Wege zum KZ Sachsenburg

Tour Zwickauer Straße 1, 09112 Chemnitz, DE

Eine Tour mit dem Fahrrad von Chemnitz nach Sachsenburg, während der die Teilnehmenden auf verschiedenen Stationen Bezüge zur Geschichte des ehemaligen Konzentrationslagers Sachsenburg und der darin inhaftierten Menschen herstellen.

Autor: Alternatives Jugendzentrum e.V.

13 Stationen

Einführung

Zwickauer Straße 1, 09112 Chemnitz, DE

Im KZ Sachsenburg waren über 10.000 Menschen inhaftiert, ab Herbst 1934 war es das einzige Konzentrationslager in ganz Sachsen. Mit der Schließung des Lagers 1937 fand der KZ-Terror, erprobt in Sachsenburg, seine Fortsetzung in Lagern wie Buchenwald und Sachsenhausen. Und trotzdem ist Sachsenburg in der Erinnerung weitgehend vergessen. Im gemeinsamen Projekt wollten wir im Sinne des aktiven Erinnerns den Ort des ehemaligen Konzentrationslagers mehr in das Bewusstsein der Stadtgesellschaft bringen und Bezüge zu Chemnitz herstellen.

Dazu hat Anna Schüller in einem Vortrag die Geschichte des Konzentrationslagers, seiner Inhaftierten und den Wachmannschaften nachgezeichnet und vom langen Weg zu einer Gedenkstätte berichtet. Im anschließenden Gespräch wurden Gründe für das Vergessen und neue Formen und Möglichkeiten des aktiven Erinnerns diskutiert.
Eine Form des aktiven Erinnerns haben wir dann in mehreren Workshops erprobt. Gemeinsam haben wir Wege gefunden, sich dem Ort und seiner Geschichte anzunähern. Über Biografien, Berichte und Dokumente erschlossen wir uns persönliche Zugänge zur Geschichte des Lagers. Anschließend erarbeiteten wir gemeinsam eine Radtour, die uns von Chemnitz über verschiedene Stationen nach Sachsenburg führen sollte. Die Ergebnisse haben wir „real“ und virtuell mit anderen geteilt und uns zunächst gemeinsam mit dem Fahrrad von Chemnitz nach Sachsenburg begeben. Auf verschiedenen Stationen entdeckten wir Bezüge zur Geschichte des Konzentrationslagers und der darin Inhaftierten. In Sachsenburg angekommen besichtigten wir während eines Rundgangs mit Anna Schüller das Gelände mit den Arrestzellen sowie der Fabrik als Unterkunftsort der Inhaftierten.

Im gemeinsam entwickelten DigiWalk könnt Ihr diese Tour nun auf eigene Faust erfahren und Euren eigenen Zugang zum Ort und seiner Geschichte bekommen. Macht Euch auf den Weg und erfahrt zum Beispiel, was das Museum Gunzenhauser oder die Max-Saupe-Straße mit Sachsenburg zu tun haben.

Nutzt am besten Kopfhörer, um die eingesprochenen Texte gut verstehen zu können.

Die einzelnen Stationen werden per GPS Koordinaten angegeben. Es besteht die Möglichkeit, individuell eine Route zu wählen oder auf unsere Streckenempfehlung zurück zu greifen. Wir haben versucht die großen Straßen zu meiden und wenn möglich auf Fahrradwege auszuweichen.
Die Strecke ist eher bergig aber auch mit Lastenrad oder Anhänger gut befahrbar. Ein Fahrrad mit funktionierender Gangschaltung oder elektronischer Unterstützung und ein gewisses Maß an Fitness sind hilfreich.

Es handelt sich nicht um einen Rundweg. Für den Rückweg könnt ihr den gleichen Weg wie den Hinweg nutzen. Die Stationen, die etwas abseits liegen (zB. Lerchenstr.), können dabei natürlich ausgelassen werden.

Museum Gunzenhauser

Zwickauer Straße 1, 09112 Chemnitz, DE

Vier Postkarten, darunter auch das hier gezeigte Bild dokumentieren die Demütigung der SA-Truppen gegen ihre politischen Gegner in Chemnitz. Im März 1933 verhafteten SA-Truppen die Sozialdemokraten, Gewerkschafter, Kommunisten und Juden und zwangen einige von ihnen dazu Wahlparolen von Chemnitzer Häuserwänden abzuwaschen. Die Aktion wurde deshalb auch als "Osterwäsche" oder "Abwaschaktion" bezeichnet. Einer der Betroffenen war Bernhard Kuhnt. Er wurde auf einem Karren unter anderem an dem heutigen Museum Gunzenhauser vorbeigezogen und musste in der Falkestraße Parolen abwaschen. Die SA fotografierte sich mit Bernhard Kuhnt und veröffentlichte die Bilder als Postkartenserie. Dort wurde Bernhard Kuhn als "Oberheizer" und "Novemberverbrecher" verunglimpft. Bernhard Kuhnt engagierte sich politisch in der SPD und war unter anderem auch Seemann, Werftarbeiter und 1918/19 Ministerpräsident von Oldenburg gewesen. Wenige Wochen nach der "Osterwäsche" wurden er in das KZ Sachsenburg verschleppt.
Dieser frühe Terror war kennzeichnend für die Phase der Machtübernahme der Nationalsozialisten. Massenhafte Verhaftungen in den Märztagen führten schließlich zur Einrichtung größerer Haftstätten wie in Sachsenburg. In keiner anderen Stadt ist die "Osterwäsche" in dieser Vielzahl von Bildern dokumentiert und überliefert.

Ehemaliges Hansa Haus

09111 Chemnitz, DE

Im Hansa-Haus existierte eine bekannte Gaststätte. Ab 1933 wurde das Gebäude jedoch zum berüchtigsten Folterort der Stadt. Die SA-Standarte und der SA-Nachrichtendienst hatten hier ihren Sitz. Sie inhaftierten hier ab 9. März 1933 die politischen Gegner der Nationalsozialisten. Dies waren Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschafter. Sie waren Misshandlungen durch Schlagen mit Gummiknüppeln, bestialischen Folterungen und Morden ausgesetzt. Das Hansa-Haus wurde zu einem von sechs frühen Konzentrationslagern und befand sich gegenüber der Oper mitten im Zentrum von Chemnitz. Selbst die Polizei war den Gewalttaten in und um dem Hansa-Haus gegenüber völlig hilflos - sie bekam keinen Zutritt zum Gebäude und wurde selbst zum Opfer von SA-Übergriffen.
Alfred Röhricht war einer der Gefangenen im Hansa-Haus. Er wurde wochenlang misshandelt und ihm ein Knochen der linken Mittelhand zerschlagen. Er wurde zunächst in das KZ Colditz gebracht und im Januar 1934 in das KZ Sachsenburg verschleppt. In Folge der Zwangsarbeit war er schwer verletzt. Als der Mitgefangene Max Sachs von der SS zu Tode gefoltert wurde, schlug Alfred Röhricht einen beteiligten SS-Mann. Dafür wurde Alfred Röhricht zu Arrest und Prügelstrafe verurteilt. Die Arreststrafe wurde wegen seines äußerst schlechten Gesundheitszustandes unterbrochen und er in das Krankenhaus Mittweida überführt. Dabei gelang ihm die Flucht. Sein Versteck wurde jedoch verraten und er ertrank bei der Flucht vor den ihn verfolgenden Polizisten und Nationalsozialisten. Die ausführliche Biografie kann unter https://www.stsg.de/cms/dokstelle/auskuenfte/fruehe-ns-kz-sachsen-1933-1937/alfred-roehricht nachgelesen werden.

Heute liegt vor dem ehemaligen Hansa-Haus ein Stolperstein. Er erinnert an Paul Fischer. Er gehörte zu jenen 39 Arbeitern, die vom 31. Januar bis 19. Februar in ganz Deutschland von der SA ermordet wurden.

Innenhof TU Chemnitz

09111 Chemnitz, DE

Der Innenhof der heutigen Technischen Universität Chemnitz war in den Jahren 1942 bis 1945 Schauplatz herzzerreißender Szenen. Dorthin wurden von der Geheimen Staatspolizei und der Schutzpolizei Hunderte von Juden aus Chemnitz und Umgebung gebracht, bevor sie mit den Zügen der Deutschen Reichsbahn nach Leipzig bzw. Dresden gebracht wurden, um von dort in die Ghettos und Vernichtungslager der Nationalsozialisten (Belzyce b. Lublin, Auschwitz und Theresienstadt) transportiert zu werden. Ein Wiedersehen gab es nur selten.
Bereits kurz nach der Machtübertragung an die NSDAP 1933 begann mit Boykottaufrufen gegen jüdische Geschäftsinhaber, Ärzte und Rechtsanwälte deren systematische Diskriminierung. Nach dem Erlass der Nürnberger „Rassengesetze“ im September 1935 nahm die Verfolgung aller Juden im „Dritten Reich“ immer schärfere Formen an, zu denen auch weitere zahlreiche Gesetze und Verordnungen zählten, mit denen die „Endlösung der Judenfrage“ vorbereitet werden sollte. Im Oktober 1941 begann die planmäßige Deportation deutscher Juden in Ghettos und Vernichtungslager. Auch der größte Teil der noch in Chemnitz (Stadt und Land) lebenden Juden wurde ab Mai 1942 deportiert.
Ein Augenzeuge erinnerte sich unmittelbar nach dem ersten Transport, und zwar am 11. Mai 1942:
„Ab 7 Uhr standen vor jedem Haus, aus dem Juden evakuiert wurden, zwei Schutzleute in Uniform und ließen keinen Juden raus. Die drei Weiblein bei uns im Haus (gemeint war das Ahornstraße 32) mussten um 7 Uhr ihre riesigen Rucksäcke aufsetzen und warten. Außer den Schutzleuten waren noch vier Gestapoleute da, die dann den Befehl gegen 9 Uhr zum Abmarsch gaben. Es ging von hieraus zu Fuß – mit Rucksack, Handtasche und viel zu schweren Koffer – ab. Mit Lastkraftwagen wurden sie bis vor die Akademie gebracht. […]
Gegen 20 Uhr war ich zufällig oben am Hauptbahnhof, als der Zug der Verschickten hinten aus der Akademie kam und in die untere Unterführung (wenn man die Treppe runter geht) zum Bahnsteig 14 geführt wurde.
Gegen ¾ 21 Uhr ist dann der Zug abgegangen teils Personenwagen (wo die Chemnitzer rein kamen), teils Viehwagen.“

Deportationen fanden im Mai, Juli und September 1942, im Februar und Juni 1943 und im Januar 1944 statt. Der letzte Transport wurde am 13./14. Februar 1945 durchgeführt, und dies trotz der Bombenangriffe auf die Stadt Chemnitz. Ein weiterer war für März 1945 geplant.
Es sind weder Dokumente über die Nutzung des Innenhofs als „Sammelstelle“ noch Berichte von Mitarbeitern der früheren Akademie in den Archiven vorhanden. Überliefert sind nur Berichte von „Ordnern“ der Jüdischen Gemeinde, die im Auftrag der Geheimen Staatspolizei dazu abkommandiert worden waren. Sie brachten u. a. Bekleidung und Proviant, die die für die Deportationen bestimmten Juden auf den Bahnsteigen liegen lassen mussten, in die Verwaltungsstelle der Jüdischen Kultusvereinigung Chemnitz, die ihren Sitz in einem Haus in der benachbarten Zöllnerstraße hatte.
Überliefert sind Berichte, dass sich eine Frau durch einen Sprung aus einem höher gelegenen Fenster in den Innenhof das Leben nahm. Überliefert sind auch Berichte, dass sich zwei jüdische Männer unmittelbar vor ihrem Abtransport das Leben nehmen wollten. Ein Mann konnte noch gerettet werden, aber nur, um wenige Wochen später doch deportiert zu werden. Eine ältere jüdische Schneiderin starb noch auf dem Bahnhof, als sie auf einer Tragbahre in den Waggon gebracht werden sollte. Eine nichtjüdische Ehefrau nahm sich aus Solidarität mit ihrem jüdischen Ehemann noch im Februar 1945 das Leben.
Weitgehend von der Öffentlichkeit abgeschirmt, verfolgten dennoch Chemnitzer Bürger die Abtransporte ihrer jüdischen Nachbarn, wie sich der Augenzeuge erinnerte. Für manche war es ein „Schauspiel“ ohnegleichen, manche klatschten offen oder insgeheim, manche schämten sich oder schauten weg. „Stille Helden“, die ihren jüdischen Mitbürgern halfen, gab es auch in Chemnitz, das wäre aber Thema für einen anderen Rundgang.
Seit 1986 erinnert im Innenhof der Technischen Universität ein Gedenkstein, der auf eine Initiative des damaligen Gemeindevorsitzenden Siegmund Rotstein, der selbst im Februar 1945 unter den Deportierten war, zurückgeht, an alle jüdischen Opfer des Nationalsozialismus, insbesondere an die deportierten und ermordeten Chemnitzer Juden.
Der Bronzeguss in Form eines Davidsterns stammt von dem Chemnitzer Bildhauer Volker Beier und trägt die Inschrift:
„Zum mahnenden Gedenken an die jüdischen Männer, Frauen und Kinder, die in den Jahren 1942 – 1945 von dieser Stelle aus deportiert und in den faschistischen Vernichtungslagern bestialisch ermordet wurden.“

Eine Gedenktafel sollte, wenn die Rekonstruktion des Chemnitzer Hauptbahnhofes beendet ist, ebenfalls an die Deportationen der Chemnitzer Juden erinnern. Erste Vorgespräche mit Vertretern der Deutschen Bundesbahn gab es schon!

Text von Dr. Jürgen Nitsche, freier Historiker, Autor und Kurator für Täterspurenrundgang 2014 geschrieben.

Frühes Konzentrationslager im Arbeitersportheim 6. Abteilung in Chemnitz

Zeisigwaldstraße 77, 09130 Chemnitz, DE

Einen Tag nach dem Reichstagsbrand am 27. Februar 1933, trat die neue Reichstagsverordnung in Kraft. Mit dieser Verordnung wurden die rechtsstaatlichen Schranken zur Inhaftierung gebrochen. Der SA wurde es nun möglich gemacht, die auf drei Monate beschränkte Schutzhaft, auf einen unbeschränkten Zeitraum zu verlängern. Zeitgleich mit dem Inkrafttreten dieser Verordnung entstehen in Deutschland kleinere und größere Konzentrationslager.

Auch in Chemnitz gab es mindestens sechs dieser Konzentrationslager, so zum Beispiel das das Arbeitersportheim 2. Abteilung auf der Heinrich-Schütz-Straße und das Arbeitersportheim 6. Abteilung auf der Zeisigwaldstraße 76. Die Anzahl der Häftlinge wird am 4. Juli 1933 auf 1.932 Personen geschätzt.

Die Existenz dieser Lager war kein Geheimnis, so dienten sie nicht nur der Einsperrung politischer Gegner, sondern auch zur Abschreckung der Bevölkerung. In der Presse wurde von neuen Eröffnungen und den Zuständen in den Lagern ausführlich berichtet.

Endhaltestelle Ebersdorf - Besuche im KZ Sachsenburg

B169 248, 09131 Chemnitz, DE

In der Anfangszeit des KZ-Sachsenburg und unter der Bewachung durch SA-Wachmannschaften, war es den Gefangenen erlaubt Besuch zu empfangen. Die Besuchszeiten waren in den sehr strengen Lagerzeitplan der Gefangenen eingeplant. Sie fanden an jedem dritten Sonntagnachmittag statt. Erlaubt waren Besucher:innen aus dem familiären Umfeld der Gefangenen: Eltern, Geschwister, Eheleute und Kinder. Zu Beginn durften Besucher:innen auch noch Fotografien aufnehmen. Mit der Übernahme des KZ Sachsenburg durch die SS wurden die ohnehin menschenfeindlichen Lebensbedingungen der Gefangenen durch die Streichung der Besuchszeiten noch schrecklicher.

Viele Besucher*innen fuhren mit der Chemnitzer Straßenbahn bis zur heute nicht mehr existierenden Endhaltestelle Ebersdorf (Frankenbergerstraße Ecke Herweghstrasse in Chemnitz) und von dort setzten sie ihren schweren Marsch bis Sachsenburg zu Fuß fort (ca. 12 km).

Den Familien fehlte der Lohn ihrer durch die Nazis gefangengehaltenen Männer. Viele der Frauen lebten von Wohlfahrtsunterstützung , dieden Hinterbliebenen aufgrund der „Schutzhaft“ der Männer häufig gekürzt wurde. Zusätzlich wurden den Gefangenen für jeden Tag im KZSachsenburg Kosten für ihre Unterbringung berechnet, später mussten fast alle Artikel im Lager durch die Gefangenen eingekauft werden. Was für die SS ein sehr profitables Geschäft darstellte, wurde für die Angehörigen und die Gefangenen zu einer existenziellen Belastung.

Die Besuchszeiten und die Besucher:innen, welche beispielsweise den langen Weg aus Chemnitz zu Fuß zum KZ Sachsenburg auf sich nahmen, zeigen das die Bevölkerung über das Geschehen im KZ Sachsenburg informiert war.

Wohnhaus Max Saupe

Frankenberger Straße 239, 09131 Chemnitz, DE

Max Saupe widmete sein politisches Leben dem Kampf gegen Faschismus und die Unterdrückung von Arbeiter*innen. Sein Wirken reichte von der Arbeit als Mitglied des Arbeiter- und Soldatenrates von 1918 bis in die frühen 30er Jahre, in denen er als Stadtverordneter der KPD viele soziale Projekte verwirklichte. Geboren wurde Max Saupe am 29.3.1998 in Altmittweida. Er wuchs in seiner Familie auf, die in einfachen Verhältnissen lebte. Sein Vater war als Handarbeiter in einer Sandgrube tätig, seine Mutter als Tagelöhnerin bei einem Großbauern. Er absolvierte die Volksschule in Frankenau, um danach erst als Pferdeknecht und später ebenso wie der Vater in der Sandgrube zu arbeiten.

Als 20-jähriger leistete er seine zweijährige Militärdienstzeit ab. 1911 war er als Bauarbeiter in den Hilbersdorfer Eisenbahnwerkstätten beschäftigt und zog in ein Haus, hier in Ebersdorf. Ein Jahr später heiratete er Paula Ludwig, die aus Milkau stammt und als Weberin arbeitete.

Engagement in der KPD
Seine Kriegserlebnisse 1916 – 1918 in Flandern / Belgien beeinflussten sein Leben und seine politische Einstellung nachhaltig. So wurde 1919 Mitbegründer der KPD Parteizelle Ebersdorf und ihr politischer Leiter. Im selben Jahr wurde er auch in den Betriebsrat der Eisenbahnwerkstätten gewählt. Zur Zeit des Kapp Putsches 1920 war er ebenso Teil des Chemnitzer Arbeiter- und Soldatenrates.

Als Ebersdorf Stadtteil von Chemnitz wurde, wurde er von den Arbeiter*innen zum Stadtverordneten der KPD gewählt. Sein Wirken wurde vor allem im Kampf um soziale Erleichterungen sichtbar, so bekam Ebersdorf, eine eigene Badeanstalt. Damals für viele, die einzige Möglichkeit der Körperhygiene nachzugehen.

Als Stadtverordneter hielt er regelmäßige Sprechstunden ab, zu denen viele Menschen mit Ihren Sorgen und Nöten kamen. Große Beliebtheit erfuhren die Kinderfeste der internationalen Arbeiterhilfe, bei denen Max Saupe Auftritte der Schalmeienkapelle des Rotfrontkämpferbundes organisierte.

Gedenkstein Max Saupe

Max-Saupe-Straße, 09131 Chemnitz, DE

Gedenken an Max Saupe

Nach der Machtergreifung der NSDAP 1933 wurde Max Saupe im Rahmen der Säuberungen erst in der Haftanstalt Kaßberg und später im neu eingerichtetem Lager Sachsenburg inhaftiert.

Nach seiner Entlassung 1934 arbeitete er in der illegalen und konspirativ organisierten „Widerstandsgruppe Harlaß“ weiter. Während dieser Phase trennte er sich von seiner Familie, um drohender Verfolgung zu entkommen.

Max Saupe wurde nach einem Attentat auf Hitler, am 26. August 1944 erneut verhaftet und in das Konzentrationslager Sachsenhausen gebracht. Zu Jahresanfang 1945 wurde er mit einem Sondertransport in das KZ Bergen Belsen gebracht, wo er im März 1945 an Typhus erkrankte und in der Folge daran starb.

Max Saupe wird von seiner Tochter als besorgter, gutmütiger und strenger Vater beschrieben, als kluger Mensch und aufrechter Kämpfer.

Stiftskirche Ebersdorf

Lichtenauer Straße 51, 09131 Chemnitz, DE

Pfarrer im KZ Sachsenburg

Hier in der Stiftskirche Ebersdorf absolvierte Gerhard Michael 1935 seine praktische Ausbildung zum Pfarrer. Zu diesem Zeitpunkt wurden in Nassau-Hessen Pfarrer der bekennenden Kirche in Dachau inhaftiert. Die bekennende Kirche war eine Bewegung, die sich gegen die Gleichschaltung der Evangelischen Kirche mit dem Nationalsozialismus wendete.

Einige sächsische Pfarrer protestierten gegen die Inhaftierung und verlasen eine Fürbitte. Dies nahm die Geheime Staatspolizei (Gestapo) zum Anlass und inhaftierte ab März insgesamt 20 Pfarrer und Geistliche im KZ Sachsenburg. Aus Chemnitz wurden Gerhard Michael (Vikar in der Stiftskirche Ebersdorf), Rüdiger Alberti (Pfarrer in der Markuskirche Chemnitz) und Adalbert Küntzelmann (Mitglied der Kreuzgemeinde) verhaftet.

„Es will nicht Ruhe werden in der Kirche. Pfarrvikar Michael wird wegen einer vom Sächsischen Staat verbotenen Kanzelabkündigung Mittwoch vor Gründonnerstag verhaftet und dem Schutzhaftlager Sachsenburg zugeführt, wo er bis kurz vor Pfingsten blieb.“ Auszug aus der Kirchenchronik der Stiftskirche Ebersdorf

Während der Inhaftierung gab es vielfältigen Protest: Führende Mitglieder der bekennenden Kirche und die Frauen der Inhaftierten sprachen vor Entscheidungsträgern vor; ein Posaunenchor aus Leipzig zog vor das Lager und in der internationalen Presse wurde von der Inhaftierung berichtet.

Auf den großen öffentlichen Druck hin, kam es schließlich zu Entlassung am 4. Juni 1935. Doch viele der Pfarrer konnten nicht weiter amtieren. Pfarrvikar Gerhard Michael wurde aus der sächsischen Kirche entlassen. In München schloß er seine Ausbildung mit dem zweiten Examen ab. Trotz der starken Einschränkungen, ließen es sich die Pfarrer nicht nehmen sich regelmäßig am Jahrestag ihrer Entlassung zu treffen.

SS-Kaserne Frankenberg

Lerchenstraße 40, 09669 Frankenberg/Sa., DE

Hier befand sich seit Ende 1935/ Anfang 1936 die Kaserne des SS-Totenkopfverbandes Sachsen. Das Gebäude wurde 1913 von den Architekten Zapp und Basarke gebaut und beherbergte eine Zigarrenfabrik der Großeinkaufsgesellschaft Deutscher Konsumvereine Hamburg.

Ein eigenes Arbeitskommando von Häftlingen baute die Fabrik dann zur Kaserne um. Dies ermöglichte, dass noch mehr SS-Männer in Sachsenburg und Frankenberg stationiert werden konnten. Karl Otto Koch hatte das SS-Sonderkommando Sachsen in Dresden aufgebaut, welches dann 1934 nach Sachsenburg verlegt wurde. Es wurde im März in III. SS-Totenkopfsturmbann Sachsen umbenannt. Im Januar 1936 waren in Frankenberg und Sachsenburg über 623 Wachmänner stationiert. Diese jungen, oft 20-jährigen Männer standen zumeist am Beginn ihrer “Karriere” in den Konzentrationslagern.

In Sachsenburg erhielten sie eine militärische Ausbildung unter Max Simon, die sich mit regelmäßigem Wachdienst im KZ Sachsenburg abwechselte. Aufgrund der Größe wurden sie in mehrere Hundertschaften eingeteilt, die abwechselnd unterschiedliche Aufgaben und Ausbildungsteile zu absolvieren hatten. Während des Wachdienstes war die diensthabende Hundertschaft der SS-Männer in Sachsenburg untergebracht, in der übrigen Zeit in der Kaserne in Frankenberg. SS-Anwärter wurden mit 65 Reichsmark entlohnt, SS-Unterscharführer erhielten 125 RM. Dazu bekamen sie Unterkunft, Bekleidung und Verpflegung.

Nach der Übernahme des Lagers durch die SS im Herbst 1934 wurden die Haftbedingungen für die Häftlinge wesentlich härter. Manche der SS-Hundertschaften waren unter den Häftlingen für ihre Brutalität besonders gefürchtet.

Hugo Gräf erinnert sich 1936 nach seiner Entlassung:

„Das Martyrium für die sachsenburger Gefangenen begann mit der Übernahme Übernahme des Lagers durch das SS-Sonderkommando Sachsen“. Nach dem Einzug der Wachtrupp hielt Strumbannführer Simon am 25. August 1934 vor den versammlten Häftlingen eine Rede, in der er erklärte, dass die gute Zeit vorbei sei, er werde schon mit uns, Schweinehunden, fertig werden usw.“ Hugo Gräf, Arbeiter Illustrierte Zeitung, 17.06.1936.

Nicht nur im Stadtbild von Frankenberg war die SS präsent sondern auch in Chemnitz. Im heutigen Schullandheim im Küchwald hatte die SS-Truppe eine Kaserne. Das Gebäude wurde 1921 von Arbeitsportlern als Sportlerheim zunächst aus Holz, später aus Stein errichtet. Die Nationalsozialisten beschlagnahmten das Heim 1933, folterten dort politische Gegner und nutzen es vermutlich später als Ausbildungsstandort.

Inschrift an der Dammmauer

09669 Frankenberg/Sa., DE

Öffentlichkeit des Lagers

„Erbaut von den Inhaftierten Sachsenburg 1933“ – noch immer können wir diese Inschrift am heutigen Parkplatz des ehemaligen KZ Sachsenburg lesen. Öffentlich – damals wie heute.
Angebracht wurde die Inschrift an der Mauer vermutlich 1933 von Inhaftierten selbst, die nach Fertigstellung der Regulierungsarbeiten an der Zschopau dazu angewiesen wurden.

Die öffentliche Anbringung macht deutlich, dass die Existenz des Lagers nicht geheimgehalten wurde. Die Nationalsozialisten verfolgten damit das Ziel, die Bevölkerung einzuschüchtern und abzuschrecken. Zu diesem Zweck berichten auch Zeitungen im In- und Ausland vom KZ Sachsenburg:

Frankenberger Tageblatt am 11. Juli 1933:
"Nach Erledigung der Tagesordnung besichtigen die Mitglieder des Bezirkstages das große Konzentrationslager Sachsenburg, das als größtes Konzentrationslager Sachsens in den Gebäuden der ehemaligen Spinnerei untergebracht ist. Das Lager wird bei voller Besetzung 2000 Personen beherbergen. Gegenwärtig sind etwa 1200 Mann untergebracht." (Hilbert, Enrico: Neuauflage: Sachsenburg Dokumente und Erinnerungen, S.31.)

Genau wie im gesamten Nazideutschland, wirkt diese öffentliche Einschüchterung auch auf die Bevölkerung in Sachsenburg, in Chemnitz und dem lokalen Umfeld. Trotz der großen Missstände wie Lebensmittelverknappung, trauen sich damals nur die wenigsten Menschen, sich gegen das diktatorische System zu äußern und aufzulehnen. In den Exil-Berichten der SPD, den sogenannten 'Sopaden' aus dem September 1935, können wir lesen:

„Der Fettmangel macht sich außerordentlich bemerkbar. Im ganzen Chemnitzer Bezirk ist die Margarineknappheit sehr groß. […] So rief in Siegmar kürzlich eine 60jährige Frau, die schon viele Tage vergebens um ein bißchen Speck angestellt hatte und immer wieder leer heimgehen mußte, vor dem Laden in Gegenwart vieler Leute: „Wir Armen sind doch immer die Dummen, den Reichen fehlt es an nichts. Das war unter Wilhelm so, das hat der Hindenburg nicht geändert und jetzt bei Hitler ist es genau wieder so, bloß sagen darf man jetzt nichts mehr.“ Die Umstehenden haben ihr geraten vorsichtiger zu sein, aber sie schrie: „Mögen sie mich alte Frau doch nach Sachsenburg schaffen, aber die Wahrheit sag ich doch“ […].

Tor des ehemaligen KZ Sachsenburg

An der Zschopau 3, 09669 Frankenberg/Sa., DE

Tor KZ Sachsenburg - Ankunft im Lager

An diesem Tor, vor dem wir jetzt stehen, kommen während des Bestehens des KZ Sachsenburg von 1933 bis 1937 verschiedene Menschen an: Die Inhaftierten mussten hier von den Transportmitteln steigen. Die Wachleute der SA und SS kontrollierten ihre Akten, brachten ihnen die Verhaltensregeln des Lagers bei und schikanierten die Inhaftierten dabei. Diese Schikanen waren physisch und psychisch gewaltvoll.

Ernst Leuschke berichtet:
„Der Schlagbaum ging hoch, die Tore auf, Kommandoworte, ein Johlen erschallte, Kolbenstöße und Fußtritte fegten uns vom Wagen. Wir mußten uns sofort mit dem Gesicht zur Wand eines kleinen Hauses stellen. An diesem stand das Schild Politische Leitung! Die beteiligten Polizeioffiziere und Mannschaften übergaben der SS die Akten und stellten sich mit verschränkten Armen etwas abseits, um das für sie ergötzliche Schauspiel abrollen zu lassen. Jugendliche SS-Posten, Karabiner im Hüftanschlag, machten es sich zum Vergnügen, uns, die wir in halber Kniebeuge mit hinter dem Kopf verschränkten Armen unmittelbar an der Hauswand standen, den Gewehrlauf in die Hoden zu schlagen und mit dem Schädel gegen die Wand zu rennen und jeden einzelnen nach seinem „Verbrechen“ auszufragen“.

Zum Anderen sind es die Angehörigen, also Kinder, Ehefrauen und Eltern, die an diesem Tor eintreffen, um ihre Väter, Ehemänner und Söhne zu besuchen. Diese Angehörigenbesuche sind bis Ende 1933 noch möglich. Die Familien legen dann sehr weite Wege mit der Straßenbahn, dem Bus und zu Fuß in Richtung Sachsenburg zurück. Der Weg von Ebersdorf nach Sachsenburg beträgt zehn Kilometer. Zu Fuß, vielleicht bei Regen, mit Kindern, oder geschwächt und mit Gepäck kann es drei Stunden dauern, um das Ziel zu erreichen. Und dann steht noch der Rückweg bevor.

Diese Besuche bedeuten dann nicht, dass man seinen Liebsten für eine lange Zeit nah sein kann.
Jochen Kretzschmer, der seinen Vater Emil Kretzschmar gemeinsam mit seiner Mutter von Chemnitz aus besucht, berichtet:

„Bei meinem Vater seiner Schwester in Chemnitz haben wir übernachtet. Und sind dann früh, den späten Abend, es war schon duster, mit dem Bus ein Stück raus gefahren und dann das Zschopautal lang gelaufen. Es hat in Strömen geregnet, das weiß ich noch heute. Und dann haben wir schon von weitem das große Gebäude gesehen. Dort war ein großes Tor. Dort haben wir geklopft. Und da war oben ein kleines Fenster, ein kleines Guckfenster. Da schaute einer von der SA raus. (...) Da hat meine Mutter vorgebracht, was sie will: Sie will ihren Mann sehen. Sie habe auch was mitgebracht. Darauf der SA-Mann: (Anm. d. Verf.)„Spielt sich nichts ab“ und hat das Fenster wieder zu gemacht. Meine Mutter hat aber keine Ruh gelassen und hat wieder geklopft. Es hat wieder ein Anderer rausgeschaut: „Na gut, wir holen ihn.“ Dann haben sie meinen Vater geholt und er durfte mal kurz durch das Fenster rausschauen. Dann haben wir ihm die mit gebrachten Sachen durchgereicht. (...)Diese wurden gleich von der SA im Empfang genommen. Die Sachen hat er aber bekommen. Das haben wir später erfahren. (...) Und daher kenne ich Sachsenburg. Das war, wie gesagt, die Nacht oder am Abend spät. Dann haben sie uns vielleicht 2-3 min Zeit gegeben (...) und haben ihn dann bei Seite geschoben und das Fenster wieder zu gemacht. Wir haben noch mal geklopft, aber es hat keiner mehr aufgemacht. Dann sind wir das ganze Tal bei strömendem Regen zurückgelaufen.“

Über die Besuche hinaus konnten die Inhaftierten ausschließlich per Post Kontakt zu ihren Angehörigen halten. Dies war allerdings nur unter großen Restriktionen möglich. Unter der SS konnte wöchentlich ein Brief empfangen und ein Brief versendet werden. Die Briefe wurden zensiert.

Abschluss

Es besteht nun die Möglichkeit, das Gelände selbst zu erkunden. Hilfreich sind dabei die Informations-Tafeln des "Pfad der Erinnerung", die an mehreren Stellen aufgebaut sind. Weitere Informationen finden sich auch auf der Website www.gedenkstatte-sachsenburg.de. Außerdem steht ein DigiWalk für das Gelände zur Verfügung. Für Anmerkungen und Fragen zu diesem DigiWalk oder zum KZ Sachsenburg steht die E-Mail-Adresse info@geschichtswerkstatt-sachsenburg.de zur Verfügung. Wenn der Wunsch einer weiteren Vertiefung ins Thema besteht, kann darüber auch eine Führung über das Gelände angefragt werden.

Wir bedanken uns bei allen Unterstützer:innen, insbesondere dem Sächsischen Staatsarchiv und den Lokalen Aktionsplan der Stadt Chemnitz.