Wie hat sich die Gleichstellung im öffentlichen Raum Zürich verändert?

Stadtführung Seminarstrasse 29, 8057 Zürich, CH

Gleichstellung im öffentlichen Raum Zürich

Autor: meret widmer

3 Stationen

Ni Una Menos Platz

Langstrasse, 8004 Zürich, CH

Ni Una Menos-/ Helvetiaplatz

Ihr steht nun hier auf dem, wie die meisten von euch ihn eigentlich kennen, Helvetiaplatz. Er wird seit 2019 von der feministischen Bewegung in Zürich Ni Una Menos Platz genannt. Der Platz ist dafür da, gegen die sexistische und tödliche Gewalt in der Schweiz zu demonstrieren und um femnistische Solidarität zu zeigen, in dem nach jedem Zwischenfall sich alle auf diesem Platz versammeln. Die Ni Una Menos Bewegung kommt ursprünglich aus Argentinien, wo es dieses schon seit 2015 gibt, als es zu einem grausamen Zwischenfall mit einem 14-jährigen schwangeren Mädchen kam. Übersetzt bedeutet Ni Una Menos: Keine einzige Frau weniger! Dieser Ausruf kommt davon, dass in Argentinien ca. alle 31 Stunden eine Frau von ihrem Partner oder Ex ermordet wird. In Lateinamerika ist die Geschlechtsspezifische Gewalt sehr ausgeprägt und wird als Tabu, Privatsache und «Verbrechen aus Leidenschaft» gesehen und bezeichnet. Eine Gruppe von Feminist*innen und Journalist*innen haben anlässlich der Geschehnisse auf die Strasse aufgerufen, worauf Hunderttausende an die Demonstration kamen. Es gibt nun Gesetzte, welche Frauen* schützen sollten, doch es muss sich grundsätzlich etwas in der Einstellung der Menschheit ändern, um eine solche Gewalt zu bekämpfen. Die Einstellung lässt sich nicht so schnell ändern, da leider auch im neuen Testament der Bibel und vielen Kirchen Homosexualität immer noch abgelehnt wird.

Am 1 Mai 2019 hat die argentinische Vertreterin der Ni Una Menos Bewegung, Natalia di Marco in Zürich Reden gehalten und Gespräche geführt mit Interessierten. Nach diesem Ereignis wurden AktivistInnen dazu motiviert auch die Feminiziden und die strukturelle Gewalt zu thematisieren und darauf aufmerksam zu machen. Die erste Aktion die in der Schweiz in diesem Sinn gestartet wurde, war eine Repression gegen ein Polizeiliches Verfahren an einer Frau, welche mit Ehrverletzung hätte gestraft werden sollen. Der Auslöser war der 14. Juni 2019, also der internationale Frauen*streiktag. Als Zeichen gegen verschiedenste Diskriminierungssformen wurden Tücher über Statuen gehangen. Ein Polizeibeamter fordert die Aktivistinnen dazu auf, die Tücher wieder runterzunehmen. Als diese das nicht machen nimmt er ein Messer und schneidet die Tücher gewaltsam herunter. Anschliessend benennt eine der Frauen die Politzisten als Saupack und soll daraufhin für das gestraft werden. Die Angeklagte wehrte sich und ging vor die Staatsanwaltschaft und sagte, sie habe damit die Polizei als Ganzes gemeint, nicht den einzelnen Polizisten. Die Anzeige wurde daraufhin fallen gelassen.

Passend zur Benennung von Plätzen will ich noch anhängen, dass von 450 Strassen, welche nach berühmten Personen benannt wurden, 45 davon weiblich sind. Bis sich die Gleichstellung also auf den öffentlichen Plätzen einstellt wird es noch eine Weile dauern, jedoch hat die Ni Una Menos Bewegung den Anfang gemacht und damit die Veränderung ins Rollen gebracht.

Frauenbadi Stadtquai Zürich

Stadthausquai 13, 8001 Zürich, CH

Frauenbad am Stadthausquai

Das Frauenbad am Stadthausquai, auch Frauenbadi genannt, ist eine Badeanstalt, welche tagsüber nur für Frauen zugänglich ist (natürlich sind Jungs erlaubt, sofern sie noch klein sind und eine weibliche Begleitung haben). Das Gebäude hat eine nationalkulturelle Bedeutung und wurde in die Kategorie A des Denkmalschutzes aufgenommen.
Ulrich Zwingli (1484 – 1531), ein Schweizer Theologe und der Zürcher Reformator, hielt nicht viel vom öffentlichen Baden, da er es für sündhaft und verführerisch hielt. Deshalb beendete er die mittelalterliche Badekultur in Zürich. Erst viel später befreite sich Zürich von Zwinglis Sicht. Kurz nachdem auch endlich das öffentliche Baden von Frauen 1837 erlaubt wurde, damit die Frauen nicht mehr Nachts in den Brunnen baden mussten, baute die Stadt Zürich ein „Badehaus für Frauenzimmer“, die heutige Frauenbadi.
Das Bad war damals für die Körperpflege der Frauen gedacht und nicht als Schwimmbad, da es in vielen Häusern noch kein fliessend Wasser hatte. Die Architektur ist dabei zweckmässig geschlossen. 1888 wurde das Haus, in den damals modernen Jugendstil, erneuert und ist bis heute noch erhalten. Es ist seither ein viereckiger Gebäudekasten aus Holz, mit vier Ecktürmchen. Das Gebäude schwimmt auf der Limmat und ist am Ufer befestigt. Das Bad war mit 12 Einzelkabinen ausgestattet mit direkter Treppe zum Wasser, womit sich die Besucherinnen ohne Blicke anderer baden konnten. Bis sich die Frauen ungestört sonnen konnten, sollte es aber noch eine Weile dauern.

Von 1928 bis nach dem zweiten Weltkrieg, galt das Bad in erster Linie als Schwimmunterrichtsort für Mädchen und Jungen. Nach einigen weiteren Sanierungen musste das Gebäude im Winter 1984/85 totalsaniert werden. Es wurden 26 Pfäle bis in den Flussgrund als Abstützung gebaut und die Liegeflächen und das Aussenbecken wurden erweitert. Der Umbau kostete um die 2,4 Millionen Franken.
2013 feierte die Frauenbadi ihr 125-Jahr-Jubiläum mit einer Kunstausstellung von Alex Zwalen. Gefeiert wird auch, dass der Satz „nimm dein Bikini, wir gehen baden“ heute normal ist, obwohl es geschichtlich gesehen noch gar nicht so lange her ist, dass Frauen den ganzen Körper bedecken mussten und Dr. Stephan Westmann 1930 Frauen davor warnte, dass es gefährlich für Frauen sei ins Wasser zu springen.
Seit 1997 verfügt das Bad auch über eine abendliche Bar, welche auch für Männer offen ist. Zudem werden in der Barfussbar auch immer wieder kulturelle Veranstaltungen geplant. Die Frauenbadi ist dazu die erste Badi die Frauen das Oben-ohne-Baden erlaubte. Mit der Unterstützung der Frauenbadi ist es nun auch Frauen erlaubt zum Vergnügen zu baden und nicht nur wegen der Hygiene.

Schauspielhaus Zürich

17 32, 8032 Zürich, CH

Das Theater

Der Anfang des Theaters liegt im alten Griechenland, wo religiöse Riten zu Ehren des Dionysos gehalten wurden, an denen auch die Frauen mitwirken durften. Aus diesen religiösen Riten in Form von Tänzen, Gesängen und Prozessionen entwickelte sich über die Jahrhunderte das antike griechische Drama.
Im alten Rom wurden Theater von Sklaven aufgeführt; Sklavinnen hatten im Unterhaltungstheater aufzutreten, mit Striptease, wie Theateranzeigen versprachen. Die christliche Kirche wollte die Sklavinnen schützen und erwirkte ein Spielverbot für Frauen im Theater. Dieses Spielverbot mündete in eine jahrhundertelange Absenz von Frauen auf der Bühne. Die theaterfeindliche Kirche wollte, dass die Frauen ganz von der Bühne verschwinden und die Männer die Vorstellungen der Weiblichkeit spielen.

Ab dem 16. Jahrhundert tauchen die Frauen dann immer wieder auf der Bühne auf, beginnend in der Commedia dell’Arte in Italien. Auch in Frankreich und Spanien etablierten sich die Frauen bereits im 16. Jahrhundert. Anders in England und Deutschland – hier dauerte es bis ins 18. Jahrhundert. Im 16./17. Jahrhundert gab es das Hoftheater, gesponsert vom Adel, dass die höfischen Werte aufrechterhielt. Erst Ende des 18. Jahrhunderts etablierten sich daneben Stadt- und Unternehmenstheater, die von ihren Kasseneinkünften leben mussten.

Eine wichtige Person für das Theater der Frauen war Carolin Neuber (1697–1760), da sie ihre eigene Gruppe leitete und eine Theaterreform erreichen wollte, nach französischem Vorbild. Sie wollte erreichen, dass deutsche Theater ihr Spiel auch den Hofgesellschaften vorführen durften. Das hiess allerdings: Man musste dem Adel gefallen. Die Reform zielte also darauf ab, ein Theater aufzuführen, das sich nach dem adligen Geschmack richtete. Ihr Ziel war ein moralisch-lehrhaftes Theater.

Carolin Neuber war die erste Frau, die begann auch Männerrollen (Hosenrollen genannt) zu spielen. Schnell fand sie Nachahmerinnen und 1779 soll Hamlet erstmals von einer Frau gespielt worden sein. Neubers Theater war ein Wandertheater und das konstante Reisen der Truppe rief Vorurteile hervor: Schauspielerïnnen sagte man einen lockeren Lebenswandel und eine verkommene Moral nach. Frauen sollten auf der Bühne verführerisch spielen, gelang ihnen dies wurden sie jedoch schnell als Prostituierte beschimpft. Spielten sie jedoch nicht erotisch genug, pfiff man sie aus. Eine Pattsituation.

Erst im 19. Jahrhundert passte sich der Schauspielstand an, wurde bürgerlicher, die Vorurteile gingen zurück. Davon profitierten auch die Frauen. Jedoch führt die Etablierung von Theaterhäusern zu einer neuen Art der Verdrängung der Frauen: Es gab kaum eine Frau mit einer Leitungsposition in einem Theaterhaus. Das erste Theater in Zürich, das von einer Frau geleitet wurde, war, von 1837 bis 1843, das Aktien-Theater und es wurde von Charlotte Birch-Pfeiffer geleitet. Bis heute ist jedoch seit ihr keine Frau mehr Direktorin des Aktien-Theaters gewesen, des heutigen Opernhauses. Die Gleichstellung im Theater hat eine grosse Wendung erreicht, bei den Leitungspositionen hält sich Zürich aber immer noch zurück Frauen einzustellen.
Das Schauspielhaus Zürich ist das grösste Theater von Zürich. 1888/89 wurde das Gebäude als «Volkstheater am Pfauen» erbaut und 1901 mit der Vorstellung von Goethes «Mitschuldigen» als Schauspielhaus neu eröffnete. Über Jahre hatten im Schauspielhaus die Männer das Sagen.

Am Frauenstreiktag, am 14. Juni 1991, wollten einige Frauen vor der Vorstellung «Der Gesandte» alle Frauen, die gearbeitet hatten, auf die Bühne bitten. Sie wollten damit zeigen, wie viele Frauen am Schauspielhaus arbeiteten und ihr Leben mit Familie rund um die Arbeitszeiten sortieren mussten. Nach grossen Diskussionen, ob man das dürfe oder nicht, willigte die damalige Direktion schliesslich ein.

Und es dauerte noch bis ins Jahr 2009, bis das erste Mal eine Frau als Intendantin das Schauspielhaus leitete: Barbara Frey hatte die Leitung zehn Jahre lang inne und ist 2019 zurückgetreten. Einzig Oskar Wälterlin leitete das Schauspielhaus noch länger als sie. Trotzdem hatte Frey mit Vorurteilen zu kämpfen. In einem Interview erzählt sie, dass sie, anders als Männer, wenn sie wütend wurde, nicht als furchterregend, sondern als hysterisch angeschaut wurde. Bis vor kurzem, erzählt sie, habe niemand die Verteilung der Führungspositionen hinterfragt, doch seit ihrer Leitung fragten sich plötzlich viele: Haben wir genug Frauen? Problematisch daran findet Barbara Frey, dass es nicht um die Frauen selbst gehe, sondern um die Quote und die Aussenwirkung. Ich verstehe was sie daran problematisch findet, doch finde ich es gut, dass sie überhaupt anfangen sich diese Fragen zu stellen, egal aus welchem Grund. Auch sagt sie, dass man daran sehe, dass die Gleichstellung der Frauen zwar Fortschritte gemacht habe, indem sie (Barbara Frey) Leiterin des Schauspielhauses sei, jedoch noch ein langer Weg vor uns liege bevor die Gleichstellung auch komplett hier angekommen sein werde.

Am Sonntagvormittag, 10 Novemer 1968 kapert eine Gruppe junger Frauen die Bühne des Schauspielhauses und eine von ihnen ruft ins Mikrofon: «Meine Damen, wir sollten nicht jubilieren, sondern protestieren und diskutieren!» Bei den angesprochenen Damen handelt es sich um ältere Damen des Zürcher Frauenstimmrechtsvereins, die mit ihren Gatten das 75-jährige Jubiläum des Vereins feiern. Der Verein war gegründet worden, um das Frauenstimm- und -wahlrecht auf nationaler und kantonaler Ebene zu erreichen.

Diese Ziel hatte der Verein zwar noch nicht erreicht, gefeiert wurde trotzdem. Dabei versteht man wieso die Gruppe junger Frauen nicht erfreut ist, es ist ja noch nichts erreicht worden. Und die erzürnte Stimme von der Bühne? Sie gehörte Andrée Valentin, die in ihrer Funktion als Präsidentin der Fortschrittlichen Studentenschaft Zürich (FSZ) die Rede im Zürcher Schauspielhaus hielt, die 1968 zur Gründung der Frauenbefreiungsbewegung FBB führte. Auch ihr Ziel lautete: Frauenstimm- und -wahlrecht in der Schweiz erlangen.

Valentin schmetterte weiter ins Mikrofon: «Noch immer müssen wir um das Frauenstimmrecht kämpfen, nein betteln. Um ein Recht, das die Frauen in anderen Ländern seit 50 Jahren ausüben. Das macht uns zum Gespött der ganzen Welt. Selbst wenn das Stimmrecht in einigen Jahren Realität sein wird, müssen wir erkennen, dass der Anspruch der Frauen auf Gleichberechtigung damit keineswegs erfüllt ist.» Valentin und ihre Mitstreiterinnen fanden: Das Stimmrecht sei ein Menschenrecht. Damit haben sie im öffentlichen Raum sich für das Frauenstimmrecht eingesetzt, welches sie 1972 auch bekommen haben. Sie haben sich neben dem für die allgemeine Gleichstellung der Frau eingesetzt.