Zell am Neckar einst und jetzt

Stadtführung Hauptstraße 101, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Ein Rundgang durch Zell am Neckar zu den markanten Stellen im Ort mit Texten und Bildern aus vergangenen Zeiten. Texte und Bilder: Heimatbuch Zell / Geschichtswerkstatt Zell Realisierung: Uwe Mäckle

Autor: Geschichtswerkstatt Zell am Neckar

zell-am-neckar - Geschichtswerkstatt Zell

zell-am-neckar - Geschichtswerkstatt Zell

Neue Seite

Website besuchen

15 Stationen

Zell am Neckar

Zell am Neckar

Unser Ortsname Zell stammt aus der Zeit der Christianisierung der Alamannen um 536. Er weist auf eine Cella (Zelle) hin. Diese Cella muss man sich als als kleine Kapelle vorstellen, die von einem Kloster errichtet worden war und von diesem auch versorgt wurde. Es wird angenommen, dass unsere Zelle eine Gründung des karolingischen Klosters Faurndau ist.

In der Hohenstaufenzeit, etwa um das Jahr 1200, wurde die Kapelle von einer Dorfkirche abgelöst. Diese erste Kapelle stand mit hoher Wahrscheinlichkeit auf dem Platz, auf dem sich heute die evangelische Kirche befindet. Diese Zelle war auch der Versammlungsort der Gläubigen, die am Zeller Bach und in der Umgebung wohnten.

Um das Jahr 1200 übten die „Herren von Zell“ die Ortsherrschaft in der Gemeinde aus. Es wird sich um kaum mehr als 5-6 Höfe gehandelt haben, die hier zunächst als geschlossene Ortschaft entstanden. Damit bildete sich ein Ortskern zwischen der Bachstraße, der Unteren Straße und der evangelischen Kirche. In einem Dokument von 1229, unterschrieben von einem „Olrico de Celle”, wurde Zell erstmals urkundlich erwähnt.




Ortswappen

Das Ortswappen der Gemeinde Zell am Neckar hängt mit den Grafen von Aichelberg, den einstigen Ortsherren unserer Gemeinde, zusammen. Im Jahre 1938 übernahm die Gemeinde mit Genehmigung der Archivdirektion Stuttgart aus dem Wappen des Ortsadels von Zell unter Aichelberg den Schwertarm unseres Ortswappens. 1968 wurde die Zeichnung dieses Schwertarms verbessert und das Wappen der Gemeinde neu verliehen.

Die Verleihungsurkunde lautet:
„Das Innenministerium Baden-Württemberg verleiht der Gemeinde Zell am Neckar, Landkreis Esslingen, nach § 6 Abs.1 der Gemeindeordnung für Baden-Württemberg vom 25. Juli 1955 das Recht, eine Flagge in den Farben „Weiß-Rot (Silber-Rot)“ und ein wie folgt beschriebenes Wappen zu führen:

In Rot ein aus dem linken Schildrand hervorbrechender, bekleideter, silberner (weißer) Arm, dessen naturfarbene Hand ein schräg links gerichtetes, silbernes (weißes) Schwert hält.”

Evangelisch Kirche und altes Schulhaus

Kirchstraße 11, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Dorfkirche

Die Zeller Dorfkirche wird urkundlich zum ersten Mal im Jahre 1275 erwähnt. Die alte Kapelle, die Zell den Namen gegeben hatte, genügte den Bedürfnissen nicht mehr. So wird es dann zwischen 1200 und 1250 zum Bau der Kirche gekommen sein.

Ab 1346 versahen Mönche des Klosters Adelberg die Pfarrei in Zell.

Bei Bauarbeiten im Jahre 1926 wurden im Chor der Kirche unter dem Verputz Wandgemälde aufgedeckt. Das Landesamt für Denkmalpflege stellte fest, daß diese Bilder aus der Zeit um 1300 stammten. Damit ist klar, daß der heutige Chor schon um 1300 bestand.

1951 kam bei Erneuerungsarbeiten in der Kirche an der Südwand unter der Empore eine Wandmalerei zum Vorschein, die auf die Zeit zwischen 1450 und 1500 zurückgeht. Das Fresko-Gemälde stellte das Jüngste Gericht dar.


Altes Schulhaus

Das erste Zeller Schulhaus stand westlich der evangelischen Kirche. Es wurde 1715 abgebrochen. Das neue Schulhaus entstand auf demselben Platz. 1844 wurde ein Schulhaus an der Kirchstraße erbaut.

Im 1. Stock befanden sich 2 Unterrichtsräume, darüber war die Lehrerwohnung. Zur Erstellung des Schulhauses wurden die Steine im ehemaligen Steinbruch im Egert gebrochen. Das Bauholz wurde den Neckar herabgeflößt und auf dem Kelterplatz gezimmert.

Rathaus Zell am Neckar

Mettenhaldenstraße 1, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Rathaus

In den 1970er Jahren warf die vom Land aufgesetzte Gemeindereform ihre Schatten auch in den mittleren Neckarraum voraus. Bereits ab dem 26.06.1970 haben die örtlichen Verwaltungen der Gemeinden Altbach und Zell Überlegungen angestellt, wie eine Großgemeinde zwischen Esslingen und Plochingen etabliert werden könnte. Ab 27.07.1970 beteiligte sich auch die Gemeinde Deizisau an diesen Überlegungen.

Die Gemeinde Zell am Neckar stand zum damaligen Zeitpunkt unter den Städten und Gemeinden des Kreises Esslingen hinsichtlich der Steuerkraft an dritter Stelle. Mit ihren damals rund 4000 Einwohnern war die Gemeinde Heimat von rund 80 Industrie- und Gewerbebetrieben, in denen ungefähr 1500 Menschen arbeiteten. Trotz dieser guten Zahlen wurde am 10.12.1971 von Deizisauer Seite aus signalisiert, sich nicht mehr zu beteiligen und weiterhin eigenständig bleiben zu wollen.

Für einen Zusammenschluss plädierten im Rahmen einer Bürgeranhörung am 26. März 1972 auch weite Teile der Einwohnerschaft in den beiden Dörfern. In Altbach waren 91,7 Prozent und in Zell gar 95,1 Prozent der abgegebenen Stimmen für die Bildung einer neuen Gemeinde.

Leider kam dann auch aus Altbach Anfang des Jahre 1974 eine Absage an den Zusammenschluss. So blieb der Gemeindeverwaltung von Zell nur noch die Flucht nach vorn. Wie in Berkheim, so kam auch in Zell die Erkenntnis, dass man der Gemeindereform nur noch durch eine „freiwillige“ Eingemeindung nach Esslingen entkommen konnte.

Am 29. Mai 1974 unterzeichneten Oberbürgermeister Eberhard Klapproth und Bürgermeister Erich Kenner die Eingliederungsvereinbarung für Zell, deren Text sich inhaltlich stark an die von Berkheim in zähen Verhandlungen errungenen Zugeständnisse anlehnt und auch für Zell dann noch das Beste aus der gegebenen Situation gemacht hat.

Der seit 1948 in Zell amtierende Bürgermeister Erich Kenner gehörte am Tag der Unterzeichnung der Eingemeindungsvereinbarung sicher nicht zu den glücklichsten Menschen auf der Welt. Durch die Eingemeindung wurde er dann zum ersten Ortsvorsteher in der Geschichte des neuen Esslinger Stadtteils. Am 28.Juni 1974 fand dann im Zeller Rathaus die letzte Gemeinderatssitzung des Zeller Gemeinderates unter der Leitung von Bürgermeister Erich Kenner statt.

Das Gebäude wurde in den 2010er Jahren von der Stadt Esslingen an einen privaten Investor verkauft.

Neues Schulhaus

Lienhardstraße 8, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Schulhaus

1914 wurde auf dem Kelterplatz ein neues Schulhaus erbaut. Das Gebäude von damals ist ein Teil unserer heutigen Schulanlage. Über die Einweihung dieses Schulhauses war unter dem 29. April 1914 in der Esslinger Zeitung zu lesen:

„Die Einweihung des Baues fand gestern Nachmittag statt. Sie war vom herrlichsten Wetter begünstigt. Die zahlreichen Festteilnehmer, worunter der Bezirksvorstand Regierungsrat Pommer und Schulrat Schnitzer, versammelten sich nach 2 Uhr am alten Schulgebäude, wo nach dem Schülerchor „Unsern Ausgang segne Gott“ Oberlehrer Elsäßer die Abschiedsrede hielt und der Gemeinde für ihre Opferwilligkeit dankte.

Hierauf bewegte sich der Festzug zum neuen Bau. Vor demselben übergab nach dem Schülerchor „Kommt, kommt, den Herren zu preisen” Architekt Hornung, Esslingen, den Schlüssel an Schultheiß Kull mit dem Wunsche, daß tüchtige Bürger und Bürgerinnen aus diesem Hause hervorgehen mögen. Dieser nahm ihn in Empfang und sprach die Hoffnung aus, daß all die ausgesprochenen Wünsche in Erfüllung gehen mögen.

Nun fand im unteren Klassenzimmer die eigentliche Feier statt. Der Ortsgeistliche, Pfarrer Fraas, sprach das tiefempfundene Weihegebet. Hierauf hielt Schulrat Schnitzer die Festrede. Nach der Besichtigung begaben sich die Festteilnehmer in das Gasthaus zur Linde.“


Kindergarten Marienpflege

Pfarrer Emil Fraas, der einzige Ehrenbürger der Gemeinde Zell am Neckar, war von 1894-1925 Ortspfarrer in der Gemeinde. Der im Jahre 1903 von ihm gestiftete Kindergarten Marienpflege musste 1966 einer erneuen Schulhauserweiterung weichen.


Badeanstalt

Wer keine eigene Wanne hatte, musste in Zell auf das wöchentliche Bad nicht verzichten. Im Untergeschoss der Schule war ein öffentliches Bad mit vier Badewannen und sechs Duschkabinen eingerichtet. Freitags und samstags konnten die Wannen oder Duschen für 1,50 DM je halbe Stunde von den Zellern benutzt werden. Für die Kleidung gab es pro Bad und Dusche eine eigene Kabine.

Wem der Sinn nach einem Premium Bad stand, konnte sich als Badezusatz noch eine Fichtenadeltablette kaufen. Der Zuspruch zu dieser öffentlichen Badeeinrichtung in der Zeller Schule war so groß, dass sogar ein Wartebereich dazu gehörte. Die Hausmeister der Zeller Schule waren somit freitags und samstags auch als Bademeister tätig. Ende der 1970er Jahre wurde die öffentliche Bademöglichkeit geschlossen.

Ehemalige Kelter und alte Turnhalle TV Zell

Lienhardstraße 4, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Kelter

Die Kelter, die nach dem Städtekrieg im Jahre 1449 auf dem Kelterplatz errichtet worden war, war Eigentum des Klosters Adelberg und ging von diesem 1535 in den Besitz der Herrschaft Württemberg über. Nachdem die Gemeinde 1806 dem Oberamt Esslingen zugeteilt worden war, bot das Kameralamt Esslingen 1820 die Kelter der Gemeinde zum Kauf an.

Ein Maurer, ein Zimmermann und ein Küfer, alle 3 von Esslingen, nahmen eine Bestandsaufnahme der Kelter vor. Nach ihren Angaben war die Kelter 179 Schuh (53,7 m) lang und 57,5 Schuh (17,25 m) breit. Auf einem 2 Schuh hohen, steinernen Gemäuer ruhte ein 7,5 Schuh hoher Stock aus Holz. 1912 wurde die Kelter abgebrochen.


Turnhalle

Als die Kelter 1912 abgebrochen wurde, erbaute der Turnverein auf dem Kelterplatz eine Turnhalle. Am 28. Juni 1914 konnte sie ihrer Bestimmung übergeben werden. Bis dahin hatten die Turner in einem Raum der Kelter geturnt. Im Zuge des Schulhausneubaues wurde diese Turnhalle Ende 2021 abgerissen.

Millionengasse / Backhäusle

Wilhelmstraße 18, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Millionengasse

Der östliche Bereich der Wilhelmstraße wird auch „Millionengasse“ genannt. Die Bezeichnung entstand nach einem Kinderfestumzug, bei dem die Straße mit an Wäscheleinen aufgehängten Geldscheinen aus der Inflationszeit geschmückt war. Die Geldscheine hatten Wertaufdrucke bis Einhundert Billionen Mark.

Backhäusle

Das Brot wurde früher im Gemeindebackhäusle gebacken. Der Ofen war den ganzen Tag bis spät in die Nacht hinein Betrieb. Am Backtag eilten die Bäuerinnen mit Grähle (Reisigbüscheln) zum Backhaus und machten Feuer im großen Ofen. Zwischendurch gab es ein Schwätzle, denn im Backhaus erfuhr man immer etwas Neues.

Nach einiger Zeit wurden das Brot und die Kuchen aus dem Ofen geholt. Das Brot wurde mit Wasser bestrichen, damit es einen Glanz bekam.

Besonders beliebt war der Rahm- oder Salzkuchen. Gleich, wenn im Ofen die Glut auf die Seite geschoben war, wurde ein ganz flach ausgewellter Teig in den Ofen gelegt, der in kurzer Zeit durchgebacken war und dann mit Rahm bestrichen wurde.

Nach der Nutzung als Backhaus war das Gebäude lange Zeit Heimat einer Schuhmacherwerkstatt.

Bachstrasse

73730 Esslingen am Neckar, DE

Bachstrasse

Der offene Bachlauf brachte nicht nur hygienische Probleme. Er führte auch zu einem regen Brückenbau. Zwischen der Brunnenstube am Ende der Forststraße bis zur Hauptstraße gab es mehrere Querungsmöglichkeiten. Die größte Brücke, die auch Fahrzeuge verkraftete, führte von der östlichen Wilhelmstraße über die Bachstraße in die westliche Wilhelmstraße.

Diese Brücke existierte aber immer nur während der Dauer des Kinderfests, damit der Festumzug trockenen Fußes von der einen zur anderen Seite der Bachstraße kam. War das Kinderfest vorbei, wurde die Brücke wieder abgebaut. Fuhrwerke, die danach die Straße überqueren wollten, mussten die dortige Furt benutzen.

Weitere Furten gab es am Ende der Forststraße zum Hangelstein und im Bereich der heutigen Zeller Bank.

Eine sehr dringende und lange aus finanziellen Gründen aufgeschobene Maßnahme war 1953 die Eindolung des Ortsbaches zwischen dem Feuersee in der Forststraße und der Hauptstraße. Das Bachbett war dauernd verschmutzt und das Wasser im Bach übelriechend. Aus hygienischen Gründen war daher der offene Bach mitten in der Bachstraße nicht mehr tragbar.

Heute erinnert in der Bachstraße nur noch ein kanalisierter kleiner Wasserlauf an den Zeller Bach, der früher das Ortsbild geprägt hat.

Milchhäusle / Haus Morasch

Bachstraße 15-17, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Milchhäusle

Eine zentrale Institution im dörflichen Leben war auch das Milchhäusle. Dort konnte man unter der Woche Milch „offen“ direkt aus der Milchkanne erwerben. Auch Quark, Butter, Backsteinkäse sowie andere Molkereipodukte der MVE (Milchversorgung Esslingen) waren im Angebot. Gerne nutzte man eine eventuelle Wartezeit zu einem kleinen Schwätzle und den Austausch von Neuigkeiten aus dem Dorf.

Mit dem Rückgang der Landwirtschaft hatte das Milchhäusle seine Bedeutung verloren und wurde im Zuge der Umbauarbeiten in der Ortsmitte abgerissen.


Haus Morasch

Betrat man ein Bauernhaus, dann kam man zunächst in den geräumigen Ern (Hausgang). Vom Ern aus ging es in den Sutrai (Raum im Untergeschoß des Hauses).
Im Ern oder im Sutrai stand die Moschde mit den Zubern. Im Herbst roch man im ganzen Haus die Äpfel und Birnen, die in Säcken und Zoinen (Körbe) im Ern standen.

Vom Sutrai aus ging es in den Keller mit seinen großen Mostfässern. Wenn der Most in Gärung überging, gab es räsen Mooschd mit Zwiebelkuchen. In einer Ecke des Kellers lagen die Ebbire (Kartoffeln). Vom Ern aus führte eine Treppe hinauf in den ersten Stock, in dem die Küche, das Wohnzimmer und die Schlafkammer der Eltern untergebracht waren.

Vor dem Herd stand die Bäuerin. Sie bereitete das Mittagessen zu. Es gab gröschdede Ebbire (Kartoffeln), Blonze (Blutwurst) und Gugommere (Gurken). Dazu kam ein Krug Most auf den Tisch, ohne den man sich ein Essen gar nicht denken konnte.

Wohnhaus und Schuir waren unter einem Dach. In der Scheune wurde winters mit Dreschflegeln gedroschen. Meistens begann man in der Frühe schon um 5 Uhr. Um 9 Uhr gab es ein habhaftes Veschber: Schwarzbrot, Rauchfleisch, Schnaps und Most.

Nachmittags, etwa um drui, hängte man die Flegel weg. Es wurde aufgeräumt. Die Bause (Strohbüschel) wurden ins Öberling (oberster Teil der Scheune) hinaufgezogen und die vollen Säcke auf die Bühne getragen.

Hauptstrasse Ost

L1192 105, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Zehntscheuer

In östlicher Richtung war, etwa gegenüber der Gaststätte Ochsen, die Zehntscheuer. In diese Zehntscheuer wurden über viele Jahrhunderte hin die Abgaben der Zeller Bauern gebracht.

In den Jahren 1848/49 wurde der große Zehnte nach dem Gesetz „Ablösung der Zehnten vom 17. Juni 1848“ aufgegeben. Aber erst 1969 wurde die Zehntscheuer in Zell abgebrochen.


Gaststätten

Eine der Zeller Gastwirtschaften, die Linde, gibt es schon seit vielen Jahren. Drei andere, der Ochsen, der Hirsch und die Schweiz, haben schon lange geschlossen. War in früheren Tagen die Gastwirtschaft eine reine Männerwirtschaft, sind die Frauen inzwischen hier nicht mehr außen vor.

Zur Ehrenrettung der Männer muss gesagt werden, dass für sie die Gaststättenbesuche oft in Verbindung mit Vereinsversammlungen standen. Da viele in mehreren Vereinen Mitglied waren und das Vereinsleben früher einen anderen Stellenwert hatte, kamen sie auch häufiger direkt nach der Arbeit in die Wirtschaften um die Geschicke des Vereins zu lenken.

Einen Wirtschaftsbesuch am helllichten Tag leistete man sich nicht. Selbst bei Familienfeiern wurde zuhause gekocht. Dies mag sicher auch am Geldbeutel gelegen haben, aber nicht nur. Wer dennoch am Wochenende mit Familie zum Essen ging, musste sich fragen lassen “ka dui denn et kocha“? Und nicht kochen zu können war früher fast ein Ehehindernis.

Hauptstrasse West

L1192 97, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Zeller Brückle

Der offene Bachlauf in der westlichen Hauptstraße führte zu einem regen Brückenbau. Bis hin zum Hohlbrunnen, der am Ortsrand Richtung Oberesslingen liegt, gab es 26 Fußgängerbrücken, die den Bachlauf querten.

Die Zeller Brücken und Stege waren aber nicht einfache Holzdielen sonder sie bestanden in der Regel aus Eisenträgern, die meist mit Beton ausgegossen wurden. Eine auf Dauer bestehende Brücke, die auch Fahrzeugen standhielt, gab es in der Hauptstraße beim Konsum für die Anlieferung der Waren. 1969 wurden die Planungen für die Eindolung des Ortsbaches entlang der Hauptstraße vom Milchhäusle bis zur Einmündung der Wilhelmstraße in die Hauptstraße in Angriff genommen.

Die Eindolung des Baches ermöglicht dann auch den Ausbau der Ortsdurchfahrt. Gleichzeitig wurde der ganze Straßenabschnitt kanalisiert. Der Bach verschwand aus dem Ortsbild und setzt jetzt seinen Weg im Untergrund in Richtung Neckar fort.

Damit war auch die Zeit der Brückle in Zell beendet.

Banhof Zell (Württ.)

Hauptstraße 100, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Bahnhof

Der erste Zug fuhr bereits 1846 durch den Ort, aber die Gemeinde wollte damals noch keine Haltestelle. Und so ist Zell am Neckar erst seit 1913 an den öffentlichen Personennahverkehr angeschlossen. Die erste örtliche Haltestelle trug den Namen „Zell (Württ.)“.

1933 wurde die Bahnstrecke elektrifiziert. Dies ermöglichte eine durchgehende Verbindung von Plochingen nach Stuttgart mit Elektrotriebwagen.

1939 hielten täglich bereits 68 Züge in Zell am Neckar. Das alte Bahnhofsgebäude wurde 1969 abgerissen und durch ein neues Gebäude sowie eine Unterführung für den Fußgängerverkehr ersetzt.

Am 1. Oktober 1978 begann für Zell am Neckar das S-Bahn-Zeitalter. Neben der S-Bahn fahren der Regionalbus Stuttgart und die städtischen Verkehrsbetriebe Esslingen Zell am Neckar an.

Eisenbahnbrücke

Hauptstraße 124, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Eisenbahnbrücke

Die vielen Züge, die zwischenzeitlich auf dem Streckenabschnitt Stuttgart – Plochingen verkehrten, erforderten 1963 den vierspurigen Ausbau der Strecke. Der mit Schranken versehene Bahnübergang in Zell war dem täglichen Verkehrsaufkommen, sowohl durch Autos als auch durch den täglich über 400 auf den Gleisen pendelnden Züge, nicht mehr gewachsen.

Eine in geschwungenem Bogen über die Gleise führende neue Brücke wurde erbaut und der alte schienengleiche Bahnübergang abgerissen. 1967 fuhr als erstes Auto das Fahrzeug von Bürgermeister Erich Kenner über die neue Eisenbahnbrücke. Die Warterei vor den geschlossenen Schranken und die Unterbrechung von so manchen Festumzügen war damit zu Ende.

Kultur- und Freizeitzentrum Zell

Körschstraße 11, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Kultur- und Freizeitzentrum Zell

Zu Beginn der 1970er Jahre wurden erste Überlegungen angestellt, den Zeller Vereinen, die sich mittlerweile im Ortsring Zell e.V. als Dachorganisation zusammengeschlossen hatten, eine neue zentrale „Heimat“ für ihren Übungs- und Probebetrieb sowie für Veranstaltungen zu geben. Der bisher meistens für größere Veranstaltungen genutzte Saal der Gaststätte Linde in der Hauptstraße hatte den Anforderungen der Vereine nicht mehr entsprochen.

So kam es mit dem Sport- und Kulturzentrum entlang des alten Neckararms zum bisher aufwendigsten Vorhaben in der Geschichte der Gemeinde Zell. Mit der Baumaßnahme wurde im Jahre 1975 begonnen. Der erste Bauabschnitt umfasste eine in drei Teile abtrennbare Sporthalle in den Abmessungen 27 x 45 Meter mit ausfahrbaren Tribünen für ca. 600 Besucher, 6 Umkleideräume mit Duschen, einen Gymnastikraum und einen Fitnessraum sowie weitere betriebsnotwendige Nebenräume.

In einem weiteren Bauabschnitt wurde eine Festhalle mit großem Saal und Bühne sowie ein daran anschließender, durch eine Trennwand abteilbaren kleiner Saal errichtet. Das Fassungsvermögen der Festhalle betrug 550 Personen in Tischbestuhlung und bis zu 1100 Personen in Reihenbestuhlung. Ein Restaurant mit Nebenzimmer, 2 Kegelbahnen sowie 2 eigenständige Vereinsräume und ein Musikübungsraum vervollständigten das Raumangebot.

Zusammen mit dem Grunderwerb waren für dieses Projekt rund elf Millionen Mark veranschlagt worden.
Mitte des Jahres 1977 wurde das „Kultur- und Freizeitzentrum Zell“ oder kurz „Zentrum Zell“ mit einer großen Festwoche feierlich seiner Bestimmung übergeben.

Alter Sportplatz / Alter Festplatz

Steinbeisstraße 40, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Sportplatz

In den 1960er Jahren musste ein neuer Standort für den Sportplatz gesucht werden, da am bisherigen Standort das neue Gruppenklärwerk für Plochingen, Altbach und Zell errichtet werden sollte.

Vor der Standortentscheidung wurden verschiedene Alternativen diskutiert. Die Vorschläge zielten zuerst auf einen Sportplatz im Egert, nahe der Friedenslinde und auf ein Gelände im Hangelstein in Nähe der heutigen Buswendeschleife.

Als neuer Standort wurde schließlich ein Gelände in der Röntgenstraße ausgewählt. Dort wurde neben dem Rasenplatz in Eigenregie der Fußballer auch ein Vereinsheim mit festen Umkleidekabinen für die Akteure errichtet. Aus Überlieferungen ist bekannt, dass das Fußballtor auf dem Platz eine größere Breite hatte als das Vereinsheim. 1966 kamen dann eine 100 Meter Aschenbahn, eine Weitsprunggrube, eine Kugelstoßanlage und ein kleiner Trainingsplatz hinzu.


Festplatz

Der kleine Trainingsplatz war gleichzeitig auch ein Platz für die Zeller Vereine, auf dem ein größeres Festzelt aufgestellt werden konnte und ab dann Ziel der jährlich stattfindenden Kinderfestumzüge.

Industrie und Gewerbe

Alleenstraße 29, 73730 Esslingen am Neckar, DE

Alfred Paul KG, Elektromotoren- und Küchenmaschinenbau
Mixi GmbH, Elektrogeräte-Vertriebsgesellschaft

Dieses Unternehmen war im In- und Ausland anerkannt und mitbestimmend auf dem Gebiet elektrischer Küchengeräte. Es entwickelte sich 1945 aus bescheidensten Anfängen heraus und begann mit Reparaturen an elektrischen Geräten sowie der Herstellung von Kleinmotoren in Esslingen-Mettingen. Die Herstellung von Kleinmotoren gab dann auch den Anstoß, 1950 die Fabrikation von Küchenmaschinen aufzunehmen.

Nach mehreren Stationen in Zell wurde 1955 im Industriegebiet in den Brühläckern gebaut. In das Jahr 1955 fiel auch die Gründung einer selbständigen Vertriebsgesellschaft, der Mixi-Elektrogeräte-GmbH, die 1960 in einem eigenen Verwaltungsgebäude untergebracht wurde.

Angefertigt wurden komplette Küchenmaschinen mit Zusatzgeräten wie Gemüseschnitzler, Fleischwolf, Bohnenschneider, Saftzentrifuge, Beerenpresse, Kaffee- und Gewürzmühle, außerdem Spezialmotoren, Eismaschinen, Handmixer, Schneidegeräte, Grillspieße, Schnitzelgeräte und Zitruspressen.

Im Werk Zell waren damals rund 380 Arbeiter und Angestellte beschäftigt. Geliefert wurde in 66 verschiedene Länder der Erde.


Max Holzwarth, Maschinenbau

Im Jahre 1954 übersiedelte die Firma mit 25 Belegschaftsmitgliedern in den in Zell erstellten Neubau. Schon nach einigen Jahren erwiesen sich die Räumlichkeiten als zu klein. 1963 und 1969 wurde jeweils eine weitere Werkshalle eingeweiht. Zu Spitzenzeiten umfasste der Betrieb rund 60 Mitarbeiter.

Gefertigt wurden Fräsmaschinen für die Metallbearbeitung, Verpackungsmaschinen verschiedenster Art mit halb- sowie vollautomatischem Ablauf, des weiteren Textilmaschinen und Aggregate verschiedenster Art. Als Spezialgebiet wurde die Fertigung von Pleuelstangen für Traktoren, Kompressoren und Motoren aller Art in das Fertigungsprogramm aufgenommen. Die Maschinen und Komponenten waren im In- und Ausland gefragt.


Bernhard Voigt, Filzwarenfabrik

Das Unternehmen wurde 1907 als Großhandelsfirma in Esslingen gegründet und dort ins Handelsregister eingetragen. Einige Jahre später wurde eine Fabrikationsabteilung angegliedert, deren wachsende Bedeutung dann schließlich Anfang der 1920er Jahre zur Umbildung in eine Filzwarenfabrik führte.

Nachdem die Räume in Esslingen zu klein geworden waren und Ausbaumöglichkeiten dort nicht mehr bestanden, wurden in Zell am Neckar in den Jahren 1952-1962 stufenweise neue Anlagen erstellt und 1962 dann der Firmensitz hierher verlegt.

Neben einer eigenen Filzfabrik im Siegerland und einer Nadelfilzabteilung für Bodenbeläge in Esslingen gehörten Filzwarenfabriken in Wuppertal, Hamburg, Amsterdam, Wien und Kopenhagen zum Gesamtunternehmen. Der Export, der in viele Länder der Erde ging, erreichte rund 20 % des Gesamtumsatzes.


Robugen GmbH, Pharmazeutische Fabrik

Die Firma Robugen GmbH. ging aus der Apotheke am Rathausplatz in Esslingen hervor. Diese Apotheke wird zum ersten mal 1517 genannt. 1860 übernahm Dr. Gottlieb Mauz die Apotheke, die bis in die heutige Zeit von seinen Nachkommen als Rats-Apotheke weitergeführt wird. Bereits 1899 wurde mit der fabrikmäßigen Herstellung von Arzneimitteln begonnen.

1927 mussten die Fabrikationsanlagen erweitert werden. Die Firma wurde in eine Gesellschaft umgewandelt und erhielt in Anlehnung an eines der in jener Zeit erfolgreichsten Präparate den Namen Robugen GmbH. 1950 erwarb der neu eingetretene Gesellschafter, Apotheker Jörg Mauz, in Zell Gelände für einen Neubau. 1952 konnten dann die neuen Räume in Zell bezogen werden.

Der jahrzehntealte Wunsch, Herstellung, Verpackung, Büros, Laboratorien und Rohstofflager in einem Gebäude zu vereinigen, war nun erfüllt. Die Fabrikanlage musste inzwischen mehrmals erweitert werden. Die Rohstoffe werden aus verschiedenen europäischen und überseeischen Ländern bezogen, weitere Rohstofflieferanten sind Ägypten und Indien.