. Januar 1885 in Flensburg. Er kam 1938 in „Schutzhaft“ nach Dachau und wurde im April 1942 nach Piaski in Polen ins Ghetto deportiert und dort ermordet.
Im Archiv wird noch ein weiterer „Josais Isaak Israel“ aus Flensburg geführt - mit „k“ im Nachnamen und gleichem Geburtsdatum -, der angeblich von München aus in die Ostgebiete „umgesiedet“ wurde, wohl gleichbedeutend mit einer Deportation von Dachau ins Ghetto Piaski. Dieser Josais war Tischlermeister und verheiratet.
Der Stolperstein liegt nicht direkt in der Straße Bredeberg, sondern an der Kreuzung Bredeberg/Jürgensgaarder Straße und wurde im April 2023 verlegt.

Quellen:
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/14-neue-stolpersteine-fuer-holocaust-opfer-aus-flensburg-44556587
https://www.bundesarchiv.de/gedenkbuch/en882981
https://www.ushmm.org/online/hsv/person_view.php?PersonId=6161847

Familie Wolff vom Gut Jägerslust

Flensburg, DE

Stiftungsland Schäferhaus

Das Gut Jägerslust befand auf dem heutigen Stiftungsgelände Schäferhaus und wurde zuletzt von der jüdischen Familie Wolff bewirtschaftet. Der Hof wurde von der Familie 1906 erworben und nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten zu einem Kibbuz umfunktioniert, in dem ca. 100 junge Leute ein Handwerk erlernten, um später nach Palästina auszuwandern.
Am Tag nach der sogenannten "Reichskristallnacht" am 10. November 1938 um 3 Uhr morgens wurde der Hof von Polizei, Gestapo, SS und vermutlich auch SA unter der Führung des Flensburger Polizeidirektors Hinrich Möller überfallen. Die Bewohner wurden schwer misshandelt und anschließend im Gefängnis Norderhofenden in Flensburg inhaftiert.
Der Hofbesitzer Alexander Wolff konnte entkommen und im Schutze der Dunkelheit über die nahe Grenze nach Dänemark fliehen. Alle späteren Versuche Alexanders, seine Mutter Käte, seine Frau Irma und seine Schwester Lilly, die inzwischen in Berlin wohnte, ins vermeintlich sichere Kopenhagen zu retten, scheiterten. Alle drei Frauen wurden deportiert. Alexander erhielt später ein Visum für die USA und lebte den Rest seines Lebens dort. Nach Deutschland wollte er nie wieder reisen.
Irma Wolffs Spur verliert sich in Auschwitz, sie ist vermutlich gleich der bei der Ankunft vergast worden. Käte Wolff wurde nach Minsk deportiert und ermordet. Lilly Wolff ereilte dasselbe Schicksal in Riga.
Im August 2004 wurden für Irma, Käte und Lilly Wolff Stolpersteine verlegt, die damit zu den ersten in der Region gehörten.
Das Gut wurde später eingeebnet, an seiner Stelle befinden sich heute die Gedenktafel, die Stolpersteine und Überreste des Gutes.
Seit 2010 heißt außerdem der Weg, der von der Gartenstadt ins Stiftungsland zum früheren Gut Jägerslust führt, Käte-Wolff-Weg.

Quellen:
https://de.m.wikipedia.org/wiki/Stiftungsland_Sch%C3%A4ferhaus
https://www.shz.de/lokales/flensburg/artikel/das-tragische-ende-der-jaegerslust-41327656
http://danielabraham.net/tree/related/hachshara/
Bernd Philipsen: „Jägerslust“. Gutshof, Kibbuz, Flüchtlingslager, Militär-Areal, Schriftenreihe der Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte. Flensburg: Gesellschaft für Flensburger Stadtgeschichte 2008
https://hachschara.juedische-geschichte-online.net/ort/11
Die Schautafeln im Stiftungsland Schäferhaus